Göppingen. Wenige Tage nach einer neuerlichen Nazi-Demonstration in der Stadt (wir berichteten) war das Göppinger AntifaCafé am Mittwoch, 3. September, im Haus der Jugend in der Dürerstraße gut besucht. An die dreißig Leute drängten sich in dem Raum, unter ihnen viele von außerhalb – etwa aus Stuttgart, Ulm oder Reutlingen. Diskussionsthemen waren vor allem die Autonomen Nationalisten Göppingen und Polizeikessel als Einschränkung der Versammlungsfreiheit.
Im Mittelpunkt des Abends stand eine Rede von Thomas Trüten, dem Sprecher des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit. Das Bündnis wurde 2008 im Protest gegen Pläne der damaligen CDU-Landesregierung zur Verschärfung des Versammlungsrechts gegründet und zeitweise von mehr als 120 Organisationen unterstützt.
Aus Trütens Sicht unterstreichen „die skandalösen Ereignisse von letztem Samstag“, dass gerade in Göppingen einige Fragen zu klären seien. Oberbürgermeisters Guido Till habe sich über Abmachungen des „Runden Tischs“ hinweggesetzt, als er für sich behielt, dass Neonazis eine Demonstration angemeldet hatten. „Was viel schlimmer ist – er lässt Faschisten demonstrieren und stellt sie damit ob er will oder nicht – auf eine Stufe mit Demokraten“, empörte sich Trüten. Für Faschisten gebe es keine Versammlungsfreiheit.
Der Aufbau und die Stärkung reaktionärer und faschistischer Kräfte mit dem Ziel der Zerschlagung der Arbeiterbewegung sei gerade in Krisenzeiten die Regel. Das erläuterte der Redner am Beispiel der Ukraine, „wo der Mord an Dutzenden Menschen, die sich in das Gewerkschaftshaus in Odessa geflüchtet hatten, inzwischen offenbar auch nur ein Ereignis unter vielen ist“.
Faschismus an der Macht sei nach Dimitroff „die offene, terroristische Diktatur der reaktionärsten, chauvinistischsten, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“. Faschismus sei also keine Meinung, sondern ein Verbrechen, was er auch zu Genüge unter Beweis gestellt habe. „Deshalb: keinerlei demokratische Rechte für die Feinde demokratischer Regeln! Wir fordern ein Versammlungsrecht auf antifaschistischer Grundlage“, sagte Trüten.
Er erinnerte daran, dass der Neu-Ulmer CSU-Oberbürgermeister Gerold Noerenberg im September vergangenen Jahres eine NPD-Kundgebung vereitelte, indem er kurzerhand eine „Leistungsschau des städtischen Baubetriebs“ ansetzte. Er ließ tonnenschwere Nutzfahrzeuge auf den Rathausplatz karren, wo eigentlich die NPD hatte demonstrieren wollen. Dazu Trüten: „Auch wenn das Beispiel nicht beliebig zu wiederholen ist, kommt hier zum Ausdruck, was ich eine Frage der Haltung nenne. Und die fehlt mir bei Herrn Till und sämtlichen Beteiligten der Stadtverwaltung, die vergangenen Samstag einmal mehr einen Naziaufmarsch ermöglicht haben.“
Hier ist die vollständige Rede Thomas Trütens im Wortlaut nachzulesen.
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