Text und Fotos: Colin Derks – Wien. Deutlich mehr als 10 000 Menschen gingen am 30. Januar in Wien aus Protest gegen den jährlichen Akademikerball auf die Straße. Bis 2013 hieß er WKR-Ball. Er dient unter anderem als Schnittstelle zwischen rechten Politikern und Burschenschaftlern.
Schon einige Tage vor den großen Gegendemos drehte der österreichische Staat hohl: Während die Medien einen bevorstehenden „Straßenkrieg“ heraufbeschworen, forderte Wiens City-Chefin Ursula Stenzel (ÖVP) einen Unterstützungseinsatz des Bundesheeres, um die Stadt vor Zerstörung zu schützen. Polizeipräsident Pürstl verbot kurzerhand beide vom Bündnis „NOWKR“ angemeldeten Demos und reichte zusätzlich bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeige wegen „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ ein.
Dass diese Repressionsmaßnahmen keineswegs nur Drohgebärden im Vorfeld der Proteste sein sollten, zeige sich im Laufe des Freitags: So wurde ein Bus aus München, der sich bereits im Wiener Stadtgebiet befand, aufgehalten, durchsucht und mit einem Großaufgebot an Polizeikräften zurück bis an die deutsch-österreichische Grenze eskortiert. Dort wurde er der deutschen Bundespolizei übergeben. Zuvor hatte es einige waghalsige Fahrmanöver österreichischer Zivil-Cops gegeben, um den Bus am Verlassen der Autobahn zu hindern.
In der Wiener Innenstadt startete unterdessen die angemeldete und genehmigte Demonstration des Bündnisses „Offensive gegen rechts“ mit über 9000 Teilnehmern. Sie verlief weitestgehend normal und friedlich. Aus der Demo lösten sich mehrere Finger heraus, die viele Zufahrtswege zur Wiener Hofburg blockieren konnten. Zusätzlich wurden in den Seitenstraßen immer wieder Taxis und Reisebusse mit BallbesucherInnen aufgehalten und blockiert.
Es herrschte – zumindest bei den AntifaschistInnen – eine ausgelassene und fröhliche Stimmung; Samba-Bands trommelten rund um die blockieren Autos, und aus allen Ecken rund um die Hofburg ertönten antifaschistische und antikapitalistische Sprechchöre.
Um den BallbesucherInnen die Teilnahme zu ermöglichen, setzte die Polizei auf brutale Gewalt. In der Gegend um das Volkstheater wurden Schlagstöcke, Pfefferspray und Hundestaffeln gegen SitzblockiererInnen und DemonstrantInnen eingesetzt. In Folge dessen entwickelten sich immer wieder kleinere Ausschreitungen und Scharmützel, welche sich zusehends auch in die Seitenstraßen der Altstadt verlagerten. Hier kam es immer wieder zu Stein-, Flaschen- und Böllerwürfen auf Polizeikräfte, und es wurden kleinere Barrikaden gebaut.
Die Polizei versuchte ihre offenkundige Unkoordiniertheit mit Brutalität wett zu machen. Immer wieder stürmten Einheiten der WEGA (vergleichbar mit dem BFE beziehungsweise USK in Deutschland) schlagend, tretend und pöbelnd in die Menschenmenge und verletzte dabei einige Menschen, teilweise sogar bis zur Bewusstlosigkeit.
„Die Wiener Polizei hat dennoch nicht verhindern können, dass tausende Menschen auch außerhalb der genehmigten Kundgebungen durch Blockaden, Spontandemonstrationen und weitere kreative Aktionen effektiv gegen den Ball vorgegangen sind“, so Elisabeth Litwak, Pressesprecherin des NOWKR-Bündnisses.
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