Stuttgart. Die Bahn ignoriert nach Mitteilung der Eigentümer und Anwohner des Kernerviertels weiter Auflagen aus der Planfeststellung. Die AnwohnerInnen der Stuttgart 21-Baustelle fordern, den Schallschutz vor Beginn der Arbeiten an den Baugruben zum Tiefbahnhof sicherzustellen.
Eigentlich ist es ganz einfach und einleuchtend: Die erforderlichen Schallschutzmaßnahmen für die vom S 21-Baulärm am stärkten betroffenen BewohnerInnen des Kernerviertels müssen abgeschlossen sein, bevor die Bahn mit den Arbeiten an den Baufeldern für den Tiefbahnhof beginnt – so schreibt es auch die Planfeststellung vor. Stattdessen hat die Bahn angekündigt, dass sie am Dienstag, 5. August 2014, mit dem Aushub der Baugruben für den neuen Tiefbahnhof in Stuttgart beginnen will – ohne dass die in der Planfeststellung verankerten Lärmschutzauflagen einschließlich des passiven Schallschutzes für die Betroffenen im Kernerviertel eingehalten wären.
Frank Schweizer, Sprecher des Netzwerks Kernerviertel:
Anstatt Bagger zu schmücken und mittels Pressekonferenzen Baufortschritt zu simulieren, muss die Bahn erst mal ihr Planungschaos aufarbeiten und die Auflagen aus der Planfeststellung erfüllen. Es ist ein Unding, dass das EBA (Eisenbahn-Bundesamt) als Aufsichtsbehörde und die Stadt Stuttgart nur untätig wegschauen, anstatt dafür zu sorgen, dass die Bahn tut, was sie muss: ihre Auflagen erfüllen.
Die Hochrechnung, die die Bahn auf der letzten Anwohnerveranstaltung im Rathaus präsentierte, zeigte, dass bis 30. Juni 2014 nur bei 10 Prozent der 155 angeschriebenen Eigentümer der Einbau der Schallschutzfenster tatsächlich realisiert sei. Rückmeldungen von Betroffenen im Kernerviertel ergeben, dass auch zum Baubeginn Anfang August nur ein Bruchteil des Schallschutzprogramms umgesetzt ist. Auch weil die Musterverträge der Bahn vorsehen, dass die Eigentümer damit auf alle weiteren Rechte verzichten sollen.
Darüber hinaus hat das Netzwerk Kernerviertel das Eisenbahn-Bundesamt seit März mehrfach darauf hingewiesen, dass deutlich mehr Gebäude beziehungsweise Etagen als bislang vorgesehen mit passivem Schallschutz ausgestattet werden müssen. Die Lärmprognosen der Bahn, die vor Baubeginn vorliegen müssen, berücksichtigen nur unzureichend die geplanten Bauarbeiten beim Tiefbahnhoftrog.
Das Lärmmesskonzept sehe nur an einem Punkt alle vier bis sechs Wochen Messungen vor. Bei den Rammarbeiten ist mit einer Lautstärke von bis zu 120 Dezibel zu rechnen. Die AnwohnerInnen halten das Konzept für völlig ungeeignet, um die Lärmbelastung zu überwachen und zu dokumentieren.
Frank Schweizer resümiert daher:
Wer als normaler „Häuslesbauer“ Auflagen aus der Baugenehmigung ignoriert, dem wird die Baustelle durch die Behörden schnell stillgelegt. Die Bahn kann jedoch nach eigenem Gusto die Genehmigungsauflagen auslegen und jetzt mit den jahrelangen Tiefbauarbeiten starten, ohne dass dies Konsequenzen hat. Die Anwohner des Kernerviertels werden in Stuttgart zu Bürgern 2. Klasse, nur weil hier die Bahn als Bauherrin baut.
Quelle: PM Netzwerk der von Stuttgart 21 betroffenen Eigentümer und Anwohner – Netzwerk Kernerviertel –
Folge uns!