Ulm/Frankfurt a.M./Istanbul. Der Prozesstag rückt näher. Am 11. Oktober beginnt in Silivri, nahe Istanbul, der Prozess gegen die deutsche Journalistin Meşale Tolu, die seit dem 30. April festgenommen und inhaftiert ist. Die Organisation „Freiheit für Meşale Tolu“ die sich nach der Festnahme der Journalistin gegründet hatte, veranstaltet am Samstag, 7. Oktober, um 18 Uhr ein Solidaritätskonzert im Ulmer Kornhaus. Musiker, JournalistInnen, Rechtsanwälte, KollegInnen und Familienangehörige, fordern die sofortige Freilassung.
Am Donnerstag, 5. Oktober, beginnt um 19 Uhr im Frankfurter DGB-Haus (Wilhelm-Leuschner-Str. 69) eine Podiumsdiskussion.
Auf dem Ulmer Münsterplatz findet am Freitag, 6. Oktober, eine Solidaritätskundgebung statt. Die Versammlung soll um 18 Uhr beginnen. Zu der Kundgebung sind Gäste aus der Türkei angekündigt.
Das Solidaritätskonzert im Ulmer Kornhaus (Kornhausplatz 1) findet am Samstag, 7. Oktober, um 17 Uhr ,statt.
Am Mittwoch, 11. Oktober, soll um 16 Uhr ein Autokorso in der Gutleutstraße in Frankfurt starten.
Breite Unterstützung angekündigt
Ilkay Yücel, Schwester von Deniz Yücel, dem seit dem 14. Februar inhaftierten Türkei-Korrespondenten der WeltN24-Gruppe, wird auf dem Ulmer Konzert sprechen. Weitere RenerInnen sind angekündigt. Darunter auch der Ulmer Oberbürgermeister Gunter Czisch. Mit dabei werden auch Samiha Shahim von der Nachrichtenagentur ETHA, Christian Mihr als Vertreter von ROG und der Sprecher des Solidaritätskreises Baki Selcuk sein. Es werden zahlreiche Gäste aus den Bereichen Medien, Politik und Zivilorganisationen erwartet. Die Moderation übernimmt Frank Wissner vom SWR. Das Konzert beginnt um 18 Uhr. Der Saal öffnet um 17 Uhr. Tickets zum Preis von 5 Euro gibt es bei der Aegis Buchhandlung in der Hafengasse und an der Abendkasse.
Musiker stehen zur Pressefreiheit
Neben der Band „Edika“ bekundet die dreiköpfige Band „Long Way Home“ aus Göppingen ihre Solidarität beim Ulmer Konzert. Das Gesamtpaket der drei Göppinger Jungs von „Long Way Home“ ist stimmig. Der Sänger und Gitarrist, Jannik Strobel, Simon Franz am Bass und Florian Biedlingmaier an den Drums, sind jung, dynamisch, frisch und mit der Fähigkeit, schnell positive Stimmung zu verbreiten. Die Musiker möchten einen Jeden animieren, für die Grundrechte einzustehen. Mit ihren Drums, die wie ein Donnerwetter knallen, Bässe die Seelen massieren, Gitarrenriffs die melodisch mitreißend sind und einer Stimme, die Reibeisencharakter hat, möchten die Musiker von „Long Way Home“ mit ihrer Beteiligung ein Zeichen für die sofortigen Freilassung der inhaftierten Journalisten setzen.
Seit 159 Tage ohne Prozess inhaftiert
Das Schicksal von Meşale Tolu und das anderer in der Türkei inhaftierter JournalistInnen ist Gegenstand medialer Berichterstattung und diplomatischer Aktivitäten. Am 23. August 2017 entschied ein Gericht in Istanbul, das Tolu in Untersuchungshaft verbleibt. Der seit dem 30. April festgenommenen, und seit dem 6. Mai 2017 in Untersuchungshaft befindliche deutsche Journalistin soll nun der Prozess gemacht werden. Der Prozess gegen Meşale Tolu und 17 weitere Mitangeklagte soll dann am Dienstag, 11. Oktober, in Silivri nahe Istanbul beginnen. Nach Einschätzung von Solidaritätskreis-Sprecher Baki Selcuk hat das Istanbuler Gericht den Prozess dorthin verlegt, um so weniger öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen. Zudem habe die türkische Justiz verfügt, dass nur fünf Journalisten aus dem Ausland in den Gerichtssaal dürften. Für die Familienangehörige der Journalistin beginnt die Zeit der Hoffnung, der Solidarität aber auch des Zitterns. Auf einen fairen Prozess in Silivri bei Istanbul, sind die Gemüter jedoch eher sehr betrübt.
