Von Gül Güzel – Heilbronn. 500 bis 600 Menschen zeigten sich am Samstag, 15. November, bei einer Demonstration in Heilbronn solidarisch mit Kobané. Sie forderten eine Aufhebung des PKK-Verbots. Die kurdische Organisation, die sich bislang am entschlossensten den Terrormilizen des IS in den Weg gestellt und viele Menschen verschiedener Nationalität und Religion gerettet hat, ist in Deutschland noch immer als terroristisch eingestuft.
Die Demonstrierenden versammelten sich um 14 Uhr auf dem Platz vor dem Heilbronner Hauptbahnhof. Dort gab es einige Redebeiträge. Die Demonstration verlief über die Weststraße, Südstraße, Rosenbergstraße, Rollwagstraße und am Wollhaus vorbei über die Allee und dann auf der Kaiserstraße durch die Innenstadt und wieder zurück zum Bahnhof. Der Zug machte auf seinem Weg durch die Stadt zu einer Zwischenkundgebung am Kiliansplatz Halt.
Zu der Demonstration hatte die Kurdische Gemeinschaft Heilbronn, ein eingetragener Verein, und die Organisierte Linke Heilbronn (OL) aufgerufen. Es gab Redebeiträge in Deutsch und Kurdisch. Die Rednerinnen und Redner erklärten nicht nur die Solidarität der DemonstrationsteilnehmerInnen mit Kobané und Rojava, sondern forderten auch, dass das PKK-Verbot aufgehoben wird. „Die PKK war und ist die einzige Organisation, die tausende von Eziden und Türkmenen das Leben gerettet hat. Die kurdischen Verteidiger kämpfen alleine gegen die Verbrecher des IS. Wie kann so eine Organisation terroristisch sein?“, argumentierten sie. Und weiter: „Wenn die Kurden Terroristen sind, wieso bekommen sie von der Nato Waffen? Das ist unbegreiflich“.
Das Demonstration wurde von starken Einsatzkräften und einer aus mehr als zehn Fahrzeugen bestehenden Wagenkolonne der Polizei begleitet. Auch fünf berittene Polizisten waren vor Ort. Die Polizei berichtete später in ihrem Presseportal von einem friedlichen Verlauf der Demonstration und ordnete sie in den Rahmen weiterer Demonstrationen bundesweit mit diesen Forderungen ein. Teilgenommen hätten ungefähr 360Kurden und 40 Teilnehmer „aus dem linken Spektrum in Heilbronn“.
Die Polizei zitiert den Einsatzleiter, Polizeidirektor Hans Becker vom Polizeipräsidium Heilbronn. Es seien zwar hin und wieder vereinzelt verbotene PKK-Parolen gerufen worden, doch die Demonstrierenden hätten sich überwiegend „an die vorgegebenen Regeln“ gehalten. Zu ihnen gehörten nach einem Bericht der „Heilbronner Stimme“ auch das Verbot, Bilder des inhaftierten Kurdenführers Abdullah Öcalan zu zeigen.
Die Polizei hatte nach eigenen Angaben knapp 500 Einsatzkräfte zusammengezogen. Nach Hinweisen habe sie mit wesentlich mehr Demonstranten gerechnet, unter die sich Informationen zufolge „auch Gewaltbereite“ hätten mischen wollen. Überdies müsse die Polizei immer mit Personen rechnen, „die sich von geäußerten Parolen provoziert fühlen“. Sie sei nicht nur im Einsatz, um mögliche Straftaten und Ordnungswidrigkeiten von Demonstranten zu verfolgen, sondern auch, um Straftaten gegen sie zu verhindern und damit die Versammlungsfreiheit zu gewährleisten.
Mit dieser Erklärung dürfte die Polizei auf Vorwürfe reagiert haben, mit einem völlig überzogenen Aufgebot vor Ort gewesen zu sein, zu dem auch Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten (BFE) in voller Montur gehörten.
Die Reden des Vorsitzenden des Kurdischen Dachverbandes Deutschlands, eines Vertreters der Kurdischen Gemeinschaft Heilbronns und des Anmelders der Demonstration thematisierten dann auch die Kriminalisierung der kurdischen Bewegung in der BRD. Sie forderten die Abschaffung des PKK-Verbots und ein Ende der damit verbundenen Repression. Außerdem gingen sie auf die Situation in Rojava und besonders in Kobané ein und riefen zur Solidarität auf.
Die Bundestagsabgeordnete der Linken Nicole Gohlke hatte eine Grußbotschaft gesandt. Auch sie fordert, das PKK-Verbot in Deutschland abzuschaffen. Sie selbst sieht sich momentan mit einem Verfahren konfrontiert, weil sie auf einer Demonstration in München die Fahne der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans PKK gezeigt hatte. Ihre Immunität als Abgeordnete wurde bereits aufgehoben.
Die letzte Demonstration in Heilbronn, die gemeinsam von kurdischen und deutschen Linken im November 2010 organisiert wurde, wurde nach Angaben der Veranstalter von der Polizei angegriffen und nach nur wenigen 100 Metern beendet. Umso mehr werteten sie ihren Demozug am Samstag als Erfolg. Er habe viele Menschen in Heilbronn auf die Anliegen der Beteiligten aufmerksam gemacht. Das sei vor allem ein Verdienst „der guten Zusammenarbeit zwischen deutschen und kurdischen Gruppen“.
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