Von Meide Wolt – Stuttgart. Der örtliche Erwerbslosen-Treff organisierte zusammen mit dem Erwerbslosenausschuss von Verdi eine Protestaktion mit Plakaten am oberen Schlossplatz in Stuttgart. Anlass war der bundesweite Aktionstag des Bündnisses „AufRecht bestehen“. Er richtete sich in diesem Jahr gegen die Sanktionen in der Hartz-IV-Gesetzgebung. Der Erwerbslosen-Treff kommt jeden ersten Donnerstag im Monat von 15.30 Uhr bis 17.30 Uhr in der Lautenschlagerstraße 20 in Raum 324 im 3. Stock zusammen. Das nächste Mal am 7. April.
Auf Plakaten trugen die Menschen vom Erwerbslosen-Treff ihre Kritik an den Hartz-Gesetzen in die Öffentlichkeit. Sie kamen dabei mit vielen PassantInnen ins Gespräch. Über 40 000 Erwerbslose sollen im Großraum Stuttgart leben. Die Sanktionen für Arbeitslosengeld-II-EmpfängerInnen können 60 Prozent des Regelsatzes von 404 Euro betragen.
Sie funktionieren nach einem international bekannten Schema: Eine geldgebende Institution – in diesem Fall das Jobcenter – verpflichtet die EmpfängerInnen, Auflagen zu erfüllen, in diesem Fall etwa Motivationstrainings oder Bewerbungskurse zu besuchen oder völlig unattraktive (Mini-)Jobs anzunehmen. Kommen die EmpfängerInnen den Auflagen nicht nach, werden die Gelder gestrichen. Ansonsten werden die EmpfängerInnen in dauerhafter Abhängigkeit gelassen.
Geplante Rechtsvereinfachung erleichtert auch Sanktionen
Eine Aktivistin des Erwerbslosen-Treffs erklärte, was die geplanten sogenannten Rechtsvereinfachungen bedeuten: Sie seien „eigentlich Verschlechterungen für die Betroffenen“. Zwar müsse immerhin der Antrag auf ALG II nur noch jährlich statt halbjährlich gestellt werden, jedoch sollen mit dem Gesetz auch zahlreiche Kürzungen und Sanktionsmöglichkeiten umgesetzt werden. „Viele Jobs, die sie uns zwingen können anzunehmen, sind Teilzeit, aber nicht wenige von uns sind auf Vollzeit angewiesen und nehmen die Jobs nur an, weil es keine anderen gibt“, so die Aktivistin weiter: „Offiziell sind sie damit in Arbeit, sie müssen aber aufstocken“, also weiter Hilfe vom Jobcenter in Anspruch nehmen.
Im August wird der Gemeinderat über die Folgen Rechtsvereinfachungen entscheiden müssen, die zur Zeit im Gesetzgebungsverfahren sind und erst noch durch den Bundesrat müssen. Der Erwerbslosen-Treff will eine Zustimmung des Gemeinderats etwa zur geplanten Kürzung der Stromkosten verhindern. In einem Flyer heißt es: „Soll Harz IV doch das Minimum garantieren, was ein Mensch mindestens zum Leben braucht. Ein Minimum darf man aber nicht kürzen.“ Dagegen wird eine andere Perspektive auf die Verhältnisse aufgemacht: „Warum nicht die Unternehmen zur Kasse bitten, die Arbeitsplätze vernichten, nur um ihre Gewinne zu steigern?“
Kaum Wohnraum für Hartz-IV-Betroffene
Eine Passantin, die trotz zweier Jobs im Reinigungssektor selbst betroffene ist, klagte: „Ich schaffe und bin trotzdem von Harz IV betroffen.“ Sie hat keine Zweifel, wer etwa für die Mietpreise in Stuttgart verantwortlich ist: „Die Verwaltung will die Wohnung, in der ich lebe, luxussanieren und teuer vermieten“. Sie wohne in Stuttgart-Nord. Dort habe die Hausverwaltung eine „Schonfrist“ bis 2027 gestellt. „Wahrscheinlich warten sie, bis der Krach von Stuttgart 21 vorbei ist, und dann sind wir raus“, stellt sie ernüchtert fest.
Die Wohnraumsituation in Stuttgart betrachtet sie als aussichtslos: „Es gibt einfach nicht genug nutzbaren Wohnraum mit einem Harz IV-Gehalt. Es gibt für uns Maklerscheine, aber der vom Amt hat gleich dazugesagt, dass die niemand einlöst, was wollen die Makler mit dem bisschen Geld auch.“ Doch es gebe auch erfolgreiche Initiativen, welche sich beispielsweise gegen den Baulärm in der Nacht durch Stuttgart 21 in Stuttgart-Nord durchgesetzt haben sollen.
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