Ulm. Für den 3. Oktober um 14 Uhr ist am Ulmer Hauptbahnhof eine Demonstration gegen Nazis und Polizeigewalt geplant. Anlass sind die Ereignisse bei den Protesten gegen den Naziaufmarsch am 12. Oktober 2013 in Göppingen (wir berichteten). Darüberhinaus möchte der Veranstalter über die bevorstehende antifaschistische Demonstration am 11. Oktober 2014 in Göppingen informieren und zu ihr
mobilisieren.
Die Demonstration ist nach Informationen von „Ulm nazifrei – Kollektiv.26“ der Auftakt zu einer Aktionswoche unter dem Motto „Gegen Nazis und Polizeigewalt“.
Nachstehend dokumentieren wir die Erklärung der Organisation „Ulm nazifrei – Kollektiv.26“.
Was ist geschehen?
Am 12. Oktober 2013 marschierte die süddeutsche Neonaziszene durch die schwäbische Provinzstadt Göppingen. Geschützt von zweitausend Einsatzkräften der Polizei konnte sie, wie auch im Vorjahr, ihr Szene-event durchführen und Werbung für Strukturen machen, bei denen gewaltsame Übergriffe bis hin zu versuchtem Mord keine Seltenheiten sind.
Mit einem Weltbild voll Hass und menschenfeindlicher Ideologie im Gepäck wurde in den beiden Jahren offen Antisemitismus propagiert und zur Schau gestellt. Ebenso wurden die Zeiten des nationalsozialistischen Regimes wieder herbeigesehnt.
Und wer muss den Kopf hinhalten?
Menschen, die es nicht hinnehmen konnten, dass so eine Veranstaltung ungestört abläuft, wurden von den Schlägertrupps der Polizei mit Pfefferspray, Schlagstöcken, Faustschlägen und Tritten klargemacht, dass Widerstand gegen rechte Hetze unerwünscht ist. Im Zuge dessen kam es zu Atemnot, vorübergehendem Verlust der Sehfähigkeit, Platzwunden und vielem mehr bei den betroffenen Personen. Den Beamten ging es dabei nicht um bloße Verteidigung, ansonsten wäre beispielsweise ein älterer Religionslehrer aus Ulm wohl verschont geblieben. Bei dem kompletten Polizeieinsatz ging es darum, antifaschistische Aktivist_Innen einzuschüchtern, so auch beim sogenannten „Kesseln“, einer rechtswidrigen Maßnahme der Freiheitsberaubung. Hunderte Menschen wurden über mehrere Stunden unter unzumutbaren Zuständen (keine Möglichkeit Toiletten zu benutzen, mangelnde Trinkwasserversorgung, Kälte und so weiter) festgehalten.
Böses Nachspiel
Viele der gekesselten Antifaschist_Innen sahen sich nach einer entwürdigenden erkennungsdienstlichen Behandlung (2) mit Anzeigen konfrontiert. So wurde beispielsweise das Tragen einer Sonnenbrille schnell zur willentlichen Identitätsverschleierung verklärt. Selbst wenn sich die Anschuldigungen vor Gericht als haltlos herausstellten, müssen die Aktivist_Innen unter den Folgen eines Strafverfahrens leiden. Neben psychischer Belastung sehen sie sich mit hohen Anwaltskosten konfrontiert.
Noch merkwürdiger wird es dann, wenn keine Straftat festgestellt werden konnte, das Verfahren eingestellt wird, der Person aber dennoch Sozialstunden als „Denkzettel“ aufgebrummt werden. Andere, welche sich mit einer Folie vor Pfefferspray schützen wollten, wurden hingegen verurteilt, da es sich dabei, laut Polizei und Justiz, um „Passive Bewaffnung“ handle, ebenso wie Menschen, welche sich die Prügelorgie nicht gefallen lassen wollten.
Haben wir noch nicht genug?
Trotz massiver Einschüchterungsversuche werden wir auch dieses Jahr wieder gegen Nazis auf die Straße gehen. Denn eines ist uns seit langem klar: „Antifa ist Handarbeit“(4) und wir werden uns nicht von einem Repressiven Vorgehen daran hindern lassen, gegen den Faschismus einzustehen und zu kämpfen. Ob die angekündigte rechte Demonstration stattfinden wird, ist momentan noch unklar, denn die veranstaltende Nazigruppe erschien bis vor kurzem handlungsfähig(3). Sollte der Aufmarsch der Neofaschisten ausfallen, werden wir trotzdem dort auf die Straße gehen, um ein Zeichen für eine offene, solidarische Gesellschaft zu setzen. Wir rufen dazu auf, an der Demonstration der Antifaschistischen Gruppe Göppingen teilzunehmen.
Demonstriert mit uns am 3. Oktober
Um erneut das Vorgehen von Polizei und anderen Repressionsbehörden anzuprangern und zu skandalisieren, rufen wir dazu auf, mit uns am 3. Oktober gegen Nazis und Repression zu demonstrieren. Mit dieser Aktion wollen wir zudem auf anstehende Gegenaktivitäten am 11. Oktober aufmerksam machen und mobilisieren.
3. Oktober -14 Uhr – Ulmer Hauptbahnhof – Wir lassen uns nicht einschüchtern
(2)Bei einer erkennungsdientstlichen Behandlung kann es sein, dass die Personalien überprüft werden, man inklusive einer Leibesvisitation durchsucht wird, „Gefangenenfotos“ gemacht werden und Fingerabdrücke abgenommen werden.
(3)Wir sehen die Handlungsunfähigkeit der Göppinger Naziszene als ein Produkt von konsequenten antifaschistischen Aktionen, welche ihnen das ganze Jahr über zusetzten, als auch des öffentlichen Thematisierens des Naziproblems, was das Landeskriminalamt unter Zugzwang setzte, gegen die AN-GP vorzugehen.
Demonstration „Gegen Nazis und Polizeiterror“,
3. Oktober 2014, 14 Uhr,
Hauptbahnhof Ulm.
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