Von Sven Kollet – Wien/Stuttgart. Nach mehreren Jagdunfällen fordern die Optiker in Österreich eine Sehtestpflicht für Jäger. Liest man, was Jäger alles verwechseln können, fragt man sich schon ab und an, ob sie blöd sind oder ob sie einfach schlichtweg nichts sehen. So wurden letztes Jahr im November erst drei Kühe im Bezirk Neunkirchen (AT) erschossen, ehe der Jäger merkte, dass es sich nicht um Hirsche handelte.
Auch scheinen Pferde Wildschweinen erstaunlich ähnlich zu sehen. Immer wieder kommt es vor, dass Reittiere erschossen werden. Besonders bizarr war ein Vorfall im Oktober dieses Jahres. Ein Jäger schoss in Norditalien auf einen Hasen. Doch es stellte sich heraus, dass es sich hierbei um die österreichische Radprofisportlerin Christiane Koschier-Bitante handelte. Sie wollte sich in blauem Trikot vor einem Radrennen in Colloredo warmfahren.
Nun fordert die Innung der Optiker aus Tirol verpflichtende Sehtests für Jäger. Innungsmeister Paul Gumpelmayer dazu: „Es hat sich gezeigt, dass man hier nicht auf die Selbsteinschätzung und das Verantwortungsbewusstsein der Jäger vertrauen kann.“ Die Optiker fordern, die Jäger sollten sowohl beim Erwerb des Jagdscheins als auch je nach Alter alle zwei bis vier Jahre einen Sehtest vorlegen. Schon bei einer Fehlsichtigkeit von 0,5 Dioptrien, argumentieren sie, könne man über zwei Meter hinaus nur noch verschwommen sehen.
Jägerkreise versuchten gleich, diese Forderung ins Lächerliche zu ziehen. Man bezeichnet sie als „Faschingsgag“ und als Verkaufsmasche der Optiker. Die Jäger sehen sich als verantwortungsbewusste Menschen, die ihrer Pflicht gerecht werden. So behauptet der deutsche Jagdverband mit Verweis auf das statistische Bundesamt, dass bundesweit jährlich „nur“ bis zu sieben Menschen durch die Jagd sterben.
Tierrechtler vermuten hohe Dunkelziffer
Tierrechtsorganisationen wie PETA sagen jedoch, die meisten Fälle landeten nicht in dieser Statistik. Die Organisationen listen selbst Jagdunfälle auf. Bei den angegebenen mehreren Dutzend Jagdunfällen handelt es sich laut PETA nur um eine Auswahl. Die Dunkelziffer sei wohl deutlich höher. Andere Organisationen gehen sogar so weit, dass sie den Jägern in Deutschland 40 Tote im Jahr unterstellen, wobei es sich dabei nicht nur um Jagdunfälle handle, sondern auch um Jäger, die beispielsweise Zuhause Menschen töten.
Die Optiker in Österreich wollen nun dem „Überraschungseischießens“ einen Riegel vorschieben. Das wäre auch eine Idee für die deutsche Politik. Sehtestpflicht für alle 361 557 deutschen Jäger – so viele gab es nach Angaben des Deutschen Jagdverbands 2012/2013, Tendenz steigend.
Doch selbst mit solchen Sehtests dürfte noch nicht alles friedlich ablaufen. Der Jäger Michael Bertalanffy aus Unterach sagte in einem ORF-Interview: „Ich war bei mehreren Treibjagden. Dort sind Kollegen herumgelaufen, die das mit einer Wildwestveranstaltung verwechseln. Da sind einem die Bleibatzen um die Ohren geflogen.“ Aus Eigenschutz meidet er seither die Treibjagd. Auch lässt er durchblicken, dass Alkohol während der Jagd kein Tabu zu sein scheint.
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