Stuttgart. Verdi und die dju, die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union, unterstützen die Kritik des Bündnisses für Informationsfreiheit in Baden-Württemberg an den vergangene Woche vorgelegten Eckpunkten der Regierungsfraktionen für ein Informationsfreiheitsgesetz. Baden-Württemberg, eines der letzten Bundesländer ohne ein solche Regelung, bekomme nach dem vorgelegten Entwurf „ein Gesetz mit bestenfalls Mittelmaß“, so Verdi Landesbezirksleiterin Leni Breymaier.
Das zivilgesellschaftliche Bündnis für Informationsfreiheit fordert kostenfreie Auskünfte zumindest bei einfachen Anfragen und eine Abwägungsklausel bei Informationsanfragen, die geistiges Eigentum und Geschäftsgeheimnisse betreffen. Dann könnten auch in diesen Fällen Informationen zur Veröffentlichung freigegeben werden, wenn das öffentliche Interesse überwiegt.
Die Informationsfreiheitsgesetze vieler anderer Bundesländer garantieren den Bürgerinnen und Bürgern besseren und leichteren Zugriff auf Informationen, die bei der Verwaltung in den Kommunen und im Land vorliegen.
„Ausgerechnet eine Landesregierung, die mit dem Versprechen von mehr Transparenz und Bürgernähe ins Amt gewählt wurde, kündigt jetzt einen Start in die Informationsfreiheit mit angezogener Handbremse an“, kritisieren sowohl das Bündnis als auch Verdi. So passt es ins Bild, dass das Gesetz in Baden-Württemberg eine in anderen Bundesländern und beim Bund unübliche „Missbrauchsklausel“ enthalten soll. Dies berge die Gefahr, dass sich die Verwaltung pauschal unliebsamen Fragen entzieht.
Kritisch gesehen wird auch die Kostenfrage. Aus Erfahrungen anderer Länder ist bekannt, dass die meisten Anfragen auf kommunaler Ebene gestellt werden. Den Kommunen soll volle Kostendeckung bei der Gebührenerhebung ermöglicht werden – da sei es vorherzusehen, dass die Bürger abgeschreckt werden, ihr Recht auf Information wahrzunehmen.
Positiv hebt Verdi hervor, dass auch Unternehmen der öffentlichen Hand unter die Auskunftspflicht fallen sollen, soweit sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen wie zum Beispiel die Flughafen Stuttgart GmbH. Sollte das neue Gesetz keine Abwägungsklausel bei Geschäftsgeheimnissen enthalten, fiele des jedoch leicht, Informationsanfragen zu diesen staatlich-privat organisierten Gesellschaften abzuweisen. Auch in der vom Bundestag in Auftrag gegebenen Auswertung des Bundesinformationsfreiheitsgesetzes wird deswegen zu einer Abwägungsklausel geraten.
Wieso Banken, die Selbstverwaltungsorganisationen der Wirtschaft (IHKs) oder der freien Berufe ebenso wie die öffentlich-rechtlich Rundfunkanstalten von vornherein von jeder Verpflichtung, Auskunft zu geben, freigesprochen werden sollen, ist für das Bündnis nicht nachvollziehbar.
Das Bündnis für Informationsfreiheit Baden-Württemberg hat sich zum Ziel gesetzt, für ein modernes, bürgerfreundliches und unbürokratisches Informationsfreiheitsgesetz für Baden-Württemberg zu werben. Das Land soll dadurch als moderner Industrie- und Dienstleistungsstandort in Europa in Fragen transparenter Regierung auf europäisches Niveau aufschließen.
Um dieses Ziel zu unterstützen, haben sich der Deutsche Journalisten-Verband Baden-Württemberg, das Netzwerk Recherche, Transparency International Deutschland, die dju und die Verdi-Fachgruppe Medien Baden-Württemberg, der baden-württembergische Landesverband von Mehr Demokratie und die Deutsche Gesellschaft für Informationsfreiheit zusammengeschlossen.
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