Von Angela Berger – Stuttgart. Rund 700 Menschen beteiligten sich am Dienstagmorgen, 5. August 2014, an einer Banneraktion rund um die sogenannte Brache im mittleren Schlossgarten. Die Parkschützer hatten zu der Aktion aufgerufen. Anlass war der Beginn des Aushubs der Baugrube C16 des geplanten Tiefbahnhoftrogs.
Matthias von Herrmann von den Parkschützern bedankte sich in einer Pressemitteilung für die Aktion: „Bei der Bannerparade gegen Stuttgart 21 haben heute von 9 Uhr an laut zweier unabhängiger Zählungen etwa 700 Bürger teilgenommen. Es waren etwa 130 Banner im Einsatz. Vielen Dank an alle, die vor Ort im Schlossgarten teilgenommen haben!“. Er zeigte sich erfreut über die Resonanz auf den Aufruf.
Nach der Bannerparade zogen die Stuttgart-21-Gegner zunächst in und dann vor den Bahnhof. Dort blockierten sie zeitweise auch die Schillerstraße. Keines der gezeigten Banner hat in den Jahren an Gültigkeit verloren, denn noch immer sind viele Mängel bei S 21 nicht beseitigt. Der Nesenbach-Düker hätte schon 2013 an die Stadtentwässerung übergeben werden sollen. Bis heute hat die Bahn noch nicht mal mit dem Bau begonnen. Umso verwunderlicher ist, dass die Bahn an ihrem Eröffnungstermin 2021 festhält.
Die Bahn hatte ihre groß angekündigte öffentliche Baugrubeneröffnung abgesagt und machte stattdessen nur eine Pressekonferenz im Kommunikationsbüro in der Jägerstraße. Die Gegner des Projekts begleiteten vor dem Hintergrund lauten Baulärms die Pressekonferenz mit Lügenpack-Rufen.
Gegenüber den Medienvertretern berichtete die Bahn viel Technisches. Die Fragen die gestellt wurden, beantwortete Projektsprecher Wolfgang Dietrich mehrfach und mantraartig mit „Die Bahn bewegt sich im Rahmen der Planfeststellung, das bestätigt auch das EBA (Eisenbahnbundesamt)“. Auch zu dem nach unseren Recherchen nicht genehmigten Förderband über die Willy-Brandt-Straße kam die gleiche lapidare Antwort von ihm.
Anhören kann man das hier. Dort findet ihr auch drei weitere Videos von der Pressekonferenz.
Fakt ist: Die Bahn zerstört Stuttgart, obwohl noch lange nicht alles genehmigt ist. Dietrich gab zu, dass die Genehmigung für den Nesenbachdüker fehlt und auch die Flughafenanbindung noch völlig offen sei. Die Anhörung beginnt erst im September 2014.
Die Bahn schätzt, dass allein acht Millionen Tonnen Erde und Schutt aus der Brache abgefahren werden müssen. Nur ist noch offen, wie das funktionieren soll. Wer die Reinigung und die Beschädigungen der Straßen bezahlen soll ist, offenbar auch noch nicht geklärt. Der größte Teil des Aushubs soll per Lastwagen zum Nordbahnhof gebracht und dort auf Züge geladen werden.
Die Hintergrundgeräusche bei der Pressekonferenz gaben einen Eindruck von der Grundgeräuschkulisse, die die Stuttgarter in den nächsten sieben Jahren erwartet.
Wir fragen uns, wie oft denn noch ein „Baustart“ gefeiert werden soll, und ob es denn nun ein Baustart war oder vielleicht doch nicht, weil ja schon so viele Arbeiten bereits erledigt worden seien. Alles sehr verwirrend.
„Oben bleiben“ ist in den letzten Jahren zum Gruß in Stuttgart geworden. Er passt immer wieder, wenn man die Farce rund um die Baugrube 16 betrachtet. 903 Tage, das sind 129 Wochen oder zweieinhalb Jahre nach der endgültigen Räumung des Schlossgartens hat die Bahn nun also mit dem „Ausheben“ des Tiefbahnhoftrogs begonnen.
Ein Video vom gestrigen Tag findet sich auch auf Youtube.
Laut Experten soll die Baugrube zunächst, gemessen an der Geländeoberkante, 16 Meter in den Boden gehen, berichtet die Stuttgarter Zeitung.
Wir fragen uns, wie das alles funktionieren kann, wenn man jetzt schon die kleinen Seen in der Brache sieht und wirklich tief ist da noch nicht gegraben worden. Viel passiert ist an dem Tag, den die Bahn feiern wollte, jedenfalls nicht. Hier sieht man eher Alibiaktivitäten. Die Menschen mit weißen Helmen auf der Baustelle sind Besucher. Sie waren kurz zuvor auf die Baustelle geführt worden.
Bilder von der Spontandemo vom Park durch den Bahnhof auf die Schillerstraße
(Fotos: Berger, Scheffel, Denzinger)
Bilder von der Bannerparade (Fotos: Berger, Scheffel, Denzinger)
Bilder von der S21-Baustelle (Fotos: Berger, Scheffel, Denzinger)
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