Kommentar von Angela Berger – Stuttgart. Das neue EZB-Gebäude in Frankfurt wurde am Mittwoch unter starken Protesten eröffnet. Zwölf Jahre wurde an dem Prachtbau gebaut. Er kostete 1,2 Milliarden Euro – fast ein Drittel mehr als geplant. Einsam steht er in einem Stadtteil von Frankfurt und reckt sich wie ein Mittelfinger in die Luft. Die Symbolik ist nicht zu übersehen. Dazu passt, wie die Eröffnung von statten ging: Ebenso abgeschottet, im sicheren Glashaus nur für 100 geladene Gäste und ausgesuchte Journalisten. Sie wurden mit Polizeieskorte über die gesperrte Autobahn zu den Feierlichkeiten geleitet. Dass dies die Wut vieler auf sich zog, wunderte die Herren. So wie die Gewalt, die von einem Teil der Proteste ausging. Mich wunderte sie nicht.
Wer im normalen Alltag lebt und die zunehmende Verarmung der Menschen sieht, kann sich gar nicht wundern. Doch für die Herren und einzelnen Damen in den Vorstandsetagen und in der Politik ist die Welt, ist das reale Leben in Europa weit weg.
Die Märkte werden vor den Mensch gestellt. Der tägliche Kampf wird immer härter. Tausende Europäer versuchen, den Kopf über Wasser zu halten, und schaffen es oft nicht. Täglich gibt es Zwangsenteignungen, und die Suppenküchen sprießen aus dem Boden. Die Kindersterblichkeit steigt rasant an, weil die Gesundheitsversorgung nicht mehr gewährleistet ist. Aber hey, der Dax hatte einen Höchststand, das könnte doch die Menschen erfreuen in Europa!
Es wird uns erzählt, wir müssten uns nur bemühen, dann fänden wir auch Arbeit und hätten Erfolg. So viel Zynismus macht wütend und entlädt sich auch manchmal in aggressivem Protest. Ob der immer zielführend ist und wir so etwas erreichen, das mag sich jeder selber überlegen. Am Römer in Frankfurt standen viele Menschen, die sich ein anderes Europa wünschen. Eine Welt der Gerechtigkeit und des Miteinanders.
Der Wahlsieg der Syriza in Griechenland und der Linken in Thüringen oder die Umfragewerte der Podemos in Spanien lassen so manchen neoliberalen Wirtschaftsboss nachts nicht mehr ruhig schlafen. Da kamen die Bilder aus Frankfurt gerade recht. Die entladene Wut, die brennenden Barrikaden und Autos waren ein gefundenes Fressen für die Springerpresse, um mit erhobenem Zeigefinger zu sagen: „So nicht!“
Doch wie sonst? Solange die europäische Politik nur an der Rettung von Banken und nicht an der Rettung der Menschen interessiert ist, wird es Widerstand gegen diese Politik geben. Solange Politiker wie Marionetten der Wirtschaft dienen und völlig vergessen, wem sie ihre Ämter verdanken und wozu sie gewählt wurden, wird es keine Ruhe in Europa geben.
Es wird Zeit für sie, aus den Elfenbeintürmen zu kommen und Politik für die Menschen zu machen. Ohne Nationalismus, ohne Rassismus und gemeinsam für die Menschen, denen dieses Europa einmal Hoffnung war.
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