Schwäbisch Gmünd. Wegen Residenzpflichtsverletzung droht die Stadt Schwäbisch Gmünd Flüchtlingsaktivisten mit Haft. Das teilt die Refugees-Initiative Schwäbisch Gmünd mit. Sie ruft dazu auf, Solidarität zu zeigen: Vom 21. bis zum 23. August 2014 sind jeweils von 12 bis 20 Uhr Aktions-Kundgebungen am Marktplatz von Schwäbisch Gmünd geplant.
Sie wollten möglicherweise lieber ins Gefängnis gehen, als das wegen Residenzpflichtverletzung verhängte Bußgeld zu bezahlen, und forderten weiter das Recht auf Bewegungsfreiheit, heißt es im Aufruf der Flüchtlingsaktivisten. Sie sehen im Vorgehen der Behörden „eine der klassischen Repressionsformen gegen politisch aktive Flüchtlinge, um deren Selbstbestimmtheit und Solidarität mit anderen Flüchtlingen im Keim zu ersticken“ und rufen zu einer Fax- und E-Mail-Aktion an die Behörden auf.
Wir dokumentieren Auszüge die weitere Erklärung im Wortlaut:
Was viele deutsche StaatsbürgerInnen nicht wissen: Flüchtlinge werden in Deutschland durch das rassistische Gesetz der Residenzpflicht, welches in keinem anderen europäischen Staat besteht, schikaniert.
Flüchtlinge dürfen ohne vorheriges Anfragen beim Amt das Gebiet des Bundeslandes, in welchem sich das ihnen zugewiesene Lager befindet, nicht verlassen. Vielfach und gerade in Baden-Württemberg wird das Gebiet, in welchem sich die/der Geflüchtete aufzuhalten hat, dann noch auf den Landkreis, in welchem die/der Geflüchtete zu Leben gezwungen ist, beschränkt.
‚Selektive‘ Polizeikontrollen aufgrund nicht-weißen Aussehens, Racial Profiling, leisten ihr Übriges zur Sanktionierung der ‚Vergehen‘ – das Leben von Flüchtlingen wird der Totalkontrolle der deutschen BeamtInnen unterstellt. Um die Repression der Flüchtlingsaktivisten durch die Stadt Schwäbisch Gmünd zu rechtfertigen, hatte die konservative Lokalpresse (Remszeitung) berichtet, dass die Residenzpflicht nicht mehr praktiziert würde – eine blanke Lüge.Momentan droht die Stadt einigen Flüchtlingsaktivisten mit Freiheitsstrafe, weil diese die für die Residenzpflichtverletzung verhängte Bußgeldstrafe nicht zahlen wollen. Da das Landratsamt dies scheinbar unterstützt, kommt der Verdacht auf, selbst an dieser Unterdrückung teil zu haben. Dies ist eine der klassischen Repressionsformen gegen politisch aktive Flüchtlinge, um deren Selbstbestimmtheit und Solidarität mit anderen Flüchtlingen, welche auf die furchtbare Situation des Zwangs und der Unfreiheit aufmerksam machen, im Keim zu ersticken, um eine Situation der Angst zu schaffen.
Wir Flüchtlinge kommen nach Deutschland mit Hoffnungen und einer großen Bereitschaft, etwas Positives in die Gesellschaft einzubringen. Dann aber werden wir per Gesetz daran gehindert, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Viele zerbrechen daran. In Europa ist diese Form der Abschreckung einzigartig. Über Jahre hinweg wird die Bewegungsfreiheit im Asylland verweigert.
Apartheid in Deutschland – das Gesetz der Residenzpflicht versagt Flüchtlingen die Bewegungsfreiheit. Zeit für solidarische Gegenwehr!
Zurecht kritisieren Flüchtlingsorganisationen, dass mit der Residenzpflicht in Deutschland ein Gesetz aus der deutschen Kolonialzeit weitergeführt wird – während der deutschen Kolonialzeit in Kamerun und Togo hatten sich die BesatzerInnen dieses Gesetz ausgedacht, welchem zufolge die LandesbewohnerInnen ihren jeweiligen Ort oder Distrikt nicht ohne Antrag bei den übergeordneten Weißen Gouverneuren verlassen durften.Die Residenzpflicht dient den deutschen Behörden zur Diskriminierung und Kontrolle von Schwarzen und MigrantInnen. Seit langer Zeit lebte der bekannte Menschenrechtsaktivist Nelson Mandela wieder in Freiheit – und die Weißen SprecherInnen europäischer Länder waren voll Zuspruch für seinen Mut, und voller Tadel an der Apartheid in Südafrika.
Aber wie sieht es mit den Menschenrechten in Deutschland in der Gegenwart aus? Apartheid gibt es auch hier und heute, auch wenn sie von vielen Weißen und deutschen StaatsbürgerInnen gar nicht bemerkt wird. Sie wird aber dann mitgetragen, wenn Deutsche an „Recht und Ordnung“ glauben und das (Ver-)Walten der BeamtInnen grundsätzlich befürworten. Wo das Interesse der Nicht-Betroffenen an den Lebensbedingungen der Betroffenen erlahmt, und keine Fragen gestellt werden, dort wo sich Sorglose ihren eigenen Gesichtskreis schaffen und von den NachbarInnen, den MigrantInnen nichts wissen wollen.
Wir bitten Euch, die Flüchtlinge mit einer Fax-Aktion gegen Residenzpflicht und die Einschränkung der Bewegungsfreiheit zu unterstützen. Bitte schickt das Fax unterschrieben an das
Integrationsministerium:Integrationsministerium Stuttgart Ministerium für Integration Baden-Württemberg Thouretstraße 2, 70173 Stuttgart Telefax: 0711 – 33503-444 E-Mail: poststelle@intm.bwl.de
Wir brauchen Solidarität, um dieses rassistische Gesetz in Deutschland abzuschaffen.
Weitere Proteste in Aalen und weiteren Städten werden in Kürze kommuniziert werden.
Seid Solidarisch! Kommt vorbei!
Rechte von Refugees & Migrants gehen uns alle an!
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