Von Colin Derks – Karlsruhe. Zum dritten Mal fand am Dienstag, 10. März, der inzwischen wöchentliche Aufmarsch von KARGIDA („Karlsruher gegen die Islamisierung des Abendlandes“) in Karlsruhe statt. Wie auch in den Wochen zuvor setzte die Polizei diese Demo aus Neonazis, Rassisten und selbsternannten „besorgten Bürgern“ mit einem Großaufgebot, Pfefferspray und Faustschlägen gegen den Widerstand hunderter AntifaschistInnen durch.
Blockadeversuche von AntifaschistInnen
Gegen 16.45 Uhr blockierten rund 35 AntifaschistInnen den Stephanplatz mit einer Sitzblockade und verzögerten damit den Aufbau der rechten Kundgebung. Nach etwa einer Stunde und der zweiten Räumungsaufforderung durch die Polizei haben die Linken den Platz selbst verlassen.
Zeitgleich versammelten sich auf dem Europaplatz mehrere hundert Menschen auf der Kundgebung des Karlsruher „Netzwerkes gegen rechts“, von wo aus nach mehreren Redebeiträgen viele GegendemonstrantInnen zum Stephanplatz strömten. Von dort aus gelang es auch rund 40 AntifaschistInnen, auf die Route der rechten Demonstration durchzubrechen und diese kurzzeitig zu blockieren. Auch diese Blockade wurde aufgrund der vorherrschenden Polizeiübermacht nach der zweiten Räumungsaufforderung verlassen.
Mehrere hundert AntifaschistInnen versuchten im Anschluss, in Sicht- und Hörweite der abgeriegelten Demoroute zu gelangen. In der Leopoldstraße setzte die Polizei an den Absperrungen massiv Pfefferspray und Schlagstöcke gegen die Menschenmenge ein. Auch Pressevertreter wurden gezielt mit Pfefferspray attackiert. Die DemonstrationsteilnehmerInnen skandierten mehrfach lautstark: „Pressefreiheit“. Mehrere Menschen wurden bei dieser Polizeiaktion leicht verletzt.
Der Fokus der GegendemonstrantInnen lag nun auf den Kaiserplatz, wo es gelang, eine Polizeikette zu umfließen und so zu einer angemeldeten Mahnwache des „Antifaschistischen Aktionsbündnisses Karlsruhe (AAKA)“ zu gelangen. Beamte der BFE (Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit) ließen AktivistInnen zunächst nicht zu einem angemeldeten Kundgebungsplatz. Dies ist nach geltendem Versammlungsrecht unzulässig. Auf die Frage nach dem ranghöchsten Beamten vor Ort wurde mit Ausflüchten geantwortet. Nach kurzer Diskussion gab ein Beamter an, er sei der Ranghöchste. Trotz Nachfrage und obwohl dies seine Pflicht gewesen wäre, weigerte er sich, seinen Namen zu nennen.
Gezielte Pressebehinderungen
Zwei Fotografen der Beobachter News wurden aus den Reihen der Beamten mehrfach grundlos weggestoßen. Die Journalisten forderten die Beamten auf, sie nicht anzufassen. Daraufhin erfolgte aus der zweiten Polizeireihe ein gezielter Tritt gegen das Knie eines BN-Fotografen. Der Beamte wurde sofort von seinen Kollegen abgeschirmt und verschwand in der Menge.
Weniger Teilnehmer bei KARGIDA und eine kürzere Route
Nur etwa 150 TeilnehmerInnen fanden sich am frühen Abend auf dem Stephanplatz zur Kundgebung von KARGIDA ein. Damit schrumpfte die Teilnehmerzahl erstmals im Vergleich zu den beiden vergangenen „Spaziergängen“. Grund hierfür dürften die teilweise heftigen Auseinandersetzungen am Rande der Demo am 3. März, sowie halb-interne Diskussionen über die Teilnahme von NPD-Mitgliedern sein. Diese wurden in der Facebook-Veranstaltung explizit ausgeladen – nachdem dies jedoch auf Unmut anderer KARIDA-Teilnehmer stieß, wurde dieser Ausschluss später wieder revidiert. Stattdessen wurde sich diffus „gegen Rechtsfaschismus“ ausgesprochen.
- Screenshot Facebookseite von PEGIDA KA (1)
- Screenshot Facebookseite von PEGIDA KA (2)
Trotz dessen fanden sich, wie in den vergangenen Wochen auch, erneut viele rechte Hooligans, Neonazis, Mitglieder der NPD, „PI-News“ und der „German Defense League“ ein. Als Gastredner trat dieses Mal Michael Stürzenberger, Bundesvorsitzender der rechtspopulistischen Partei „Die Freiheit“ aus München auf, welcher in seiner Rede gegen „Linksfaschisten“ und Muslime hetzte.
Von Woche zu Woche schrumpft die Aufmarschroute von KARGIDA weiter. Konnten sie beim ersten Mal noch vom Stephanplatz durch die Fußgängerzone bis zum Karlsruher Schloss marschieren, waren dieses Mal nur wenige hundert Meter auf der relativ unbedeutenden Amalienstraße drin. Am Kaiserplatz angekommen, mussten sie auch schon wieder umkehren und zum Stephanplatz „spazieren“, wo die Abschlusskundgebung stattfand. Von dort aus wurde ein Großteil der rechten Teilnehmer mit Sonderbussen unter anderem zum Hauptbahnhof eskortiert.
Auch etwa 200 AntifaschistInnen gelangten in einer spontanen Demonstration zum Hauptbahnhof, wo sie mehreren hundert PolizistInnen gegenüber standen. Hier kam es zu kleineren Scharmützeln, als Polizeitrupps in die Menge eindrangen und gezielt Menschen herausgriffen und festnahmen.
Insgesamt kam es an diesem Tag zu mindestens sieben verletzten DemonstrantInnen, die durch DemosanitäterInnen vor Ort versorgt werden konnten, und drei Festnahmen.
KARGIDA – war’s das bald?
Aufgrund der kontinuierlichen und entschlossenen antifaschistischen Proteste konnte die Attraktivität von KARGIDA weiter gesenkt werden. Erstmals nahmen weniger Menschen an diesem „Spaziergang“ teil, die Route wurde fast auf ein Minimum gekürzt und auch die weiterhin offene Teilnahme von bekannten Nazihooligans und NPD-Kadern könnte mit dafür Sorge tragen, dass sich der Spuk innerhalb der nächsten Wochen auflösen könnte. Da helfen auch noch so viele „Wir sind das Volk“-Parolen nichts.
Der nächste KARGIDA-Spaziergang soll schon am 23. März 2015 stattfinden. Auch wir werden selbstverständlich wieder vor Ort sein und berichten.
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