Rems-Murr-Kreis. Am 23. Juni 2014 berichteten wir über die Geschehnisse in Berglen-Oppelsbohm im Rems-Murr-Kreis. Unbekannte hatten an einer Bushaltestelle in der Ortsmitte Nazisymbole auf die Steine geschmiert.
Es handelte sich um ein Hakenkreuz, zwei Achten und den Hitlergruß – teils ausgeschrieben, teils als Abkürzung. Die Polizei hat die Parolen aufgenommen und den Staatsschutz eingeschaltet, berichtet die örtliche Zeitung. Allerdings vermuten die Behörden dem Bericht zufolge, dass es sich um eine Tat “von Übermütigen” ohne rechtliche Bedeutung handele. Die Beamten erklärten, ihnen lägen keine Erkenntnisse über eine Neonazi-Szene und endsprechende Aktivitäten in der Gemeinde Berglen vor. Die Polizei hat die Aufschriften protokolliert und die Rathausverwaltung den Auftrag erteilt, sie zu entfernen.
So weit, so schlecht!
Ich hatte versprochen, in unserem Archiv zu graben. Versprochen ist versprochen. Hier das Ergebnis.
Die Behauptung der Polizei, es gäbe in Berglen keine Neonazi-Szene, passt zu ihrem Ermittlungsverhalten beim Winterbacher Brandanschlag im Jahr 2011. Damals hatten Neonazis fünf junge Migranten über die Streuobstwiese gehetzt. Die jungen Männer flüchteten in eine Gartenhütte. Die Faschisten zündeten daraufhin die Gartenhütte an. Die fünf eingesperrten Migranten entkamen in letzter Sekunde dem Feuertod.
Getroffen hatten sich die rechten Gewalttäter auf einem Gartengrundstück, das der Familie eines bekannten Neonazis und ehemaligen Sprechers des NPD-Kreisverbands Rems-Murr aus Berglen gehörte. Dieser faschistische Straftäter überfiel bereits im Jahr 2000 einen griechischen Geschäftsmann. Für seine Beteiligung an diesem Angriff wurde er damals nur zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Anschießend landete er in einem Neonazi-Aussteigerprogramm des Landeskriminalamts – ohne Erfolg. Er brach das Programm ab. Die Akte über die „Aussteigerpanne“ verschwand spurlos. Das hat die Polizei wohl „vergessen“.
Zurück zum Winterbacher Brandanschlag. Auf dem Grundstück des rechten Gewalttäters aus Berglen versammelten sich rund 70 Menschen aus der rechten Szene zu einem „Geburtstagsfest“. Die Polizei war darüber bereits Wochen vorher informiert. Was hat sie dagegen unternommen? Nichts! Was soll da auch passieren, wenn sich einschlägig polizeibekannte Neonazis in einer solch kleinen Anzahl versammeln?
Die Opfer riefen zehnmal über den Polizeinotruf um Hilfe! Zehnmal! Als die Polizei dann endlich am Tatort eintraf, nahm sie ein paar Personalien der anwesenden Rechten auf. Nicht von allen. Warum auch? Festnahmen am Tatort? Keine. Es handelte sich ja nur um einen fünffachen Mordversuch. Die mutmaßlichen Täter teilweise polizeibekannte Neonazis.
Die anschließenden Ermittlungen waren dermaßen dilettantisch, dass der Mordversuch nicht bewiesen werden konnte. So kam zum Beispiel der Brandsachverständige der Kriminalpolizei erst nach rund zwei Wochen zum Tatort. Entsprechend fiel dessen Gutachten aus. Er konnte noch nicht mal sagen, ob das Feuer innerhalb oder außerhalb der Hütte entstanden ist.
Von solchen Beamten kann man doch nicht erwarten, dass sie Nazischmierereien als politisch betrachten. Oder dass sie über Neonazis aus Berglen informiert wären.
Beim ersten Prozess vor dem Stuttgarter Landgericht gab es zwei Angeklagte. Einer davon kam aus Berglen. Er und sein Nazikumpan Dominik F. hatten hinter ihren Internetspitznamen die „88“ gesetzt. Zweimal der achte Buchstabe, das steht für „Heil Hitler“. Aber das war sicher auch völlig unpolitisch. Oder? Während dieses ersten Winterbach-Prozesses tritt auch eine junge Zeugin aus der rechten Szene auf. Wohnhaft: Berglen.
Beim zweiten Prozess gab es zwölf Angeklagte. Auch hier saßen wieder welche aus Berglen auf der Anklagebank. Einer von ihnen gab an, dass er nach Waiblingen ziehen wollte, „um von den Leuten, also diesen Rechten aus Berglen, wegzukommen und was Neues anzufangen“. Er sei über einen Kumpel in die rechte Szene geraten und habe im Ort an den dort üblichen Hauspartys teilgenommen. Er berichtete, dass man in Berglen auffalle, wenn man nicht zur rechten Szene gehört. Da wachse man buchstäblich mit der rechten Gesinnung auf.
Zurück zu den Nazischmierereien in Berglen-Oppelsbohm.
Neonazis in Berglen? Nix bekannt, sagt die Polizei. Die fixen Beamten haben den Fall nun dem Staatsschutz gemeldet. Dem Waiblinger. Der ist dafür zuständig. Das sind ganz gewiefte Kerle (wir berichteten).
Die ermitteln übrigens auch gerade wegen einer ganz schweren Straftat. Wildes Plakatieren!
Also ich vermute mal, dass da Linksterroristen dahinter stecken. Wo die sitzen, das ist den Herren von der Polizei bekannt. Da wissen sie genau Bescheid. Da entgeht ihnen nix.
Man sieht sich… auf der Straße!
Euer
Ferry Ungar
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