Von Colin Derks – Karlsruhe. In Karlsruhe gab es am Dienstag, 3. März, den zweiten so sogenannten „Spaziergang“ von KARGIDA („Karlsruher gegen die Islamisierung des Abendlandes“). Nur unter Anwendung massiver Gewalt gelang es der Polizei, den Aufzug durchzusetzen.
Rund 200 Teilnehmer, vornehmlich rechte Hooligans aus dem HoGeSa-Umfeld, Neonazis, Mitglieder der AfD und NPD, der Parteien „Die Rechte“ und „Die Freiheit“, „PI News“ und einige Rentner fanden sich am frühen Abend auf dem Stephanplatz in der Karlsruher Innenstadt ein. Dort hielt unter anderen Ester Seitz aus München (BAGIDA) eine recht wirre Gastrede.
Breit aufgestellter Gegenprotest
Etwa 800 Menschen folgten dem Aufruf eines breiten Bündnisses und fanden sich auf dem nahegelegenen Europaplatz zur Gegenkundgebung ein. Dort wurde in verschiedenen Reden klar Position gegen PEGIDA, Fremdenhass, Rassismus und für die Rechte von Flüchtlingen bezogen. Nach Ende der Kundgebung zog ein Großteil der GegendemonstrantInnen zum Stephanplatz und sorgte mit lauten Sprechchören und Trommeln für akustischen Gegenwind. Etwa 150 AntifaschistInnen versuchten, die Hamburger Gitter zu überwinden, was allerdings im Keim von den massiv auftretenden Polizeikräften verhindert wurde.
Der KARGIDA-„Spaziergang“ setzte sich über die Amalienstraße mit Parolen wie „Wir sind das Volk“, „Ob Ost, ob West – nieder mit der roten Pest“, lustigerweise aber auch „Nazis raus“, in Richtung Kaiserplatz in Bewegung. Gleichzeitig versuchte ein Großteil der GegendemonstrantInnen, im Sprint über die parallel verlaufende Kaiserstraße in deren Nähe zu gelangen. Nach wenigen hundert Metern wurden diese jedoch von heranstürmenden BFE-Einheiten und einer Barriere aus Polizeifahrzeugen gestoppt.
„Du gehst mir sowas von auf’n Sack, ey!“
Vermummte Beamte der BFE Bruchsal versuchten an dieser Stelle, anwesende Pressevertreter durch die Androhung von Gewalt und Platzverweisen einzuschüchtern und zu vertreiben. Als Grund nannte der Beamte: „Du gehst mir sowas von auf’n Sack, ey! Halt jetzt die Fresse und verzieh dich!“.
Rund um den Kaiserplatz kam es zu ersten Scharmützeln mit der Polizei, nachdem diese immer wieder auf AntifaschistInnen losstürmte und dabei Menschen überrannte. Aus einer Gruppe GegendemonstrantInnen wurden als Reaktion Steine und eine Rauchpatrone geworfen.
Massive Polizeigewalt
Im weiteren Verlauf der KARGIDA-Demonstration kam es an der Ecke Kaiserstraße/Hirschstraße erneut zu Konfrontationen mit der Polizei, als GegendemonstrantInnen die rechten Demoteilnehmer mit einem Hagel aus Steinen und rohen Eiern eindeckten. BFE-Einheiten stürmten immer wieder in die Menge und prügelten wild um sich. Dabei wurde einem jungen Aktivisten mindestens ein Zahn ausgeschlagen. Noch während er sich in der Erstbehandlung durch einen Demosanitäter befand, wurde er unter massiver Gewaltanwendung festgenommen.
Lena Schmidt, Pressesprecherin der Sanitätsgruppe Süd-West fasste die Vorkommnisse zusammen: „Es wurde heute von der Polizei in außergewöhnlich eskalierender Weise vorgegangen. Die Behandlung eines Patienten wurde durch die Polizei in brutaler Art unterbrochen, der Sanitäter zur Seite gestoßen und später verhaftet. Der Patient mit Gesichtsverletzungen durch Polizeieinwirkung wird wohl bleibende Schäden zurück behalten. Insgesamt wurden 4 Verletzte behandelt. Aufgrund der schwere der Verletzungen und der zeitweisen Verhaftung waren die Sanitätskräfte lange gebunden, sodass von einer viel höheren Dunkelziffer auszugehen ist. Wir verurteilen das Vorgehen der Polizei aufs Schärfste.“
Im weiteren Verlauf des Abends – KARGIDA hatte inzwischen wieder den Stephanplatz erreicht, wo sie ihre Abschlusskundgebung abhielten – kam es immer wieder zu massiven, gewalttätigen Übergriffen vermummter Polizeieinheiten auf GegendemonstrantInnen und auch auf einen Pressevertreter, der durch einen Faustschlag leicht im Gesicht verletzt wurde.
Nach Auflösung der KARGIDA-Kundgebung kam es auf dem Europaplatz zu Konfrontationen zwischen rechten Hooligans und TeilnehmerInnen der Gegenkundgebung, in deren Verlauf mehrere Personen festgenommen wurden, unter anderem Grünen-Politiker Jörg Rupp.
Ein Pressesprecher der Polizei ließ in einem Interview (http://www.ka-news.de/region/karlsruhe/Karlsruhe~/Kritik-am-Pegida-Einsatz-Das-sagt-die-Karlsruher-Polizei-zu-den-Vorwuerfen;art6066,1591460) verlauten, dass „das Konzept der Polizei jederzeit deeskalierend“ gewesen sei. Wo genau diese „Deeskalation“ an diesem Abend stattfand, bleibt jedoch sein Geheimnis.
Bereits für nächsten Dienstag, den 10. März, wird zu einer dritten Auflage von KARGIDA mobilisiert. Auch wir werden wieder vor Ort sein und berichten.
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