Göppingen. Die Kundgebung der rechten Gruppierung „Der Dritte Weg“ am vergangenen Samstag, 30. August 2014, sorgt weiter für Zündstoff unter den Göppinger Gemeinderäten. Entgegen einem Beschluss des Gemeinderats zum „Runden Tisch“ machte Oberbürgermeister Guido Till (CDU) einen Alleingang. Er informierte vorab nicht darüber, dass eine Neonazi-Kundgebung angemeldet wurde. Dieses Vorgehen betrachtet er weiter als angemessen.
Mehrere Stadträte gaben uns gegenüber inzwischen Statements ab. Der Realschulrektor und Fraktionsvorsitzende Felix Gerber (CDU) sagte in einem Interview: „Bei der nächsten friedlichen antifaschistischen Demonstration laufe ich mit. Nazis sind in unserer Stadt nicht willkommen! Alle demokratischen Kräfte müssen zusammenstehen. Wir müssen präventiv einen gemeinsamen Weg finden, hier geht es um das Stadtbild. Der Runde Tisch gegen Rechts ist hier klar gefordert.“ Aus diesem Grund habe er sich letztes Jahr bei der städtischen Aktion zum Fest der Vielfalt ablichten lassen. „Ich stehe dazu ich bin Antifaschist.“
Christoph Weber, Diplom-Chemiker und Fraktionsvorsitzender der Grünen, kritisiert das Vorgehen des Oberbürgermeisters Guido Till. Die Demonstration der Gruppe „Der Dritte Weg“ zeige, dass Göppingen für die rechte Szene noch immer interessant ist – auch nach Absage des zum 11. Oktober 2014 ursprünglich geplanten Aufmarsches der Rechten.
Der Grünen-Stadtrat und Vorsitzende des Vereins Kreis Göppingen nazifrei Alex Maier fordert: „Grundsätzlich wollen wir, dass solche Infos transparent kommuniziert werden. Zumindest der Gemeinderat und die Teilnehmer am Runden Tisch gegen Rechts sollten offiziell informiert werden, damit wir gemeinsam überlegen können, welche Reaktion am besten geeignet ist.“
Das Verhalten von OB Guido Till ruft auch antifaschistische Kräfte auf den Plan. Beim AntifaCafé der Antifaschistischen Gruppe Göppingen am gestrigen Mittwochabend im Haus der Jugend gab eine Gruppe nun bekannt: Zum 11. Oktober 2014 wird es eine antifaschistische Demonstration unter dem Motto „DRAN-BLEIBEN“ und eine ganztägige Kundgebung geben. Beide würden nun schnellstmöglich bei der Stadt angemeldet.
In einer Presserklärung der Fraktion der Linken und Piraten im Göppinger Gemeinderat heißt es: “OB Till unterstützt Nazis“ (wir berichteten). Dass der OB die existente Nazibedrohung für Göppingen nicht sehen wolle, sei „leider nichts Neues“. Dass er jedoch entgegen seiner Zusagen beim „Runden Tisch gegen Rechts“ „nicht einmal die Fraktionsvorsitzenden, die Presse, den Gemeinderat und die Mitglieder des „Runden Tisches“ über eine angemeldete Nazidemo in unserer Stadt informiert“, sei ein „absolutes No-Go“.
Dekan Rolf Ulmer, der für den evangelischen Kirchenbezirk Göppingen bei den letzten Sitzungen des „Runden Tisch gegen Rechts“ war, sagte uns am Telefon auf die Frage, ob er von Oberbürgermeister Guido Till über die bevorstehende Neonazi-Kundgebung informiert worden sei: „Ich wurde von unseren Oberbürgermeister nicht informiert. Jedoch habe ich in der Zwischenzeit mit ihm gesprochen.” Wir fragten weiter nach: Was bezweckte OB Guido Till wohl mit seinem Schweigen? Darauf Dekan Rolf Ulmer: “Dies fragte ich ihn. Oberbürgermeister Guido Till erwiderte mir, ‘dass die Rechten nur eine geringe Aufmerksamkeit erfahren.’” Dies sei nur durch Schweigen gelungen, so Till. (Wir berichteten) „Die haben vor leeren Rängen gespielt“, beschrieb inzwischen der OB in einem Interview mit der „Stuttgarter Zeitung“ seine Taktik: „Das hat richtig funktioniert.“
Mittlerweile hat auch die Stadtverwaltung auf den Aufruhr der Stadträte reagiert. Sie hat den „Runden Tisch gegen Rechts“ für Freitag, 19. September 2014, 14 Uhr ins Rathaus eingeladen.
Aktuelle Statements und Anträge der Fraktionen im Göppinger Gemeinderat:
Statement Fraktionsvorsitzender des Bündnis 90/Die Grünen Christoph Weber
Statement Stadtrat für die Partei Bündnis 90/Die Grünen und Vorsitzender des Vereins Kreis Göppingen nazifrei e.V. Alex Maier
Antrag GRÜNE dauerhafte Runde 2013-11-12
Antrag Aktuelle Stunde 2012-02-16 SPD und Grüne
Presseerklärung der Fraktion Linke & Piraten
Einladung Runder Tisch 19.09.2014
Vorlage in dem Gemeinderat vom 2014-01-28_Nr_047_2014 SPD
Folge uns!