Stuttgart. Oliver Kube, Stadtrat der Linken in Ludwigsburg, wurde am Mittwoch, 10. September 2014, zu 15 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt. Hintergrund war die erste Demonstration der rechtslastigen Bildungsplangegner am 1. Februar 2014 in Stuttgart. Vor dem Prozess gab es eine Kundgebung auf dem Stuttgarter Schlossplatz. Ungefähr 30 AktivistInnen beteiligten sich.
Die Kundgebung begann um 12 Uhr auf dem Schlossplatz in Stuttgart. Die etwa 30 AktivistInnen hatten einen Infotisch aufgebaut. In drei Redebeiträgen ging es um die Repression gegen fortschrittliche linke Kräfte, um Solidarität mit allen Betroffenen und um die Notwendigkeit, gegen faschistische und homophobe Veranstaltungen zu protestieren.
Für Sonntag, 19. Oktober, haben die Bildungsplangegner und ihre rechtlastigen Unterstützer die nächste „Demo für alle“ angemeldet.
Oli Kube bedankte sich am Mittwoch bei allen UnterstützerInnen und erklärte sich ausdrücklich solidarisch mit allen, denen es geht wie ihm. Die Kundgebung verlief ohne Störungen. Um 13.30 Uhr begann der Prozess vor dem Amtsgerichts in der Haufstraße.
Vor dem Saal musste sich jede Prozessbegleiterin und jeder Prozessbegleiter – auch Pressevertreter und sogar der Angeklagte – kontrollieren und durchsuchen lassen. Der Personalausweis wurde fotokopiert. Hierzu waren sechs Beamte der Justiz nötig. Unterstützt wurden sie von zwei Polizeibeamten.
Es waren etwa 25 BeobachterInnen im Saal. Dem Angeklagten, der momentan Schüler ist und seine Fachhochschulreife nachholt, wurde vorgeworfen, er habe seinen „Unmut“ gegen die Teilnehmer der ersten Bildungsplangegner-Demonstration am 1. Februar dieses Jahres kundgetan. Er soll sich dem „angemeldeten und genehmigten“ Demozug der homophoben DemonstrantInnen ab 14.43 Uhr entgegengestellt haben. Dabei soll er die Absicht verfolgt haben, die Versammlung zu verhindern oder zu sprengen.
Der Angeklagte räumte ein, an den Gegendemonstrationen gegen eine Veranstaltung teilgenommen zu haben, bei der Homosexualität mit Pädophilie gleichgesetzt wurde – einer Demonstration, bei der Neonazis mitliefen.
Oliver Kube erklärte, solchen Tendenzen von Anfang an entgegentreten zu müssen, um Entwicklungen wie in Frankreich zu verhindern.
Der einzige Zeuge der Anklage war ein Polizeihauptkommissar der Stuttgarter Polizei. Er antwortete auf die Frage des Richters, ob er sich an den Einsatz erinnere, dass er ja selbst gar nicht vor Ort gewesen sei. Er habe lediglich die Videos ausgewertet und Berichte der einzelnen Einsatzkräfte vor Ort bearbeitet.
Der Schlossplatz war einfach zu eng
Im Plädoyer forderte der Staatsanwalt eine Strafe von 25 Tagessätzen in Höhe von 15 Euro. Das sei höher als im Strafbefehl, allerdings sei der niedrigere Satz nur mit einem Geständnis haltbar. Dieses gebe es hier nicht. Der Zug sei 30 Minuten aufgehalten worden. Dies sei schon schwerwiegend.
Ein Zeichen von Intelligenz
Der Rechtsbeistand von Oliver Kube forderte Freispruch. In seinem Plädoyer erklärte er, dass das Verfassungsgericht den Straftatbestand der Nötigung relativiert habe und selbst Sitzblockaden nicht strafbar seien – die es in diesem Fall nicht einmal gegeben habe. Lediglich drei Dinge seien verboten: die gewalttätige Störung einer Versammlung, die Androhung von Gewalt gegen sie oder eine grobe Störung.
Die ersten beiden seinen völlig indiskutabel. Eine grobe Störung müsse besonderes Gewicht haben. Blockaden müssten demnach unumgänglich sein. „Außerdem finde ich, dass es ein Zeichen von Intelligenz ist, wenn beispielsweise Parolen wie „Schützt unsere Kinder!“ mit der Gegenparole „Vor euch selbst!“ beantwortet werden.“ Man könne ja nicht ewig nach dem alten Testament urteilen und Homosexuelle steinigen.
Das Urteil lief, wie in Stuttgart nicht anders zu erwarten, dann nicht auf einen Freispruch heraus.
Hören sie auf zu grinsen!
Oliver Kube saß bei der Unteilserklärung nicht wie ein geprügelter Hund mit gesenktem Kopf auf der Bank,sondern mit erhobenem Haupt und einem leichten Lächeln auf den Lippen. Der Richter wurde etwas ungehalten. „Hören Sie auf zu grinsen!“ herrschte er den Angeklagten mitten im Satz an. „Ist Grinsen denn verboten?“ erkundigte sich Kube. „Ja“ war die klare Antwort.
Der Richter erklärte weiter, dass es egal sei, wer demonstriert und was gefordert wird. „Es gibt viele Demonstrationen, da krieg ich auch so einen Hals“, aber die Demokratie müsse damit klar kommen. Nach dem Prozess erklärte Oliver Kube, dass seiner Meinung nach die freie Meinungsäußerung da enden müsse, wo gegen andere Menschen gehetzt wird. Er werde sich nicht enschüchtern lassen und selbstverständlich weiter Demonstrationen besuchen.
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