Wir dokumentieren die politische Erklärung des am 7. Juli 2014 in Stuttgart-Bad Cannstatt angeklagten und verurteilten Antifaschisten (wir berichteten). Es gilt das gesprochene Wort.
„Ich möchte mich nun doch zu einem Teil der Anklage äußern, und zwar in Form dieser politischen Erklärung. Hiermit werde ich nun etwas zum Vorwurf der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten erklären. Bei dem Vorwurf, der hier heute verhandelt wird, geht es um eine Situation, die letztes Jahr im Oktober im Rahmen der Proteste gegen einen Naziaufmarsch in Göppingen stattgefunden haben soll.
Letztes Jahr marschierten am 12. Oktober 141 Neonazis durch Göppingen. Über 2500 BeamtInnen der Bereitschaftspolizei und der Beweissicherungs- und Festnahmeinheit (BFE) schützten die Nazis und prügelten ihren Aufmarsch regelrecht durch.
An diesem Tag soll ich eine öffentliche Aufforderung zu Straftaten begangen haben, da ich angeblich zur Gefangenenbefreiung innerhalb eines Polizeikessels aufgerufen hätte.
Nun mag man sich vielleicht fragen, wieso ein solch lächerlicher Vorwurf tatsächlich zur Verhandlung kommt. Doch wenn man sich das Agieren der deutschen Behörden, insbesondere der Polizei, einmal etwas genauer anschaut, merkt man schnell, dass das hier heute kein Einzelfall ist. Es wird bereits im Vorhinein eines Naziaufmarsches darauf hingewirkt, dass in der Öffentlichkeit eine Drohkulisse durch die erwarteten GegendemonstrantInnen entsteht. Es wird vor ‚Ausschreitungen‘ gewarnt und im selben Zuge alles daran gesetzt, GegendemonstratInnen in ‚gut‘ und ‚böse‘ zu spalten. Dabei wird von bürgerlicher Seite immer wieder auf die selben Argumente verwiesen, dass Protest legitim sei, man sich aber bei der Wahl der Mittel auf Zuschauen hinter den großräumigen Polizeiabsperrungen zu begrenzen habe. Mit Hilfe der „Extremismusklausel“ wird so von staatlicher Seite bereits bei der Selektierung der Projekte gegen Nazis, die finanzielle Unterstützung aus Steuergeldern erhalten sollen, ein Bekenntnis zum Grundgesetz der BRD eingefordert.
Wem das so nicht passt und wer sich stattdessen für eine unkontrollierte antifaschistische Organisierung von unten einsetzt, der kann davon ausgehen, sich spätestens an der ersten Polizeiabsperrung beim nächsten Naziaufmarsch mit massiv knüppelnden BFE-Einheiten und literweise Pfefferspray auseinandersetzen zu müssen.
Doch trotz Polizeigewalt auf der Straße und Repression im Nachhinein, ist es unabdingbar wichtig, sich Nazis nicht nur passiv symbolisch in den Weg zu stellen, sondern mit aller Kraft jedes Auftreten und jegliche Form von politischer Agitation zu blockieren oder zu unterbinden. Ich bin der festen Überzeugung, dass es einzig und allein an uns liegt, solch einem menschenverachtendem Treiben ein Ende zu setzen, durch antifaschistische Intervention, wo immer diese nötig ist. Die Wahl der Mittel liegt in unseren Händen, und das Blockieren von Naziaufmärschen ist dabei eine legitime und gute Wahl. Die letzten Jahre zeigten bereits, dass mit Menschenmassenblockaden ein gutes Mittel gefunden ist, den Naziaufmärschen hier in der Region, aber auch bundesweit wie etwa 2010 und 2011 in Dresden etwas entgegen zu setzen.
Für eine handlungsfähige und starke antifaschistische Bewegung!
Gegen jeden Kriminalisierungsversuch – die antifaschistische Aktion aufbauen!“
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