Es drohen 15 Jahe Gefängnis
Die 1984 in Ulm geborene Tolu legte 2007 die türkische Staatsbürgerschaft ab und ist seitdem ausschließlich deutsche Staatsbürgerin. Im Jahr 2014 zog sie nach Istanbul, um für den Radiosender Özgür Radyo zu arbeiten. Der Sender wurde wie viele andere Medien auch nach dem Putschversuch von Juli 2016 per Dekret geschlossen. Danach arbeitete Tolu in der Auslandsredaktion der Agentur Etha. Nach Angaben ihrer Anwältin Kador Tonc wird Tolu vorgeworfen, sie habe Propaganda für eine terroristische Organisation verbreitet. Des Weiteren wird der Journalistin unterstellt, Mitglied in der verbotenen Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei MLKP zu sein. 2015 hatte Tolu als Berichterstatterin über die Beerdigung zweier von Polizisten getöteten Mitglieder der MLKP berichtet. Die Staatsanwaltschaft fordert eine Haftstrafe von 15 Jahren. Als Journalistin und Übersetzerin für die regierungskritische linke Nachrichtenagentur „Etha“, ist Tolu eine von über 170 JournalistInnen, die neben Deniz Yücel seit dem Putschversuch in der Türkei im Juli 2016 verhaftet wurden.
Misshandlungen und Erniedrigungen
Der Ehemann von Meşale Tolu, Suat Corlu, wurde bereits am 5. April 2017 in Untersuchungshaft genommen und soll seinen ersten Gerichtstermin am 28. November 2017 haben. Im Gefängnis Silivri, so berichtet der Solidaritätskreis, sei der Ehemann Tolus Misshandlungen und Erniedrigungen ausgesetzt gewesen, weil er und andere Gefangenen sich nicht in einer Reihe zum Appell aufgestellt hätten. Ihr Sohn Serkan, knapp 3 Jahre alt, ist vermutlich der jüngste politische Gefangene des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Serkan tritt jeden Morgen mit seiner Mutter und den 23 anderen Frauen, die sich eine Zelle teilen, an, um gezählt zu werden. Das Kind befindet sich mit seiner Mutter im Gefängnis von Bakirköy, einem Stadtteil im Südwesten Istanbuls.
Politische Geiselhaft beenden
Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) ist bestürzt über die Entscheidung eines Richters in Istanbul, die Untersuchungshaft der deutschen Journalistin Mesale Tolu bis zum Beginn ihres Prozesses am 11. Oktober zu verlängern. „Die Staatsanwaltschaft hat in fünf Monaten Untersuchungshaft keinen glaubhaften Beleg präsentiert, um die absurden Anschuldigungen gegen Mesale Tolu zu stützen. Die Entscheidung vom August, ihre Haft zu verlängern, zeigt erneut, dass von einer unabhängigen Justiz in der Türkei keine Rede sein kann“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. „Die Türkei muss Mesale Tolus unwürdige politische Geiselhaft endlich beenden. Die Bundesregierung sollte dies mit allem politischen und wirtschaftlichen Nachdruck einfordern.“ Mihr ist Journalist, Menschenrechtsaktivist und Experte für internationale Medienpolitik. Seit 2012 ist er bei Reporter ohne Grenzen Geschäftsführer. Zuvor war er mehrere Jahre Journalist bei Print- und Onlinemedien in Deutschland und Ecuador und in der journalistischen Weiterbildung für eine deutsche Stiftung in Südrussland.
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