Heilbronn. Mit einer rauschenden Party wurde am 13. September 2014 das einjährige Bestehen des selbstverwalteten linken Zentrums Käthe in der Heilbronner Wollhausstraße gefeiert. Es gab einen zweiten Grund zum Feiern: den Start eines weiteren Hausprojekts. Das direkt angrenzende Gebäude in der Wollhausstraße 47 befindet sich seit dem 1. September 2014 ebenfalls in selbstverwalteter Hand. Rund 100 BesucherInnen vergnügten und informierten sich am Samstag trotz anfänglichen Regens.
Für musikalische Unterhaltung sorgten das Acoustic-Punk-Duo „Ell’n’Wood“ aus der Region und die Ska-Band „T-Killas“ aus Aschaffenburg. Außerdem gab es ein reichhaltiges Kuchen-Buffet, verschiedene vegane Speisen, gekühlte Getränke, Informationstafeln, eine Kinderspielecke und den Workshop „Live Graffiti-Action“ im Hof der W 47.
Die Eröffnung des Zentrums im September 2013 (wir berichteten in unserer Print-Ausgabe Nr. 8) war für die regionale Linke ein wichtiger Schritt. Die „Käthe“ blickt auf ein bewegtes und aktives erstes Jahr zurück. Als Veranstaltungsort, als Anlaufpunkt für politische Akteure und Interessierte, als Platz für unkommerzielle Kultur und nicht zuletzt als Wohnprojekt konnte sie sich schnell etablieren. Ob antifaschistische Kampagnen, feministische Initiativen, Anti-Kriegs-Aktivitäten oder Blockupy Heilbronn – sie haben alle das Zentrum in der Wollhausstraße genutzt oder sind dort erst entstanden.
Die erfolgreiche Umsetzung des Projekts zeigt: Fortschrittliche politische Räume können auch völlig unabhängig von städtischen Geldern und in Städten ohne allzu große subkulturelle Szenen geschaffen werden.
Bezahlbarer Wohnraum wird knapp
Begeistert wurde neben dem einjährigen Bestehen des Sozialen Zentrums der Start des weiteren Hausprojektes W47 gefeiert. Als das Haus in der Wollhausstraße 47 im Frühjahr 2014 zum Verkauf stand, packten AktivistInnen der „Käthe“ die Gelegenheit beim Schopf und entwickelten ein Konzept, um die Immobilie möglichst rasch dem Markt zu entziehen. Dabei ging es vor allem darum, gemeinsam mit den jetzigen BewohnerInnen den bereits seit langem bestehenden günstigen, zentrumsnahen Wohnraum zu sichern und die eigenen Möglichkeiten zu erweitern. Die Wohnfläche des Hauses W 47 beträgt rund 280 Quadratmeter. Die Immobilie ist derzeit vollständig vermietet. Die bisherigen MieterInnen können natürlich in ihren Wohnungen bleiben.
Direktkredite sichern das neue Projekt
Mit einer breit angelegten Kampagne unter dem Motto „Solidarisch wohnen in Heilbronn“ gelang es innerhalb von zwei Monaten, Direktkredite von UnterstützerInnen in Höhe von 90 000 Euro und eine Finanzierungszusage der ökologisch-sozial engagierten GLS-Bank für den Erwerb des Hauses zu erhalten. Anfang August 2014 wurde der Kaufvertrag für die „W 47“unterzeichnet. Sie ist wie das Soziale Zentrum Käthe Teil des bundesweiten Mietshäuser Syndikats.
Das Projekt W 47 stößt in eine wohnungs- und stadtpolitische Debatte hinein, die in Heilbronn bereits seit einiger Zeit geführt wird. Es geht dabei um die Umgestaltung der Stadt im Zug der Bundesgartenschau 2019, um den Ausbau der Hochschulen und die rapide steigenden StudentInnenzahlen, aber auch um teils massive Mietsteigerungen vor allem in der Innenstadt und den Mangel an Sozialwohnungen.
Im Selbstverständnis des Projektes W 47 heißt es dazu:
Auch wenn wir von den aus anderen Großstädten bekannten drastischen Zuständen noch entfernt sind: Auch in Heilbronn finden schleichende Verdrängungsprozesse statt, und es besteht die Gefahr, dass ansprechender und zentrumsnaher Wohnraum zu einer Luxusware wird. Der auf Profitinteressen ausgerichtete kommerzielle Wohnungsmarkt ist nicht dazu geeignet, daran etwas zu ändern und das Grundbedürfnis nach sicherem und sozialen Wohnraum zu befriedigen.
Die Auseinandersetzung um die Stadtentwicklung ist mit dem Kauf des Hauses aber noch lange nicht zu Ende: Aktuell bildet sich zum Thema „Wohnraum“ in der Stadt ein Netzwerk von verschiedenen Gruppen und Bürgerinitiativen, an dem auch das Soziale Zentrum Käthe und die W 47 beteiligt sind.
Damit es auch im nächsten Jahr wieder genug Gründe zum Feiern gibt, gehen die Planungen bereits weiter. Neben dem alltäglichen Betrieb geht es jetzt unter anderem um notwendige Renovierungsarbeiten in der W 47, die Selbstorganisation der BewohnerInnen und die Verzahnung der beiden Projekte.
Wer sein Geld nicht bei einer Bank anlegen will, sondern bei einem selbstverwalteten Hausprojekt, der kann das hier tun. Bei der W 47 in Heilbronn. Infos und Unterlagen hierzu gibt es hier.
Hier finden sich weitere Infos zum Sozialen Zentrum Käthe.
Infos zum Wohnprojekt W 47 gibt es hier.
Man darf gespannt sein, was es aus Heilbronn in den nächsten Monaten und Jahren zu berichten geben wird.
Eins ist wohl bereits jetzt klar:
Man sieht sich… auf der Straße… und beim Notar! 😉
Denn es gilt: Rücke vor zur Schlossallee!
Folge uns!