Was ritt die Einsatzleitung der Stuttgarter Polizei, die Demonstrationen zum 1. Mai 2014 mit so vielen Einsatzkräften zu begleiten? Schon während der DGB-Demo, des zivilen Ungehorsams eher unverdächtig: an jeder Straßenecke Uniformen!
Die anschließende Revolutionäre Demo begleiteten 350 Beamte nahezu auf Tuchfühlung. Weitere hielt die Polizei in der Hinterhand. Über 350 Polizisten, um 1200 Demonstrierende vom Kleinkind bis zum Herrn gesetzten Alters in Schach zu halten? Polizisten zum Teil mit Beinschutz, Vermummung durch Gesichtsmasken, Helm, Pistole und Schlagstock? Das müssen ja mächtig gefährliche Leute sein, die da die Straßen von Stuttgart unsicher machten – garantiert Radikalinskis, vermutlich Schwerverbrecher, wenn nicht gar Terroristen!
Genau so kam der massive Begleitschutz der Demonstration bei Unbeteiligten an, und genau so war es wohl auch beabsichtigt. Die Stuttgarter Polizei scheint eine merkwürdige Doppelstrategie zu fahren. Einerseits will sie Bilder von durch Schlagstock, Wasserwerfer und Pfefferspray verletzten Demonstranten wie am Schwarzen Donnerstag um jeden Preis vermeiden. Andererseits fehlt ihr die Souveränität, die Zügel auch mal locker und die Sache für einen Sekundenbruchteil laufen zu lassen.
Deshalb versuchte sie es schon im Vorfeld mit Einschüchterung. Gleich am Bahnhof kesselten Polizisten anreisende Demonstrationsteilnehmer ein und hinderten sie so daran, ihr Grundrecht auf Meinungsfreiheit wahrzunehmen. Immer wieder kontrollierten Beamte noch vor Beginn der Auftaktkundgebung Taschen und Rucksäcke, oder sie ließen sich Personalpapiere zeigen. Auch Fotografen unseres Online-Magazins wurden mehrfach kontrolliert, festgehalten und mit der unzulässigen Forderung konfrontiert, die gemachten Fotos zu zeigen. Bis des Presserechts besser kundige Vorgesetzte befragt oder hinzugezogen waren, verging für die journalistische Arbeit jedes Mal wertvolle Zeit.
Die vorne, seitlich und am Ende marschierenden Einsatzkräfte ließen dem Demonstrationszug keinerlei Spielraum. Jeder Versuch, auch nur die Geschwindigkeit des Marschs zu variieren, wurde von der Einsatzleitung per Lautsprecherdurchsage und mit Zwangs-Stopps unterbunden – ebenso jegliches Feuerwerk und alles, was im weitesten Sinn als Vermummung ausgelegt werden könnte. Dabei setzten die in jeder Hinsicht übermächtigen Beamten, die bei der Demonstration auch immer wieder filmten, durchaus körperliche Gewalt ein, ließen Schlagstock und Pfefferspray jedoch im Köcher.
Die Frage bleibt jedoch: wozu diese Übermacht? Wovor fürchtete sich die Staatsgewalt, was hätten die Versammelten denn anstellen sollen? Sie stellten sich an diesem Tag keinem NPD-Mann und keinem Bildungsplan-Gegner samt rechtem Anhang in den Weg, deren Bewegungsfreiheit die Staatsmacht nach eigener Auffassung hätte schützen müssen. Sie wollten einfach nur in Ruhe, mit Kreativität und Spaß für ihre antikapitalistischen und freiheitlichen Überzeugungen demonstrieren. Daran hat sie die Polizei immer wieder gehindert: mit albernen Durchsagen; mit aufgescheuchtem Hin- und Hergerenne; mit Gängelei, Schikanen und Provokationen. Wofür das gut sein soll, bleibt das Geheimnis der Einsatzleitung.
Sehenswerter Videobeitrag von cams21
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