Von Lars Singert – Villingen. Pegida gibt es jetzt auch im Südwesten: Unter „SBH-Gida“ – das SBH steht für Schwarzwald-Baar-Kreis – versammelten sich am Montag, 2. März, zum dritten Mal knapp 100 angeblich besorgte BürgerInnen auf dem Villinger Münsterplatz. Der Clou: Mussten die selben NPD-Leute am Samstag bei einer NPD-Demo in Singen (wir berichteten) noch in einem kleinen Haufen von 30 Menschen ihre menschenverachtend-faschistische Propaganda kundtun, konnten sie das bei „SBH-Gida“ in einem drei Mal so großen Kreis von Teilnehmern.
Von einer „bürgerlichen Bewegung“ ohne rechtsradikalem Einschlag kann keine Rede mehr sein. So sah man den bekannten Neonazi Ralph Kästner aus St. Georgen (Freie Kräfte SBH) eine Ordnerbinde tragen, und Tim Belz, NPD-Vorsitzender im Kreis Bodensee und dort auch Bundestagskandidat, gab den Ordnern und Technik-Leuten Anweisungen.
Auch der rechtspopulistisch-identitäre Hetz-Blog „PI-News“ war mit einem Banner vertreten. Auf dessen Internetseite wurde schon lange vor Pegida die Mär von der Islamisierung Europas verbreitet. Auch vor dem „linksfaschistischen Genderwahn“ wird dort gewarnt, außerdem der Klimawandel bestritten und die gesamte Presselandschaft – mit Ausnahme des Blogs selbst und der „Jungen Freiheit“ – als „Lügenpresse“ bezeichnet.
„Lügenpresse“ schallt es auch immer wieder über den Villinger Münsterplatz. So hielten sich die Pressevertreter möglichst nahe den Absperrungsgittern und Polizisten. Immerhin erklärt einer der Redner, dass der einzelne Journalist auch nur Opfer seiner Chefredaktion und des Systems im Allgemeinen sei und nur nicht genügend Mut besitze, sich „dem Gutmenschentum“ zu verweigern.
Am verwirrtesten in der ganzen Ansammlung erschien aber ein Mann mit Israelflagge, der die vorigen beiden Male ebenfalls schon da war. Der Islam in seiner radikalsten Auslegung sei antisemitisch – aber das treffe auf das Christentum ebenfalls zu. Die Solidarisierung mit den in der NPD versammelten Nachfolgern der Täterpartei von Shoa und Holocaust lässt sich nur mit einem fatalen Mix aus Sturheit und Dummheit erklären. Geschichtsrevisionismus ist auch, wenn man einfach nicht genau hinsehen will.
Zum ersten Mal hatte sich „SBH-Gida“ mit Rechtspopulisten aus den Grenzregionen Österreichs und der Schweiz verbündet, um als „Pegida Dreiländereck“ aufzutreten. Dennoch konnte die Teilnehmerzahl nicht gesteigert worden. Vielleicht war dies aber auch einfach nur dem Winterwetter geschuldet.
Das gilt wohl auch für die immer kleiner werdende Bewegung „NO-Pegida in VS“, die ihre Gegenkundgebung ein paar hundert Meter vom Münsterplatz entfernt abhielt: Trotz dem Vermeiden der „direkten Konfrontation“ nahm ihre Teilnehmerzahl von 800 bei der ersten „SBH-Gida“-Veranstaltung auf vielleicht 200 bei der dritten, vergangenen Kundgebung ab. Allzu lang hält diese Art des „bürgerlichen Antirassismus aus der Mitte der Gesellschaft“ offenbar nicht an.
Konstruktiver verlief die Kundgebung des Offenen Antifaschistischen Treffens VS: Dank den Sprechchören der dieses Mal rund 120 antifaschistischen AktivistInnen hatten es die „SBH-Gida“-Anhänger schon wie die Male davor schwer, dem eigenen Redner zu folgen. Auch die Polizei sah sich aufgrund des antifaschistischen Gegenprotestes genötigt, den Münsterplatz abzuriegeln. Passanten mussten so einen Umweg von drei, vier Minuten in Kauf nehmen – und blieben von rassistischen Hetzparolen verschont.
Nachstehende Bilder zeigen die Kundgebung von Pegida
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