Stuttgart. An die 250 Menschen, zum Großteil kurdischer Herkunft, protestierten am Dienstagabend, 7. Oktober, erneut zu später Stunde in Stuttgart, um auf das drohende Massaker der Terrormilizen des IS in Kobane aufmerksam zu machen. Für Donnerstag, 9. Oktober, ist erneut eine große Solidaritätsdemonstration geplant.
Etwa eine Stunde nach den Eintreffen des Demozugs bei der kurdischen Mahnwache auf dem Stuttgarter Schlossplatz entwickelte sich am Dienstag plötzlich eine Bewegungsdynamik. Die DemonstrantInnen liefen spontan los die Königstraßee entlang Richtung Hauptbahnhof. Dort gab es eine kurze Straßenblockade. Die Polizei war jedoch schnell vor Ort und versperrte den Demonstrierenden den Weg.
Sie wurden in Richtung Schlosshotel geleitet. Eine der Demo-OrdnerInnen versuchte mit einen Politzisten zu klären, ob die Menge die Strecke geradeaus zum Charlottenplatz weiter gehen könne. Der Beamte wiederholte dreimal die Antwort „Sie können nach rechts laufen“. Doch die Strecke hätte in den Park geführt, wo kein Mensch die Aktion wahrgenommen hätte. Dennoch ging es auf beide Seiten friedlich zu.
Die Demonstration zog weiter in Richtung Klett-Passage. Dort blockierten Jugendliche etwa zehn Minuten lang die U-Bahn. Deutlich lesbar hielten sie ihre Transparente hoch. Die Reaktion der auf die U-Bahn Wartenden war sehr positiv. Viele haben die Aktion mit ihren Handys gefilmt, und zwei Fahrgäste haben applaudiert. Die Polizei war sofort da, griff allerdings kaum ein. Schwer beschäftigt waren nur die Polizeikameras!
Nach der friedlichen Aktion, die unter „ziviler Ungehorsam“ einzuordnen ist, begaben sich alle zum Schlossplatz zurück. Ein Sprecher forderte die Anwesenden und vor allem die Jugendlichen auf, aufmerksam zuzuhören. Die Medien berichteten gerade über Gewalt in Stuttgart. Der Sprecher distanzierte sich von einer Aktion, die er daneben fand: Jugendliche hätten wohl Steine geworfen. Er forderte alle auf, sich gewaltfrei zu verhalten.
Schon am Vormittag hatte es einen Demozug vom Schlossplatz aus gegeben. Ziel für die Schlusskundgebung war der Kernerplatz, wo das türkische Konsulat in Stuttgart ansässig ist. Zirka 200 Menschen waren am versammelt, um auf die mehr als kritische Situation der Kurden in Rojava und vor allem in der Stadt Kobane aufmerksam zu machen. Die Stuttgarter Aktionen reihen sich ein in die Demonstrationen, die es seit Montag auch in vielen anderen Städten in Deutschland gibt.
Die Polizei filmte ständig, was einige Demonstrierende als gesetzwidrig kritisierten. Es gab kein ersichtlichen Grund, die Menschen mit den Kameras zu scannen. Am Charlottenplatz fordert die Polizei den Versammlungsleiter auf, zwei Fahnen aus dem Demozug zu entfernen, die mutig und würdevoll von jungen Frauen getragen wurden. Die Frauen weigerten sich zunächst, die Fahnen wegzupacken, gaben dann aber doch nach. Es leuchtete ihnen nicht ein, warum diese Fahnen in Baden Württemberg verboten sind. In Filmen der ARD sieht man die selben Fahnen, da sie in andere Bundesländer nicht zensiert sind.
Der Vormittag verlief sehr friedlich. Ergreifend waren die Sätze des Sprechers vor dem türkischen Konsulat. „Ich mach mich jetzt strafbar“, bekundete er seine Sympathie für die PKK. Die meisten Anwesenden schlossen sich ihm an. Darauf hörte man durch den Lautsprecher: „Wir machen uns gerade alle strafbar.“
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