Mannheim – In den frühen Morgenstunden wurde am Samstag, 5. August, im Mannheimer Stadtteil Jungbusch ein leerstehendes Haus besetzt. Die BesetzerInnen rund um das stadtpolitische Bündnis „Wem gehört die Stadt? – Mannheim“ (WGDS) fordern die Stadt auf, das Haus in der Hafenstraße zur Schaffung von bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen.
„Die Stimmung im Jungbusch droht zu kippen! Das sagen mittlerweile sogar die Regierungsparteien inklusive der SPD öffentlich“, so die SprecherInnen des Bündnisses, Christopher Lobin und Eva Schmitt. „In den letzten Jahren sind die Mieten explodiert. Zahlreiche Häuser wurden aufgekauft und luxussaniert – für die BewohnerInnen des Stadtteils Jungbusch ist das ein Riesenproblem. Denn häufig können sie die neuen Mieten nicht zahlen und müssen ihre Wohnungen verlassen.“ Insbesondere ein Investitionsfond der französischen Großbank BNP Paribas und die Mannheimer Immobilienverwaltung Hildebrandt & Hees täten sich dabei hervor, aber auch die übrigen zum Teil alteingesessenen Hausbesitzer zögen mittlerweile mit.
Bis vor Kurzem habe die Stadt diese Entwicklung jedoch begrüßt und mit dem Ansiedeln von Start-Up-Unternehmen sowie der Popakademie bewusst ein Umfeld für private Investoren geschaffen. „Mittlerweile ist ihnen klar geworden, dass sie über das Ziel hinausgeschossen haben“, so Christopher Lobin. „Diese Einsicht ist auch ein Erfolg langjähriger Arbeit stadtpolitisch Aktiver.“ Teil der Erkenntnis sei ein 12-Punkte-Plan, den die Stadt zur Schaffung preiswerten Wohnraums im Juni beschlossen hat. Dieser sähe unter anderem eine Sozialbauquote und die Förderung gemeinschaftlicher Wohnprojekte vor. „Diesem Beschluss müssen nun Taten folgen“, ergänzt Eva Schmitt, „nehmen wir als Beispiel die Hafenstraße 66. Das Haus gehört seit sechs Jahren der Stadt und steht leer. Wie wir nun erfahren haben, sieht das unveröffentlichte Nutzungskonzept jedoch nicht vor, hier günstigen Wohnraum zu schaffen. Im Gegenteil, die Stadt möchte das Haus der Gründerszene zur Verfügung stellen.“
Die Hafenstraße 66 ist besetzt
Dies sei für die AktivistInnen der Moment zum Handeln gewesen. „Wenn die Stadt nicht bereit ist, ihrer eigenen Einschätzung zu folgen, dann schaffen wir jetzt selbst Tatsachen. Die Hafenstraße 66 ist ab jetzt besetzt!“
„Wir fordern von der Stadt, dass dieses Haus für günstigen Wohnraum genutzt wird. Dafür verlangen wir, uns das Haus zum Einkaufspreis zu überlassen, damit wir es in ein Wohnprojekt des Mietshäusersyndikats überführen können.“
Ihre Forderungen haben die BesetzerInnen in einem vorläufigen Nutzungsplan niedergeschrieben: Neben einem Wohnprojekt, das auch Räume für Geflüchtete beinhalten soll, möchten die BesetzerInnen einen Ort für nichtkommerzielle Kulturangebote und Räumlichkeiten für soziale Initiativen schaffen. „Statt die Aufwertungsspirale mit weiteren hippen Büros anzutreiben, wollen wir Räume schaffen, die dem gesamten Viertel zugutekommen.“
„Wir laden die Stadt ein, vorbeizukommen und in Verhandlungen mit uns zu treten. Außerdem laden wir unter dem Motto ‚Grand Hotel Jungbusch‘ alle NachbarInen und Interessierte ein. Mit einem bunten, nicht-kommerziellen Programm wollen wir zeigen, wie eine zukünftige Nutzung des Gebäudes in unseren Augen aussehen könnte.“
Fotos: WGDS Mannheim
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