Stuttgart. Stuttgart braucht eine Stadtplanung, die sich an den Interessen und Bedürfnissen der Gesellschaft orientiert, Schwächen und Missstände angeht und Menschen Perspektiven für ein gutes Leben bietet. Das fordern die TeilnehmerInnen eines Städtebausymposiums „Stuttgart für alle – wohin entwickelt sich unsere Stadt?“ am Freitag und Samstag, 3o. und 31. Januar, im Stuttgarter Rathaus. Eingeladen hatten Gegner von Stuttgart 21.
Die VeranstalterInnen klagen, dass vor allem mit dem Projekt Stuttgart 21 die gebaute Geschichte einer einzigartigen Großstadt verschwindet – einer Stadt, die umgeben ist von Wald und Weinbergen, die von ihrer Vielfalt lebt, die multikulturell ist und wirtschaftliche stark. Ihre Qualität sei jedoch nicht nur wegen der vielen Baustellen und der durch sie verstärkten Verkehrsprobleme akut bedroht.
Zu dem Symposium hatten die ArchitektInnen für K 21, das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 und die Ratsfraktion SÖS, Linke, PluS eingeladen. Es gab eine Ausstellung, eine Podiumsdiskussion, Vorträge und Workshops. In ihnen wurde unter anderem über Bürgerbeteiligung bei der Stadtentwicklung, über Urbanität und Mobilität, aber auch über Wohnungsknappheit, steigende Mieten und die Privatisierung des öffentlichen Raums diskutiert.
Bei der kulturellen Abschlussveranstaltung am Samstagnachmittag auf dem Stuttgarter Schillerplatz trat auch der Autor Joe Bauer auf. Musik machten Capella Rebella, Die Elf und die Akademische Betriebskapelle.
Die Erklärung der VeranstalterInnen:
Stuttgart 21: Fünf Jahre Stillstand für Stuttgart
Verkorkstes Projekt bringt Rückschritt und Lähmung für die RegionStuttgart, 1. Februar 2015: Mit einem verrückten Prellbock begann am 2.2.2010 die Misere: Bahnchef Grube verkündete öffentlichkeitswirksam den Baubeginn für S21 – und ruinierte mit schlecht geplanten Umbauten im Gleisvorfeld die bis dato tadellos pünktliche S-Bahn. Bis heute hat die Bahn AG keinen Plan, wie sie die Stuttgarter S-Bahnen wieder pünktlich und zuverlässig bis zu allen Endhaltestellen bringt. Gleichzeitig werden die offensichtlichen Planungsfehler und Pannen sowie die Zumutungen für die Stuttgarter Bevölkerung immer drastischer. Während die Bahn seit fünf Jahren Planungschaos und Unfähigkeit demonstriert, verfällt die Stadt mehr und mehr in Verwahrlosung und Schockstarre: Der politische Alltag wird von ‚Projektförderpflicht‘ und Bahn-Willkür geprägt, die Interessen der Bürger stehen hinten an, für Perspektiven und Visionen ist in Stuttgart kein Platz mehr.
„Fünf Jahre nach dem sogenannten Baustart ist das Scheitern von S21 an allen Ecken und Enden unübersehbar – nur die Politik will es nicht sehen“, sagt Matthias von Herrmann, Pressesprecher der Parkschützer. „Die Bahn demonstriert Unfähigkeit, verlangt immer neue Zugeständnisse, liefert nichts Brauchbares und unsere Politiker reagieren wie das Karnickel vor der Schlange. In seltsamer Lähmung verstecken Politiker sich hinter der ‚Projektförderpflicht‘ statt die Bahn in die Pflicht zu nehmen. Und vor lauter ‚Projektförderpflicht‘ vergisst die Politik, was Stuttgart eigentlich braucht: sanierte Schulen, saubere Luft, ein funktionierendes Verkehrskonzept, eine lebendige Innenstadt.“
Als Gegenpol zu dieser Lähmung fand am Wochenende im Stuttgarter Rathaus ein Symposium statt mit dem Titel: „Stuttgart für alle – Wohin entwickelt sich unsere Stadt?“. Dort haben Stuttgarter Architekten gezeigt, was Stuttgart braucht: Kriterien und Perspektiven für ein gutes Leben in Stuttgart. Stuttgart braucht Stadtplanung und -entwicklung, die sich an den Interessen und Bedürfnissen der Stuttgarter Gesellschaft orientiert, die die Stärken dieser Stadt erkennt und nutzt und die Schwächen und Missstände kreativ und entschlossen angeht.
Fünf Jahre nach dem sogenannten ‚Baubeginn‘ wird immer klarer, dass die Bahn nicht liefern kann, wozu sie sich vertraglich verpflichtet hat: Bereits im Sommer 2013 hätte der fertige Nesenbachdüker an die Stadt übergeben werden sollen; mit dem Bau ist bis heute nicht begonnen. Die Plan-Erörterung für den Filder-Abschnitt geriet zum Debakel, die Bahn hat keine genehmigungsfähige Planung für diesen Bereich. Den Brandschutz kann die Bahn nicht gewährleisten und inzwischen räumt die Bahn auch ganz offiziell ein, dass sie die im Finanzierungsvertrag zugesicherte Leistungsfähigkeit des geplanten Bahnhofs nicht erreichen kann – von der Finanzierung ganz zu schweigen. Doch die Politik reagiert auf diese Verstöße nicht: Finanzminister Nils Schmid überweist brav seine Raten auch ohne nutzbare Gegenleistung. Weder die S21-Verträge noch der Vertragspartner Bahn AG werden hinterfragt. Hier muss die Politik auf kommunaler Ebene und auf Landesebene umdenken!
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