Fellbach. „Ehre wem Ehre gebührt! Hindenburg und Heinkel gehört keine!“ – Der DGB Fellbach bleibt bei seiner Forderung, 100 Jahre nach dem Beginn des ersten und 75 Jahre nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs die Hindenburg- und die Ernst-Heinkel-Straße in der Stadt umzubenennen. Aus Sicht des DGB war es „schon etwas merkwürdig, was sich bei der öffentlichen Gemeinderatssitzung vollzog“, als über diesen Antrag diskutiert wurde (wir berichteten). Teilweise sei Geschichtsklitterung betrieben und seien Verbrechen relativiert worden.
Paul von Hindenburg sei Wegbereiter des Faschismus gewesen – keine Marionette, sondern ein bewusster Akteur. Den Flugzeugkonstrukteur Ernst Heinkel betrachtet der DGB aufgrund der vorliegenden Forschungsergebnisse als Hitlers Waffenschmied. In Henkels Werken seien Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge brutal behandelt worden.
Siehe dazu auch unseren Kommentar Wie wär’s mit einem Adolf-Hitler-Platz?
Wir dokumentieren die Erklärung des DGB im Wortlaut:
Ehre wem Ehre gebührt!
Hindenburg und Heinkel gehört keine!Der DGB-Ortsverband Fellbach hat anlässlich des Beginn 100 Jahre Erster Weltkrieg und 75 Jahre zweiter Weltkrieg die Stadt Fellbach und den Gemeinderat aufgefordert, die Hindenburg– und Ernst-Heinkel-Straße in Fellbach umzubenennen. Zur seitherigen Diskussion und der öffentlichen Gemeinderatssitzung erklärt der DGB-Ortsverband: Diese Forderung bleibt auf dem Tisch. Wir meinen Ehre wem Ehre gebührt. Hindenburg und Heinkel gehört die Ehre eines Straßennamens nicht! Warum?
Hindenburg war Wegbereiter des Faschismus. Er hat „Hitler bewusst zum Reichskanzler gemacht … die Reichsverfassung zwang den Reichspräsidenten keineswegs … er war frei in der Auswahl seines Kanzlers,“ so der Stuttgarter Historiker Dr. Wolfram Pyta, Professor für neuere Geschichte an der Uni Stuttgart. In seiner tausendseitigen Biographie über Hindenburg weist er detailliert nach, „Hindenburg war nie eine Marionette.“ Das Ermächtigungsgesetz das er unterzeichnete, Parteienverbote, die Zerschlagung der Gewerkschaften und Entmachtung des Reichstags, die Vorbereitung eines Angriffskrieges, waren ganz in seinem Sinne. Als Chef der obersten Heeresleitung, war er der höchstgestellte Militär im imperialistischen Krieg. Unter seinem Kommando mussten noch im März 1918 die deutschen Soldaten zur letzten Großoffensive auf französischem Boden antreten. Ergebnis mehrere hunderttausend Tote auf beiden Seiten. Er tat alles um den bereits verlorenen Krieg unnötig zu verlängern
Heinkel war Hitlers Flugzeugkonstrukteur, Wehrwirtschaftsführer, skrupelloser „Profiteur des Holocaust.“ Im eigenen KZ beutete er in großen Umfang KZ-Häftlinge aus. Bei vielen führte dies bis zu ihrem Tode oder sie wurden erschossen.
Angesichts solcher und der sehr aufschlussreichen Unterlagen von Stadtarchivar Herrn Beckmann war es schon etwas merkwürdig, was sich bei der öffentlichen Gemeinderatssitzung vollzog. Wie teilweise Geschichtsklitterung betrieben und Verbrechen relativiert wurden. Das fing beim Referenten Herr Schnabel an und wurde von den Fraktionsvorsitzenden der CDU Herr Spieth und Herrn Lenk FW/FD auf die Spitze getrieben. Geradezu bestürzend war die Fragestellung von Herrn Spieth über die brutale Behandlung von Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen in den Heinkel-Werken. „Was wäre mit den Menschen passiert, wenn sie nicht bei Heinkel gearbeitet hätten. Wäre es ihnen vielleicht noch schlechter ergangen“? Seine Konsequenz daraus, er zog den CDU-Antrag zur Umbenennung der Ernst-Heinkel-Straße zurück.
Herr Lenk Fraktionsvorsitzender FW/FD wollte da nicht nachstehen. Er vertiefte seine wenige Tage vor der Gemeinderatssitzung in der FZ veröffentlichte Stellungnahme und verglich die Forderung gar mit „Bilderstürmerei.“ Beide sprachen sich für die Beibehaltung dieser unsäglichen Straßennamen aus.
Auffallend waren Floskeln wie „jeder Mensch hat gute und schlechte Seiten.“ Oder jeder solle selbst prüfen wie er sich damals verhalten hätte. Harald Raß von der SPD stellte dazu fest: Eine solche Diskussion helfe nicht weiter und führe vom Thema weg. In der Tat: Es geht nicht um Gut und Böse. Nicht darum, wie sich der Einzelne oder die vielen Mitläufer verhalten haben oder wie wir uns verhalten hätten. Es geht um die Umbenennung von Straßen von führenden Kriegstreibern, Wegbereitern des Faschismus und Vollstrecker faschistischer Verbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Der Fraktionsvorsitzende der SPD Andreas Möhlmann distanzierte sich von den Aussagen von den Herren Spieth und Lenk. Die SPD würde einer Umbenennung offen gegenüber stehen. Er unterbreitete den Vorschlag, dieses Thema in den Geschichtsunterricht der Fellbacher Schulen zu transportieren. Der DGB-Fellbach begrüßt und unterstützt diese Forderung, ist jedoch der Meinung, dies darf aber nicht im Gegensatz zur Umbenennung stehen. Klar und eindeutig für eine Umbenennung sprachen sich Sebastian Bürkle von der SPD und Karl Würz Bündnis 90/Die Grünen aus. Es ist zu hoffen, dass sich die Fraktionen der SPD und der Grünen dieser eindeutigen Positionierung anschließen.
Der DGB-Fellbach fordert den Gemeinderat auf, seiner Verantwortung gerecht zu werden und die Ehrung von Hindenburg und Heinkel durch Umbenennung der beiden Straßen zu beenden. Damit würden wir uns am besten unserer Geschichte stellen. Was in anderen
Städten und Gemeinden schon möglich war, warum sollte das in Fellbach nicht Wirklichkeit werden. Dies täte dem Ansehen der Stadt Fellbach gut.
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