50 Neonazis sind am Samstag, 5. April 2014, zu Marschmusik durch die Straßen Sinsheims gezogen – durch ein Großaufgebot der Polizei von jedem Protest abgeschirmt. Dennoch gelang es GegendemonstrantInnen mehrmals, den Zug der Nazis durch Sitzblockaden kurzfristig aufzuhalten. Die Polizei ließ von Anfang an keinen Zweifel daran, dass ihr Problem nicht die menschenverachtende Propaganda der Faschisten, sondern der Protest dagegen war. Die Nazis beendeten ihre Kundgebung mit den Worten „Wir sind das Sprachrohr der schweigenden Masse Sinsheims. Danke, Sinsheim!“.
Nach dem erneuten Naziaufmarsch lobt die NPD die Stadt Sinsheim und den Gemeinderat. Auf ihrer Facebook-Seite ‚Sinsheim gegen Kinderschänder’ bedanken sich die Nazis namentlich beim Oberbürgermeister: „Wir bedanken uns bei Herrn Albrecht, der unserem Anraten gefolgt ist und sich nicht auf die Seite der undemokratischen Gegendemonstranten gestellt hat.“
Der Oberbürgermeister und die Gemeinderatsfraktionen (mit Ausnahme der Grünen) hatten die AnwohnerInnen per Postwurfsendung aufgefordert, nicht gegen die Nazis zu protestieren. Der OB selbst verließ mit nahezu dem gesamten Gemeinderat gleich ganz die Stadt, um auf einem Betriebsausflug zu feiern. Als einziger Stadtrat beteiligte sich Stefan Seitz von den Grünen an den antifaschistischen Protesten. Er erklärte gegenüber der Beobachter News:
OB und Gemeinderat haben am Samstag eindeutig die falsche Priorität gesetzt. Probleme löst man nicht, indem man sie ignoriert, sondern aktiv nach Lösungsmöglichkeiten sucht. Das Vorgehen an diesem Wochenende halte ich für eine kommunalpolitische Bankrotterklärung zum Thema Rechtsextremismus.
Oberbürgermeister Albrecht hat mit seiner Politik des Verleugnens und Wegduckens Sinsheim endgültig als Naziparadies empfohlen. Diese Strategie hat sich mit dem Naziaufmarsch als schlichte Förderung neonazistischer Strukturen entpuppt. Die rechte Szene dürfte diese Förderung als Einladung zum Wiederkommen verstanden haben. Die ‚Erklärung gegen Rechtsextremismus’, die der Gemeinderat noch im letzten Jahr vollmundig verabschiedet hatte, wird durch eine solche Politik entwertet und als Lippenbekenntnis entlarvt. Wer künftig in Sinsheim in irgendeiner Weise gegen Nazis aktiv werden will, wird dies gegen den Widerstand von Oberbürgermeister, Stadtverwaltung und Polizei tun müssen.
Bilder des Tages (Fotos: Antifaschistische Initiative Heidelberg – AIHD)
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