Göppingen. Das Amtsgericht sprach heute einen Tübinger Antifaschisten frei, dem die Staatsanwaltschaft vorgeworfen hatte, am 12. Oktober 2013 bei einer Anti-Nazi-Demonstration in Göppingen gegen das Vermummungsverbot verstoßen zu haben. Eine kleine Gruppe von ZuschauerInnen begleitete den Prozess.
Staatsanwältin Traub warf dem Angeklagten vor, sich absichtlich mit einem roten Tuch verhüllt zu haben. Zur Beweisaufnahme wurde mehrmals ein Polizeivideo mit Ton im Gerichtssaal abgespielt. Rechtsanwalt Christos Psaltiras wies beim Abspielen des Videos darauf hin, dass sein Mandant das Tuch nur zum Schutz vor dem Einsatz von Pfefferspray für einen kurzen Augenblick im Gesicht getragen habe.
Richterin Stefanie Werlé rief daraufhin Polizeihauptkommissar S. als Zeugen in den Saal. Er ist Sachbearbeiter der Abteilung Videoverarbeitung im Polizeipräsidium Ulm. Das Gericht sichtete das Videomaterial nochmals mit dem Zeugen. Der Beamte gab dabei an, dass der Angeklagte auf anderen Videos mehrfach gesichtet worden sei. Er sei in einer Gruppe unterwegs gewesen, in der außer ihm selbst alle vermummt gewesen seien. Das sollte dem Angeklagten zugute gehalten werden.
Der Beamte erklärte auch, er habe aus diesem Grund nochmals bei der Bewertung des Videos im Vorfeld nachgeforscht, wie oft am Ort des Geschehens Pfefferspray eingesetzt wurde. Es war nur ein Einsatz von Pfefferspray um 13.31 Uhr in den Akten vermerkt. Auf Nachfragen von Rechtsanwalt Christos Psaltiras gab der Polizeibeamte an, es lasse sich aus dem Videomaterial nicht feststellen, ob der Angeklagte auch schon vorher den Schal im Gesicht trug.
Staatsanwältin Traub beantragt Freispruch für den Angeklagten, da ihm nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden kann, gegen das Vermummungsgesetz verstoßen zu haben. Dem Verteidiger reicht der Nachweis ebenfalls nicht aus. Er betonte, es habe nicht festgestellt werden können, dass sich sein Mandant absichtlich vermummt habe. Das rote Tuch sei nur kurz zum Schutze ins Gesicht gezogen worden. Sein Mandant müsse freigesprochen werden.
Die Richterin Werlé sprach den Angeklagten nach kurzer Unterbrechung der Verhandlung frei. Die Kosten gehen zulasten der Staatskasse.
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