Stuttgart. So viele Menschen wie bei der Abschlusskundgebung der Demonstration „Stoppt den IS – Solidarität mit Rojava“ sieht man auf dem Platz vor dem Neuen Schloss sonst nie: In Stuttgart gab es am Samstag, 1. November, die bundesweit größte Solidaritätsdemonstration mit Kobane. Die Veranstalter sprachen von 15 000 TeilnehmerInnen, die Polizei von 10 000. Sie hatte nur mit 500 Demonstrierenden gerechnet.
Schon am Ausgangspunkt in der Lautenschlager Straße versammelten sich am späten Nachmittag tausende Männer, Frauen und Kinder. Als sich der Zug nach der Auftaktkundgebung in Bewegung setzte, war die Straße in ihrer ganzen Länge komplett gefüllt. Auf der Demoroute reihten sich dann immer mehr Menschen ein. Viele freuten sich sichtlich, Verwandte, Bekannte und Freunde zu treffen.
Zunächst hatte nur ein Bündnis um das Offene Treffen gegen Krieg und Militarisierung (OTKM) Stuttgart zu der Solidaritätsdemonstration mit Rojava aufgerufen. Dann jedoch warben Kurdenorganisationen international dafür, am so genannten „Welt-Kobane-Tag“ gegen den Terror der IS-Milizen zu protestieren. Auch in Düsseldorf, Köln, Hamburg, Berlin und Frankfurt gab es Demonstrationen – weltweit in über 200 Städten, unter anderem in Istanbul und Diyarbakir.
Zu der Stuttgarter Demonstration mobilisierten kurdische Organisationen im ganzen Südwesten. Dennoch rechneten auch sie nicht mit so vielen TeilnehmerInnen. Der Spätnachmittag und Abend verlief ohne Zwischenfälle. Die Polizei, nach eigenen Angaben mit 300 Beamtinnen vor Ort, berichtete lediglich über eine angeblich verbotene Fahne, die sie konfisziert habe, und vereinzelt gerufene „verbotene“ Parolen. Ansonsten hielten sich die Beamten weitgehend im Hintergrund. Die Demosanitäter der Sanitätsgruppe Südwest mussten nicht in Aktion treten. Sie freuten sich, dass sie „eine farbenfrohe und kämpferische Demonstration ohne jeglichen Zwischenfall begleiten durften“.
Vorneraus fuhr ein Lautsprecherwagen mit Musik und Durchsagen in deutscher und türkischer Sprache. „Es gibt 50 Millionen Kurden auf der Welt. Uns soll niemand unterschätzen. Wir haben kein Land, aber einen starken Willen“, erklärte ein Sprecher. Immer wieder wurde auch die türkische Regierung kritisiert, die den IS unterstützt und alles daran setzt, die Kurden im eigenen Land zu schwächen. Auch die Waffenlieferungen der Bundesregierung in alle Welt wurden kritisiert.
Auf vielen Plakaten und in Sprechchören wurden eine Aufhebung des Verbots der PKK und „Freiheit für Öcalan“ gefordert. Vor allem Frauen zeigten sich kreativ in ihrem Protest. So hatte sich eine Gruppe schwarz verschleiert und symbolisch aneinander gekettet. „Werde verkauft“ trugen ihre Mitglieder als Plakat auf dem Rücken – und vorne Aufschriften, die zeigen sollten, dass sich der Terror des IS gegen alle Frauen richtet: Mutter, Kind, Christin, Yesidin, Kurdin, Turkmenin, Sunnitin, Alevitin.
Hinter ihnen liefen Kurdinnen in Festtagskleidung mit Tamburinen. Im Demozug waren neben Transparenten und Fahnen auch viele handgeschriebene Plakate zu sehen. „Wer schweigt, stimmt den ISIS-Terroristen zu“, stand auf einem von ihnen – „ISIS ist nicht die Stimme des Islam“ und „Sie nennen sich Gotteskrieger und töten Gotteskinder“ auf anderen. „Man sollte leise sein, wenn Kinder schlafen – nicht wenn sie sterben“, mahnte eine andere Aufschrift.
„ISIS raus – raus aus Kurdistan“, „Stoppt den Terror – den Terror des IS“ und „Alle Besatzer – raus aus Kurdistan“ gehörten zu den am häufigsten gerufenen Parolen – neben „Solidarität mit Rojava – weg mit dem Verbot der PKK“.
Die Route führte durch die Theodor-Heuss-Straße und die Innenstadt zum Schlossplatz. Bei der Abschlusskundgebung sprachen neben der Bundestagsabgeordneten der Linken Heike Hänsel auch Vertreter kurdischer Organisationen. Außerdem wurde eine Grußbotschaft der Revolutionären Aktion Stuttgart RAS vom Band gespielt. Der Abend endete mit einem Konzert einer griechischen Band und der türkischen Grup Haykiris.
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