Stuttgart. Die Demosanitäter und die Parkschützer forderten zum Auftakt des S21-Wasserwerfer-Prozesses am 24.6.2014 Innenminister Reinhold Gall (SPD) auf, die Zahl der verletzten Bürger beim Polizeieinsatz am Schwarzen Donnerstag (30.9.2010) zu korrigieren. Nach Zählung der Demosanitäter wurden fast 400 Menschen direkt im Mittleren Schlossgarten medizinisch versorgt. Bis heute hat sich außerdem in zahllosen Gesprächen mit Demonstranten vom 30.9. ergeben, dass viele Verletzte von umstehenden Demonstranten notversorgt wurden oder aufgrund ihrer Verletzungen direkt nach Hause gingen. Die Dunkelziffer liegt also sogar deutlich über 400 Verletzten. Doch bis heute gibt das Innenministerium lediglich 130 Verletzte an, obwohl es in der Realität dreimal so viele Verletzte waren. Innenminister Gall sollte den vielen hundert Verletzten dieses ebenso brutalen wie unsinnigen Polizeieinsatzes endlich wenigstens Respekt entgegenbringen und den Schaden anerkennen. Der Auftakt des Wasserwerfer-Prozesses wäre dazu eine gute Gelegenheit.
Es ist unerträglich, dass sogar eine grün-rote Landesregierung bis heute die Zahl der Verletzten am Schwarzen Donnerstag so eklatant verharmlost,
sagt Matthias von Herrmann, Pressesprecher der Parkschützer.
Jetzt, zu Beginn des Wasserwerfer-Prozesses hat Innenminister Gall die Möglichkeit, diesen Fehler zu korrigieren. Die Zahl von fast 400 nachweislich verletzten Bürgern verdeutlicht die Brutalität, mit der die Polizei auf die Menschen losgegangen ist. Wer den Polizeieinsatz am 30.9. kritisiert hat, darf sich jetzt nicht der Geschichtsklitterung schuldig machen.
Bericht der Demosanitäter zum Polizeieinsatz am 30.9.2010
von Christoph Hoffmann, Lehrrettungsassistent (LRA) und Organisatorischer Leiter (OrgL)
Unabhängige Rettungskräfte, bestehend aus Demosanitätern, örtlichen Ärztinnen und Ärzten, dienstfreiem Rettungs- und Pflegepersonal sowie Ordnerinnen und Ordnern der Parkschützer haben [am 30.9.2010] im Zeitraum von 10.00 bis 22.30 Uhr insgesamt 368 protestierenden Bürgerinnen und Bürgern aktionsbedingt medizinische Hilfe leisten müssen.
Die von Polizei und öffentlichem Rettungsdienst verbreitete Zahl von ca. 130 Patienten ist falsch, da sie sich ausschließlich auf den geringen Bruchteil der von den Demosanitätern an das Rote Kreuz übergebenen sowie der direkt am Rettungsbus der Berufsfeuerwehr (auf der Schillerstraße) vorstellig gewordenen Patienten bezieht.
Die tatsächliche Zahl von 368 aktionsbedingten Verletzten setzt sich wie folgt zusammen:
- 320 Patienten, die unter Augen-, Haut- und Schleimhautreizungen durch seitens der Polizei eingesetztem Pfefferspray litten;
- 32 Patienten mit Prellungen aller Art, verursacht durch Faust- und Knüppelschläge der Polizei;
- 12 Patienten mit Kopfplatzwunden, verursacht zumeist durch Knüppelschläge der Polizei;
- 2 Patienten mit Rippenbrüchen, verursacht durch den Wasserstrahl eines Wasserwerfers der Polizei,
- 1 Patient mit einer schweren Augenverletzung, deren Ursache uns unbekannt ist, da dieser Patient direkt an den öffentlichen Rettungsdienst übergeben wurde.
Dazu kommt, insbesondere Augenreizungen und Prellungen betreffend, eine bei vergleichbaren Anlässen sehr hohe Dunkelziffer, also Patienten, die sich erst abseits der Aktion oder gar nicht in medizinische Behandlung begeben.
Standorte medizinischer Hilfe waren am 30.9.2010:
1. Der Rettungsplatz der Demosanitäter im Biergarten des Mittleren Schlossgartens
2. Der Verbandplatz des Deutschen Roten Kreuzes ca. 300 m weiter in Richtung Cafe Nil
3. Der Rettungsbus der Berufsfeuerwehr in der Schillerstraße.
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