Mannheim. „Wir zeigen: Es gibt keinen Raum für die faschistische und rassistische Idee.“ Das sagte Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz am Montagabend, 21. Juli, bei einer Kundgebung gegen den Einzug der NPD in den Gemeinderat. Mit der NPD könne es keine Normalität geben, stellte er am Vorabend der konstituierenden Ratssitzung vor gut 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmern auf dem Mannheimer Paradeplatz klar.
Zu der Kundgebung habe keinesfalls ein „nicht näher identifizierbares Bündnis“ aufgerufen, wie die am Montag heftig in der Kritik stehende Tageszeitung „Mannheimer Morgen“ schrieb, sondern das vor sechs Jahren gegründete Mannheimer Bündnis gegen Rechts, dem über vierzig Organisationen angehören.
Das betonte Mathias Kohler, der die Kundgebung moderierte. Bei allen Unterschieden in ihren politischen Positionen eine die Mitglieder des Bündnisses das Ziel, Faschismus und Rassismus zu bekämpfen. Es trete jederzeit rechtem und rechtspopulistischem Gedankengut entgegen, weshalb es auch die AFD kritisiere. Im Zentrum des Protests stand am Montagabend jedoch die NPD als Nachfolgeorganisation der NSDAP, deren Ideologie für jeden Menschen bedrohlich sei, der nicht in ihr völkisches Raster passt.
NPD erhielt kaum mehr als 1 Prozent
Erstmals seit vier Jahrzehnten wird mit Christian Hehl ein NPD-Mann dem Mannheimer Stadtrat angehören, ebenso eine Fraktion der AfD mit vier Stadträten. Wegen eines neuen Auszählverfahrens, das kleinere Organisationen besserstellt, genügte der NPD bei der Wahl am 25. Mai zu ihrem Einzug ein Stimmenanteil von 1,14 Prozent.
Auf dem Paradeplatz waren unter anderem Fahnen und Plakate der Jusos, der Verdi- und der IG-Metall-Jugend, der DIDF, der Linksjugend Solid, der MLPD, der Partei Die Partei, der Alevitischen Gemeinde und der Antifaschistischen Aktion zu sehen. Kohler begrüßte auch Stadträtinnen und Stadträte von SPD, CDU, Grünen und Linken, ebenso Vertreter der Kirchen und weiterer Religionsgemeinschaften.
Oberbürgermeister Peter Kurz sprach als erster. Er dankte dem Bündnis und betonte, dass Offenheit, Toleranz und Demokratie Grundwerte der Mannheimer Stadtgesellschaft blieben. Kurz stellte klar, dass die NPD in Mannheim keinen besonders großen Erfolg habe. Man brauche auch kein Verständnis für die Wähler der Partei zu haben, sagte er – wohl mit Blick auf den „Mannheimer Morgen“, der genau das am Samstag auf einer Sonderseite gezeigt hatte: „Wer in Kenntnis ihrer Menschenverachtung und der Geschichte diese Partei wählt, dem müssen Politiker und Medien kein Verständnis entgegenbringen.“
„Wir müssen den Feinden der Freiheit keine Freiheit einräumen. Das ist ein Missverständnis“, fuhr der Oberbürgermeister fort. Wer Menschenverachtung das Wort rede, Gewalt verherrliche und die Demokratie ablehne, der grenze sich aus der Gesellschaft aus. Die NPD und ihre Anhänger müssten mit gesellschaftlicher Ächtung rechnen, es gebe keine Normalität.
OB Kurz: Kein Diskurs mit der NPD
In einem widersprach Kurz der Erklärung des Bündnisses: Darin, dass es sich auch gegen die AfD wendet. Beide in einem Atemzug zu nennen, verharmlose die NPD. „Ich setze mich mit der AfD politisch auseinander. Mit der NPD nicht, denn es gibt keinen Diskurs mit einer menschenverachtenden Ideologie.“
„Es gibt unterschiedliche Meinungen, aber keine Toleranz für Feinde der Demokratie und keine Toleranz gegenüber Hass und Gewalt“, sagte auch Ralf Eisenhauer, der Fraktionsvorsitzende der SPD im Mannheimer Gemeinderat. Das Gremium stehe zu Vielfalt und Toleranz. Es werde keinerlei Zusammenarbeit mit der NPD geben.
Ausgerechnet NPD profitierte vom Minderheitenschutz
Die CDU-Stadträtin Regina Trösch, die sich nicht mehr zur Wahl stellte, schloss sich ihren Vorrednern an. Was sie schockiere, sei weniger Christian Hehl als seine Wählerinnen und Wähler: „Vor denen habe ich Angst.“ Dirk Grunert, der Fraktionsvorsitzende der Grünen, berichtete, dass der Gemeinderat seine Regeln der neuen Situation angepasst habe. Zwar werde weiter jedem Gemeinderat alles gewährt, was er braucht, um seine Arbeit zu machen. „Aber Leuten, die sich gegen die Demokratie einsetzen, gewähren wir nichts darüber hinaus“, kündigte er an: „Es wäre unerträglich, wenn die NPD im Rathaus ein Büro hätte.“
Grunert rief dazu auf, wachsam zu bleiben, auch mit Blick auf die AfD. Den Nährboden, den die NPD brauche, schüfen oft andere mit Fremdenfeindlichkeit, Ressentiments und Diskriminierung.
Thomas Trüper, Stadtrat der Linken, erinnerte daran, mit wie wenig Stimmen die NPD in den Gemeinderat kam: „Das hat der edle Gedanke des Minderheitenschutzes des neuen Auszählungssystems möglich gemacht. 1,14 Prozent sind kein wirklicher Wahlerfolg.“ Die NPD sei unbeliebt, weil ihr Umfeld Gewalttaten gegen Schwächere und Minderheiten begehe.
Kritik an „Mannheimer Morgen“
„Auch die Mörder des NSU gehören zum Umfeld dieser Partei“, sagte Trüper. Die NPD schiebe Minderheiten die Schuld für Missstände in die Schuhe und stelle „voller Hass das Führerprinzip der Demokratie entgegen“. Der Linken-Stadtrat äußerte „empörte Verwunderung“ über den neuen Lokalchef des „Mannheimer Morgen“ Dirk Lübke, der dem NPD-Ratsmitglied in der Samstagsausgabe mit einem „schlecht recherchierten Artikel“ die ganze dritte Seite widmete, von „Gutmenschen“ geschrieben und rechtem Populismus breiten Raum gegeben habe. „Das ist einer marktbeherrschenden Tageszeitung, die seriös sein will, nicht würdig“, kritisierte er.
Der Linken-Stadtrat kündigte an, in der konstituierenden Ratssitzung dem Kompromiss über die Besetzung kommunaler Gremien zuzustimmen, der auch die AfD einschließt. Er erwarte, dass sich die Konservativen ebenso verhielten. „Die NPD ist keine Option für niemanden“, so Trüper. „Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.“
Für die konstituierende Sitzung des Stadtparlaments am Dienstag, 22. Juli, um 15 Uhr im Stadthaus N1 sind ebenfalls Proteste gegen den Einzug von Vertretern faschistischer, rassistischer und rechtspopulistischer Politik geplant. Aber auch die NPD hat ihre Anhänger aufgerufen, zahlreich zu erscheinen.
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