Von unseren Reportern – Kaiserslautern. Ein machtvoller Aufmarsch sieht anders aus: Nur ungefähr 35 NPD-Anhänger folgten am Samstag, 14. März, dem Ruf nach Kaiserslautern. Dagegen waren dem Bündnis „Lautern blockiert“ zufolge 300 bis 350 GegendemonstrantInnen vor Ort. Nach seinen Angaben sind dreißig AntifaschistInnen in der Nähe eines Flüchtlingsheims von Nazi-Anwohnern aus einem Hinterhof heraus mit Eisenstangen, Baseballschlägern und Knüppeln angegriffen worden, wobei auch eine Bierbank in Richtung der NazigegnerInnen flog. Nach unseren Informationen wurde eine Frau durch einen Schlag mit einer Eisenstange am Rücken verletzt und musste ins Krankenhaus.
Die Sanitätsgruppe Süd-West teilte mit, dass es bei dem Zwischenfall weitere Verletzte gab, die zum Teil im Krankenhaus behandelt werden mussten. Der Demosanitätsdienst versorgte am Samstag insgesamt sechs Patienten. Ein Nazigegner wurde von der Polizei mit einem Schlagstock am Ellenbogen verletzt. Die Demosanitäter zogen dennoch eine positive Bilanz: „Auch die Zusammenarbeit mit dem öffentlichen Rettungsdienst war professionell und klappte reibungslos“, heißt es in ihrer Erklärung.
- Demosanitäter versorgen eine durch einen Polizeischlagstock verletzten Antifaschisten
- Die Kennnummer des vursachenden Polizeibeamten
Verrosteter Bus als NPD-Lautsprecherwagen
Das Springer-Blatt „Welt“ berichtete, dass sich die Polizei von der Baseballschläger-Truppe aus dem Hinterhof selbst angegriffen fühlte. Dabei sei den Beamten nicht klar gewesen, „ob der Angriff am Rande der NPD-Kundgebungen oder der Gegendemo passierte“. Auf jeden Fall griffen die Einsatzkräfte zu Schlagstock und Pfefferspray und kesselten die AntifaschistInnen ein. Die Beamten stellten die Personalien der Eingekesselten fest und erteilten ihnen Platzverweise. Mit „Hitlergrüßen“ von Anwohnern hatten die Polizeibeamten augenscheinlich keine Probleme.
Die Teilnehmer der NPD-Demonstration waren nach den Beobachtungen unserer Reporter zum Teil dieselben wie vor kurzem in Singen (siehe „Protest gegen Nazis aus nächster Nähe“). Es wurde auch derselbe verrostete VW-Bus als Lautsprecherwagen eingesetzt, und ein NPD-Mann mit charakteristisch rasierter Augenbraue trat erneut auf.
Nur drei Nazis am angeblichen Aufmarschort
Das zivilgesellschaftliche Bündnis „Kaiserslautern gegen Rechts“ begann um 11 Uhr mit einer Kundgebung auf dem Schillerplatz, an der sich rund 200 NazigegnerInnen beteiligten. Ungefähr achtzig von ihnen schlossen sich an, als dreißig bis vierzig AntifaschistInnen in einer Spontandemo vorbeizogen.
Die NPD-Kundgebung war für 13 Uhr am Mainzer Tor (Kaiserbrunnen) angekündigt. Die Hauptzugangsstraße wurde von etwa 160 AntifaschistInnen blockiert. Auf dem
Kundgebungsplatz der Nazis fanden sich jedoch höchstens drei NPD-Anhänger ein – offenbar eine Finte. Die GegendemonstrantInnen bildeten eine Spontandemo zur Friedenstraße, wo die NPD ihre Kundgebung unter dem Motto „Frieden, Freiheit und Souveränität“ abhielt. Es sprach unter anderen Sven Lobeck vom NPD-Kreisverband Mittelrhein zum Thema „Nationalismus ist Notwehr“. Die Polizei riegelte den Kundgebungsplatz ab, verwendete aber keine Hamburger Gitter. Die NazigegnerInnen liefen über die Nordbahnstraße in Richtung der Nazikundgebung. 30 Meter vor Erreichen der Friedenstraße wurde der Demonstrationszug jedoch von Polizeikräften gestoppt. Der Protest konnte somit nicht in Hör- und Sichtweite zu den NPD-Faschisten stattfinden. Zwischen beiden Lagern lagen insgesamt ungefähr 130 Meter.
