Hamburg. Auf St. Pauli begann der Abriss der ESSO-Häuser. Der 7. Mai 2014 markierte damit den „Tag X“ für verschiedene Stadtteilinitiativen. Sie demonstrierten an diesem Tag unter anderem für 100 Prozent Sozialwohnungen auf dem Gelände der ESSO-Häuser.
Text und Fotos: Daniel Müller
Am Anfang der Abrissarbeiten auf St. Pauli steht der Abbau der Waschstraße der ehemaligen ESSO-Tankstelle. Der Sprecher der Bayerischen Hausbau GmbH & Co. KG Bernhard Taubenberger gab sich bei einem Interview auf der Baustelle zuversichtlich, dass bald der Neubau beginnen könne.
Die Bayerische Hausbau bietet an, 33 Prozent, also rund ein Drittel Sozialwohnungen zu bauen. Hierüber gibt es Streit, denn die Stadt Hamburg verlangt 50 Prozent Sozialwohnungen. Noch einen Schritt weiter gehen Stadtteilinitiativen wie die „Initiative ESSO-Häuser“ und „SOS St. Pauli“. Sie fordern – und das ist ihrer Ansicht nach gerade auf St. Pauli nötig – 100 Prozent Sozialwohnungen.
Die sogenannte „Ballsaal Resolution“ wurde am 8. Februar 2014 im Ballsaal des Millerntor-Stadions, der Spielstätte des FC St. Pauli, von Stadtteilinitiativen und Privatpersonen verabschiedet. Sie befasst sich mit fünf verschiedenen sozialen und politischen Schwerpunkten in der Stadt. Neben einem Bleiberecht der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ enthält sie auch einige wesentliche Punkte, die die ESSO-Häuser betreffen.
So fordert sie unter anderem ein Rückkehrrecht zu den damaligen oder besseren Konditionen für ehemalige Mieter_Innen und eine Rückkehr mit langfristigen Mietverträgen zu den damaligen Bedingungen für Gewerbetreibende. Punkte, die die Bayerische Hausbau so nicht akzeptieren und erfüllen will.
Eine essentielle Forderung ist, dass ausschließlich Sozialwohnungen gebaut werden. Darüber hinaus soll eine öffentlich-genossenschaftliche Lösung sicherstellen, dass der Wohnungsbestand dauerhaft bezahlbar bleibt.
Speziell die Forderung nach 100 Prozent Sozialwohnungen scheint ein fast unlösbarer Konfliktpunkt zwischen den Parteien zu sein. Das geht sogar so weit, dass die Bayerische Hausbau damit drohte, das Gelände brachliegen zu lassen, wenn die Stadt Hamburg weiterhin auf 50 Prozent Sozialwohnungen besteht.
Doch nicht nur die Stadt Hamburg und die Bayerische Hausbau sind wesentliche Akteure in diesen Verhandlungen. Die letzten Monate haben gezeigt, dass eine breite Masse an Menschen hinter den Stadtteilinitiativen und ihren Forderungen steht und immer wieder zu verschiedenen Demonstrationen mobilisiert werden konnte. Ein Sprecher einer dieser Stadtteilinitiativen sieht in dieser großen Solidarität der Menschen auf St. Pauli und darüber hinaus eine Chance, die Gestaltung der Neubauten mitzubestimmen.
Unter dem Motto „Tag X“ waren seit langem zwei Protestaktionen angekündigt. Sie sollten an dem Tag erfolgen, an dem die ersten Abrissarbeiten beginnen, also am Mittwoch, 7. Mai 2014.
Um 14 Uhr begann eine Kundgebung vor dem Gelände der ESSO-Häuser. Bei strömendem Regen hatten sich dort etwa 50 bis 80 Menschen versammelt. Verschiedene Redebeiträge wurden gehalten, bei denen die Emotionen über den nun beginnenden Abriss ohne sichere Zusagen deutlich wurden. Es wurde außerdem eine Bühne aus Holzpaletten aufgebaut, die den Teilnehmer_Innen einen Blick auf das Gelände ermöglichten. Er ist aufgrund des über 2 Meter hohen Zauns so sonst nicht möglich. Eine Künstlerinnen-Gruppe zeigte trotz des nun immer heftiger werdenden Regens eine Performance zum Ende der ESSO-Häuser mit Megaphonen und erntete dafür Applaus. Mit der Ankündigung einer um 19 Uhr beginnenden Lärm-Demonstration wurde die Kundgebung beendet.
- 14Uhr Aktion
- 14Uhr Aktion
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Zur zweiten Protestaktion an diesem Tag versammelten sich am frühen Abend dann etwa 500 Menschen vor den ESSO-Häusern. Eine Musikgruppe mit Trommeln war dabei, und die Teilnehmer_Innen hatten Kochtöpfe und andere Gegenstände mitgebracht, um ordentlich Krach zu erzeugen. Die Redebeiträge machten nochmals deutlich, welches Potenzial in den Menschen auf St. Pauli und ihren Unterstützer_Innen steckt, um die Forderungen durchzusetzen. Dann setzte sich der Demonstrationszug in Bewegung. Er lief dabei über die Reeperbahn in Richtung Heiligengeistfeld und von dort in einem Kreis zurück bis zur Hafenstraße, um schließlich wieder zu den ESSO-Häusern zu gelangen.
Die Demonstration war der Ankündigung entsprechend sehr laut, und trotz des Regens herrschte eine kämpferische und entschlossene Stimmung. Die Hamburger Bereitschafts-Polizei, die an diesem Tag mindestens vier Wasserwerfer und mehrere Räumpanzer im Einsatz hatte, hielt sich weitestgehend zurück – selbst als sie mit kleinen weichen Plastikbällen beworfen wurden und immer wieder kleineres Feuerwerk gezündet wurde.
Lediglich zu Beginn der Veranstaltung kam es zu einem Vorfall, bei dem Beamt_Innen der Beweis- und Festnahmeeinheit (BFE) einen Demonstranten festnahmen, am Bauzaun der ESSO-Häuser durchsuchten und schließlich auf eine Polizei-Dienststelle brachten. Er soll im Zusammenhang mit Straftaten am 1. Mai festgenommen worden sein. Während der Festnahme standen andere Teilnehmer_Innen der Demonstration am Rand und forderten den Festgenommenen auf, seinen Namen zu nennen, damit sie ihn an den Hamburger Ermittlungsausschuss weitergeben konnten – einen Zusammenschluss verschiedener Menschen, die Aktivist_Innen Rechtsbeistand geben. Als der Festgenommene abtransportiert worden war, kehrte wieder Ruhe ein, und die Redebeiträge begannen.
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