Stuttgart. Rund 300 Männer und Frauen protestierten am Samstag, 13. September, in Stuttgart gegen die geplante Verschärfung des Asylrechts – trotz schlechten Wetters und eines eher unattraktiven Versammlungsplatzes neben dem Kunstgebäude. Unter dem Motto “Roma haben kein sicheres Herkunftsland” hatten der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg, das Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung und viele weitere Organisationen zu der Kundgebung auf dem Schlossplatz aufgerufen (wir berichteten).
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Kundgebung forderten die Landesregierung auf, im Bundesrat gegen das Gesetz zu stimmen, das Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina zu „sicheren Herkunftsstaaten“ erklären soll. Dadurch könnten Asylsuchende aus diesen Ländern leichter abgeschoben werden. Unter den Protestierenden waren auch viele Flüchtlinge aus Westbalkan-Staaten.
Am 19. September soll der Bundesrat über das Gesetz entscheiden. Bisher weigern sich die Bundesländer mit grüner oder linker Regierungsbeteiligung, dem Vorhaben zuzustimmen. Jedoch zeigte sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) Anfang vergangener Woche verhandlungsbereit. Es fehle aber ein annehmbares Angebot der Bundesregierung.
Rechtspopulistische Forderungen nicht zu eigen machen
Dr. Manfred Budzinski, Vorstandsmitglied des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg, forderte bei der Kundgebung die Grünen auf, bei ihrem Nein zur Asylrechtsverschärfung zu bleiben: „Verbesserungen beim Zugang zum Arbeitsmarkt dürfen nicht zulasten des Menschenrechts auf Asyl gehen.“ Die Veranstalter der Kundgebung kritisierten auch die mitregierende Landes-SPD, die den Grünen eine „Blockadehaltung“ vorwirft und sie für das Erstarken von rechten Parteien verantwortlich macht. „Rechtspopulisten bekämpft man nicht, indem man sich ihre Forderungen zu eigen macht“, erklärte David Werdermann vom Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung.
Bei der Kundgebung kamen sowohl betroffene Flüchtlinge als auch Vertreter von Unterstützungsgruppen zu Wort. Manfred Budzinski appellierte an die Landesregierung, bei ihrem Nein zu dem Gesetz zu bleiben. Alles andere sei ein Abschied von dem im Koalitionsvertrag verankerten Vorrang der Humanität.
Protest gegen Gesetzesverschärfung auch in der SPD
Eine Rednerin vom Freiburger Forum kritisierte die Abschiebepraxis der baden-württembergischen Behörden und forderte das Land auf, ein humanitäres Bleiberecht für Roma aus dem ehemaligen Jugoslawien zu erlassen. Für den anstehenden Winter müsse es zudem einen umfassenden Abschiebestopp geben.
Andrea Schiele von der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF) distanzierte sich von den Äußerungen des SPD-Fraktionsvorsitzenden Claus Schmiedel. Sie forderte – wie Mara Kraft in einem Redebeitrag für Amnesty International – eine grundsätzliche Abkehr vom Prinzip der sicheren Herkunftsstaaten.
Roma im Westbalkan leiden unter Armut und Diskriminierung
Der Journalist Jürgen Weber vom Aktionsbündnis Abschiebestopp Konstanz berichtete von einer Recherchereise nach Mazedonien. Roma würden dort häufig Opfer rassistischer Angriffe und müssten unter menschenunwürdigen Bedingungen leben. In weiteren Redebeiträgen wurde anhand von Einzelfällen die Situation von Roma im Westbalkan deutlich gemacht, die zum Teil von lebensbedrohlicher Armut und Diskriminierung geprägt ist. Dabei kamen auch Betroffene zu Wort. Den Abschluss bildete eine Rede des Kabarettisten Peter Grohmann, der die Anwesenden zur verstärkten Solidarität mit Flüchtlingen aufrief.
Bei der Kundgebung übergaben die Veranstalter dem Landesvorsitzenden der Grünen Oliver Hildenbrand einen von knapp 50 Vereinen und Organisationen unterzeichneten Appell an die Landesregierung mit der Forderung, der Asylrechtsänderung nicht zuzustimmen. Hildenbrand sagte, dass er die Kritik an dem Gesetz teile, machte jedoch keine klare Aussage zum Abstimmungsverhalten der Landesregierung im Bundesrat.
Quelle: PM des Freiburger Forums, ergänzt durch die Redaktion
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