Weinheim. Ungefähr 400 NazigegnerInnen protestierten am Samstagvormittag gegen einen kurzfristig einberufenen Bundesparteitag der NPD in der Weinheimer Stadthalle. Sie empfingen die anreisenden Delegierten mit Transparenten und Trillerpfeifen. Die Polizei hatte die Halle mit Hamburger Gittern abgeriegelt. Sie war mit 200 BeamtInnen im Einsatz und hielt die Reiterstaffel in der Hinterhand. An den drei Zugängen gab es immer wieder leichtes Gerangel. Die Polizei nahm zwei Protestierende wegen angeblicher versuchter Körperverletzung fest.
Für Sonntag, 2. November, wurde von 10.30 Uhr bis 13 Uhr erneut eine Protestkundgebung angemeldet. Die Veranstalter sprachen von bis zu 500 TeilnehmerInnen an der Protestdemonstration am Samstag, die Polizei von 400.
Der baden-württembergische Staatsgerichtshof, das Landesverfassungsgericht, hatte die Stadt Weinheim am Donnerstag überraschend gezwungen, der NPD an einem Novemberwochenende ihre Stadthalle zu überlassen (wir berichteten). Die Stadtverwaltung entschied sich für den 1. und 2. November, obwohl die Halle eigentlich am Samstag hätte geschlossen bleiben sollen. Die Stadt musste den Hausmeister aus dem Urlaub zurückholen und private Security-Dienste engagieren. An den anderen Wochenenden ist die Halle jedoch schon für andere Veranstaltungen gebucht. Deshalb betrachtete die Verwaltung das erste Novemberwochenende noch als vergleichsweise geringstes Übel, sagte der Pressesprecher der Stadt Roland Kern.
Empörung über Entscheidung des Staatsgerichtshofs
Die Stadtspitze zeigte sich verärgert über die Entscheidung des Staatsgerichtshofs. „Es erfüllt mich mit Ärger und Wut, dass wir von einem Gericht dazu gezwungen werden, unsere Stadthalle der NPD zur Verfügung zu stellen“, sagte der Erste Bürgermeister von Weinheim Torsten Fetzner (Grüne). Zuvor war die NPD mit ihrer Klage gegen den ablehnenden Bescheid der Stadt vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe und dem baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshof in Mannheim gescheitert. Weinheims SPD-Oberbürgermeister Heiner Bernhard hatte im Vorfeld mehrfach deutlich gemacht, dass die NPD in Weinheim nicht willkommen ist.
Die Gegenkundgebung wurde von der Weinheimer SPD-Chefin Stella Kirgiane-Efremidis angemeldet. In Weinheim sei kein Platz für braunes Gedankengut, sagte sie. Bereits im Vorjahr hatte sich auf Initiative der Stadt ein „Bündnis für ein buntes Weinheim“ gegründet, als die NPD ihren Bundesparteitag im Sulzbacher Restaurant “ Zum Schwarzen Ochsen“ abhielt. Dagegen protestierten der „Rhein-Neckar-Zeitung“ zufolge auch die örtlichen Vereine und Kirchen.
Auch NPD-„Größen“ aus der Region vor Ort
An der Kundgebung am Samstagvormittag beteiligten sich neben der SPD, der GAL und der Weilheimer Liste auch der Jugendgemeinderat und die Antifa. Das Mannheimer Bündnis gegen Rechts und die Linke hatten ebenfalls zum Protest aufgerufen.
Als sich die Demonstrierenden am frühen Samstagvormittag an den drei von der Polizei abgesperrten Zugängen zu der Halle versammelten, lag noch Nebel über der Stadt. Die Polizei geleitete die anreisenden NPD-Delegierten ins Innere. Aus der Region sichteten wir unter anderem den Landesvorsitzenden Alexander Neidlein, den Mannheimer Stadtrat Christian Hehl und die frühere Vorsitzende des „Rings nationaler Frauen“ Edda Schmidt aus Bisingen im Zollernalbkreis.
Polizei nimmt zwei Gegendemonstranten fest
An den Zugängen gab es immer wieder Gerangel. Eine dieser Szenen nahm die Polizei zum Anlass der beiden Festnahmen wegen versuchter Körperverletzung – vermutlich nach der Auswertung von Videomaterial. Sonst blieb es weitgehend ruhig. Gegen 13 Uhr endete die Kundgebung am Samstag.
Bei dem Parteitag trat der bisherige NPD-Vorsitzende Udo Pastörs offiziell zurück. Gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ führte er dafür private Gründe und sein Landtagsmandat in Mecklenburg-Vorpommern an. Der Vorstand müsse nach den schlechten Wahlergebnissen der Partei in Sachsen, Thüringen und Brandenburg verjüngt werden. Als Nachfolger wurde der frühere Pressesprecher Frank Franz gewählt. Er pflegt sich betont seriös zu geben und kündigte vor dem Parteitag an, den „moderaten Kurs“ des Vorgängers von Pastörs Holger Apfel fortsetzen zu wollen. Der frühere Generalsekretär Peter Marx und die frühere Vorsitzende der NPD-Frauen Sigrid Schüßler kandidierten ebenfalls, unterlagen jedoch dem 35-jährigen Saarländer Franz deutlich. Nach Angaben des Portals Rheinneckarblog waren 137 von 221 eingeladenen Delegierten angereist.
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