Hamburg. Dem Hamburger Verfassungsschutz ist die Anonymität einer Quelle offensichtlich wichtiger, als die Mordserie des NSU aufzuklären.
Wie der „Spiegel“ als Vorabmeldung zu seiner am Montag erscheinenden Ausgabe online berichtet, kann die Bundesanwaltschaft bei ihren Ermittlungen nach dem plötzlichen Tod des ehemaligen V-Manns Thomas R. alias „Corelli“, der laut Obduktion mit 39 Jahren an einer nicht erkannten Diabetes starb, einen wichtigen Zeugen nicht vernehmen.
Der Mann soll der Behörde kurz vor dem Tod „Corellis“ eine Propaganda-CD aus dem Jahr 2006 übergeben haben. Ihr Titel lautet „NSU/NSDAP“, womit sie zu den frühesten Dokumenten gehört, auf denen der „Nationalsozialistische Untergrund“ genannt wird.
Der Mann will die CD schon lange vor der Enttarnung des NSU von „Corelli“ erhalten und beim Aufräumen wiedergefunden haben. Die Bundesanwaltschaft erhofft sich von dem Zeugen Aufschluss darüber, wie nah „Corelli“ Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos stand. Das Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz lehnt es jedoch ab, den Namen seines Zuträgers offenzulegen.
Es ist unerträglich, dass der Inlandsgeheimdienst die Anonymität seiner Zuträger höher bewerten darf als die Aufklärung einer beispiellosen Serie rechten Terrors mit allein zehn Morden. Die Rolle des Verfassungsschutzes ist im NSU-Komplex ohnehin mehr als zwielichtig. Entweder bekam der Verfassungsschutz den Aufenthaltsort des so genannten NSU-Trios nicht mit, obwohl es förmlich von Spitzeln umzingelt war – oder er unternahm nichts. Der Zeuge, den die Bundesanwaltschaft nun nicht vernehmen darf, könnte möglicherweise über die Nähe „Corellis“ zum Trio Auskunft geben.
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