Kommentar von Anne Hilger – Stuttgart. Der Feind steht links oder gehört zur Antifa. Weder brennende Flüchtlingsheime bringen das krude Weltbild von Parteien wie der CSU ins Wanken noch die Verbrechensserie des NSU – trotz zehn Morden, 14 Raubüberfällen, einem Nagelbombenattentat mit 22 Verletzten in Köln und mehreren weiteren Sprengstoffanschlägen. Überhaupt blieb der NSU-Terror im Bewusstsein der sogenannten guten Gesellschaft merkwürdig folgenlos. Sonst hätten keine ausländerfeindlichen Bewegungen wie Pegida entstehen können.
Offenbar vermag keine noch so reale Gefahr etwas gegen die schlichten Reflexe von Leuten wie Alexander Dobrindt auszurichten. Weil Pegida marschiert, drischt der CSU-Verkehrsminister umso mehr auf Linke ein. Er hat angesichts der rechten Pegida-Aufmärsche eine schärfere Auseinandersetzung mit linken politischen Positionen gefordert. Hauptsache Sündenbock, scheint er sich zu sagen. Damit hofiert er die Menschenfeinde, die nicht einmal davor zurückschrecken, den Terroranschlag auf „Charlie Hebdo“, Teil ihrer verhassten „Lügenpresse“, mit Trauerflor für sich zu instrumentalisieren.
Dobrindts verquere Logik: Die Pegida-Demonstranten fürchteten nicht etwa den eigenen Abstieg und die zunehmende soziale Spaltung, zu der unter anderem die Politik der Unionsparteien der letzten Jahre beitrug. Nein, sie hätten vor allem Angst vor linken Forderungen zur Einwanderung und vor „einseitiger Gerechtigkeitsdiskussion“.
Auch andere Vorgänge der letzten, vom islamistischen Terror in Paris überschatteten und viel Verlogenheit geprägten Tage machen fassungslos. Von Polizei und Justiz sind gerade Antifaschisten einiges gewohnt. Dennoch kann man bloß den Kopf schütteln, wenn ein Verwaltungsgericht dem Düsseldorfer OB Thomas Geisel (SPD) per einstweiliger Verfügung untersagt, auf der städtischen Homepage zum Protest gegen Dügida aufzurufen. Begründung: Das verstoße „gegen seine Neutralitätspflicht“.
In Leipzig unterbanden Polizei und Ordnungsamt derweil ein Protest-Training der Legida-Gegner, weil die Behörden gewaltfreie Sitzblockaden nicht für legitime demokratische Versammlungen halten. Dass viele Gerichte das in ihren Urteilen anders sehen – egal.
Die Verhältnisse in der sächsischen „Rechtspflege“ sind bekanntlich ohnehin ziemlich speziell. Da kann einem angst und bange beim Gedanken werden, dass sich Pegida als Verein hat eintragen lassen und jetzt die Gemeinnützigkeit beantragen will, damit Geldgeber ihre Spenden von der Steuer absetzen können. Ausgerechnet das Finanzamt Dresden-Süd wird einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ zufolge darüber entscheiden, ob der Kampf „gegen die Islamisierung des Abendlandes“ künftig als gemeinnützig gilt. Ist es da ein Wunder, wenn uns Böses schwant?
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