Polizei behindert Pressearbeit
Die NazigegnerInnen versuchten, in einer spontanen Demonstration auf die Aufmarschroute der NPD-Anhänger zu gelangen. Es kam zu Festnahmen. Beamte versuchten, unsere Fotografen daran zu hindern, eine besonders brutale Polizeiaktion zu dokumentieren. Ein Polizist verdeckte die Nummer, die er an seiner Uniform trug, weil in Rheinland-Pfalz die Kennzeichnungspflicht gilt. Über die Aufforderung, die Nummer zu zeigen, weigerte sich der Beamte, duzte unseren Berichterstatter und fasste in seine Kamera.
In einer ähnlichen Situation fand sich kurz darauf ein anderer Reporter der Beobachter News. Zunächst schlichtete ein Kollege des Polizisten, der ihn behindert hatte. Doch als sich wenige Minuten später eine Spontandemo bildete, die unser Fotograf dokumentieren wollte, kam der Polizist von hinten und drückte ihn – sinngemäß mit den Worten „jetzt ist Schluss“ – gegen eine Hecke. Es war derselbe Beamte, wie bei der ersten Pressebehinderungsaktion. Allerdings dokumentierte unser „Undercover-Fotograf“ unmittelbar danach die Kennzeichnungsnummer des Beamten, der offensichtlich einen Nachhilfebedarf in Sachen Presserecht notwendig hat.
Die Route der NPD führte einige hundert Meter die Friedenstraße entlang und nach einer Zwischenkundgebung auf demselben Weg wieder zurück. Auch wegen des lautstarken Protests blieb die Demonstration praktisch ohne Außenwirkung. MigrantInnen aus dem Viertel applaudierten den AntifaschistInnen. Doch es waren auch Hakenkreuze an einige Gebäude geschmiert, und aus einer Parallelstraße erfolgte der Baseballschläger-Angriff.
Auf dem Rückweg überquerte der Demonstrationszug der Nazi-GegnerInnen den Mainzer Platz als ursprünglich vorgesehenem Versammlungsort, den die NPD jedoch nicht nutzen konnte – ein symbolischer Erfolg. Am Versammlungsplatz von „Kaiserslautern gegen Rechts“ löste sich die Gegendemo auf.
Bündnis „Lautern blockiert“: Verhalten der Polizei illegitim
Die Polizei musste am Samstag mit Hilfe von Kräften aus anderen Teilen von Rheinland-Pfalz und dem Saarland neben der Nazi-Kundgebung und der Gegendemo auch das Zweitligaspiel zwischen dem 1. FC Kaiserslautern und dem 1. FC Nürnberg absichern.
Das Bündnis „Lautern blockiert“ macht den Beamten schwere Vorwürfe. „Aus unserer Sicht war das Verhalten der Polizei völlig illegitim und diente in erster Linie dazu, die Veranstaltung der Nazis zu garantieren und linke GegendemonstrantInnen zu kriminalisieren. Unser Protest gegen die Rassisten ist zu jeder Zeit völlig berechtigt und notwendig“, heißt es in einer Erklärung: „Wir lassen uns weder einschüchtern noch entmutigen noch davon abbringen, für eine Gesellschaft, die frei von Rassismus und Faschismus ist, zu kämpfen – wenn nötig auch mit Blockaden.“
Bilder von der oben angesprochenen brutalen Polizeiaktion
Weitere Bilder des Tages
- Auftaktkundgebung Schillerplatz
- Blockade vor dem Kaiserbrunnen-Zugang
- Die drei Damen waren immer an vorderster Protestfront
- Neben einer Blockade sind die drei Damen wieder aktiv
- Hakenkreuze stören hier offensichtlich niemanden
- … sitzen sie in der ersten Reihe
- „Vorgartenidylle“
- Jagdszenen
- Den ganzen Tag über im Einsatz
- Polizei behindert Presse
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