Öhringen. Die Verhandlung war auf 9 Uhr angesetzt, doch bis zur Mittagszeit wurde noch nicht einmal die Anklage verlesen: Der Prozess wegen eines Tortenwurfs auf den baden-württembergischen Innenminister Reinhold Gall am Donnerstag, 27. November, war am Vormittag von Befangenheitsanträgen des Rechtsanwalts Martin Heiming gegen zwei Richter des Öhringer Amtsgerichts geprägt. Die Verhandlung soll um 14 Uhr fortgesetzt werden.
Bis 13.45 Uhr erhielten drei vom Vorsitzenden des Landgerichts Heilbronn eingesetzte Richter Zeit, über den zweiten Befangenheitsantrag des Verteidigers zu entscheiden.
Der Prozesstag begann mit einer Kundgebung um 8.30 Uhr vor dem Gerichtsgebäude in Öhringen, an der sich ungefähr 50 UnterstützerInnen des 20-jährigen Angeklagten beteiligten. Der Tortenwerfer hatte mit seiner Tat gegen die schleppende NSU-Aufklärung in Baden-Württemberg protestieren wollen. Nun wurde vor dem Gerichtsgebäude der Tortenwurf in einem Theaterstück nachgespielt. Es gab Redebeiträge unter anderem der Organisierten Linken (OL) Heilbronn, und es wurde Torte verkauft.
Vor Ort waren nach Polizeiangaben auch ungefähr dreißig Beamte, zu erkennen außerdem fünf Beamte des Gerichts in Uniform und mehrere Staatsschutzmitarbeiter in Zivil. Nach strengen Einlasskontrollen sollte die Verhandlung um 9 Uhr beginnen – doch dazu kam es nicht. Rechtsanwalt Martin Heiming monierte, dass der Zuhörersaal der langwierigen Durchsuchungen wegen erst zur Hälfte gefüllt war.
Er erreichte einen Aufschub, begonnen wurde schließlich um 9.15 Uhr – und zwar mit einem erneuten Antrag des Verteidigers: Einzelrichter Göpfert sei wegen Befangenheit abzulehnen. Zur Begründung führte Heiming an, das Gericht habe auf Zuruf die Bitte der Kripo Heilbronn erfüllt, den Verhandlungstermin möglichst früh am Morgen anzusetzen, da mehrere Demonstrationen angemeldet worden seien.
Überdies habe der Richter Sicherheitskontrollen ohne die erforderliche Begründung angeordnet und ihm als Verteidiger zu wenig Zeit eingeräumt, noch kurzfristig nachgereichte Prozessakten zu sichten. Dies alles gebe Anlass zur Besorgnis, der Richter stehe dem Angeklagten nicht unvoreingenommen gegenüber. Das Gericht dramatisiere mit seiner Sicherheitsverfügung einen Prozess, in dem es eigentlich nur um versuchte Körperverletzung geht.
Die Staatsannwältin, die nicht namentlich genannt werden möchte, trat dem allem entgegen. Nach einer Sitzungsunterbrechung wurde mitgeteilt, dass der Öhringer Amtsrichter Grosch über den Befangenheitsantrag gegen Göpfert entscheiden werde. Doch auch ihn lehnte Rechtsanwalt Heiming wegen einer Sicherheitsverfügung als möglicherweise befangen ab. Über den Befangenheitsantrag gegen Grosch muss nun das Landgericht Heilbronn entscheiden.
Bisher dominiert Rechtsanwalt Heiming in Öhringen das Geschehen. Der Richter wirkt überfordert, und die Justizbeamten scheinen sich ebenfalls in einer für sie ungewohnten Situation nicht besonders wohl zu fühlen.
Ein ausführlicher Foto-Bericht folgt
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