Stuttgart. Die Gedenkstätte an das Massaker der Waffen-SS am 12. August 1944 in Sant’Anna di Stazzema in der Toskana ist durch einen Sturm schwer beschädigt worden. Für den Wiederaufbau werden ungefähr 500 000 Euro benötigt. Auch die Stuttgarter AnStifter bitten um Spenden. Am Montag, 20. April, ist im Theaterhaus Stuttgart von 19.30 Uhr an ein Benefizkonzert des Schellberg-Trios mit Rike Kohlhepp für Sant‘ Anna di Stazzema geplant.
Sant’Anna di Stazzema war nach einem verheerenden Unwetter am 5. März 2015 über zwei Wochen von der Außenwelt abgeschnitten. Umgestürzte Bäume hatten die mehrere Kilometer lange Zufahrt blockiert und Strom- und Telefonleitungen zerstört. Auch bestand die Gefahr von Erdrutschen nach den heftigen Niederschlägen. Nur über einen Notkorridor waren Versorgungstransporte und die Anlieferung eines Generators zur Notstromversorgung möglich.
Schwere Sturmschäden
In Sant’Anna di Stazzema, Ort des Gedenkens an das Massaker der Waffen-SS am 12. August 1944 in der Toskana, sind nach Angaben der Gemeinde Stazzema Schäden von etwa 500 000 Euro entstanden: am Museum, dem Friedenspark mit Kreuzweg, Ossario, Denkmal und der Tafel mit den Namen der Opfer. Außerdem an der Kirche und den Anlagen des Kirchplatzes, des Hauptortes des Massakers von 1944, sowie an der Cappellina auf der Piazza Anna Pardini.
Die Kapelle sollte eigentlich nach ihrer Restaurierung Anfang März eingeweiht werden. Auch eine Delegation der Stuttgarter AnStifter wollte dazu nach Sant’Anna reisen. Nun fegte der Sturm das Dach von der Kapelle herunter und erzwang so eine Verschiebung der Zeremonie.
Der Bürgermeister von Stazzema, Maurizio Verona, habe einen dramatischen Appell an die Verantwortlichen in der Politik und an alle Menschen guten Willens in der Region Toskana, in Rom, in ganz Italien und vor allem in Deutschland gerichtet, berichten die Anstifter: „SALVIAMO IL PARCO NAZIONALE DELLA PACE DI SANT’ANNA DI STAZZEMA“ – „Retten wir den nationalen Friedenspark von Sant’Anna di Stazzema!“
Appell an den Bundespräsidenten
Die Stuttgarter AnStifter-Initiative Sant’Anna di Stazzema schließt sich diesem Aufruf an und ruft ihrerseits zu Spenden auf. Sie appelliert überdies an den Bundespräsidenten Joachim Gauck, Außenminister Frankk-Walter Steinmeier als Vertreter der Bundesregierung und an weitere Institutionen, ihre Verantwortung wahrzunehmen und der Gemeinde Stazzema Sondermittel zum Wiederaufbau der Gedenkstätte zur Verfügung zu stellen. Gauck und Steinmeier hatten im letzten Jahr Stätten der Erinnerung an von Deutschen begangene Verbechen in der Region besucht – der Bundespräsident im März Sant’Anna, der Außenminister im Juni Civitella.
Auch die Associazione Martiri di Sant’Anna, der Opferverband von Sant’Anna, dem Enrico Pieri als Präsident vorsteht, benötigt nach Angaben der Anstifter für ihren Anteil am Wiederaufbau dringend Mittel. „Wir rufen dazu auf, für den Wiederaubau der Gedenkstätte und für die Fortsetzung der wichtigen Erinnerungsarbeit zu spenden. Jeder auch noch so kleine Beitrag ist willkommen“, so die Anstifter.
Für den 25. April 2015 ist die verschobene Wiedereinweihung der mit Unterstützung der AnStifter restaurierten Cappellina auf der Piazza Anna Pardini geplant. Sie wollen mit einer Delegation vertreten sein und den bis dahin eingegangenen Spendenbetrag direkt übergeben.
Spenden bitte auf das Konto der AnStifter:
IBAN: DE31 4306 0967 7000 5827 01
BIC: GENODEM1GLS
Bank: GLS-Bank
Verwendungszweck: Sant‘ Anna
Weitere Infos zur Zahlweise und zu Spendenbescheinigungen auf der Website der AnStifter
Information zur AnStifter-Initiative Sant’Anna:
Die Stuttgarter „AnStifter-Initiative Sant’Anna“ hat sich im Oktober 2012 konstituiert, nachdem die Staatsanwaltschaft Stuttgart Ende September das Ermittlungsverfahren gegen die mutmaßlichen Täter von Sant’Anna di Stazzema eingestellt hatte. Sie drückte die Empörung vieler Bürgerinnen und Bürger darüber aus, dass die Ermittlungen über ein Jahrzehnt hin verschleppt worden waren und dass die Begründung der Staatsanwaltschaft eine Fülle von Fehlern und anmaßenden Einschätzungen enthielt. Und sie bekundete den Überlebenden und Opferangehörigen ihre Unterstützung durch eine Solidaritätserklärung, durch Geldspenden, Mahnwachen und Besuche. Dadurch haben sich im Lauf der Jahre intensive freundschaftliche Beziehungen entwickelt.
Insbesondere haben die Anstifter den Nebenkläger Enrico Pieri,den Präsidenten des Opferverbands Sant’Anna, sowohl vor Ort in Stuttgart als auch auf dem mühsamen juristischen Weg durch die Instanzen gegen die Verfahrenseinstellung begleitet. Immerhin konnte ein Teilerfolg im Klageerzwingungsverfahren gegen die Stuttgarter Staatsanwaltschaft erzielt werden: Das Oberlandesgericht Karlsruhe hob im August 2014 die Einstellungsverfügung der Stuttgarter Staatsanwaltschaft und die Bestätigung durch den Generalstaatsanwalt in Bezug auf einen Beschuldigten auf. Das Gericht zerpflückte die Argumentation der Stuttgarter Justizbehörden förmlich in nahezu allen Punkten, für diese eine „Ohrfeige“, eine „Blamage“ – so die Urteile in den Medien.
Inzwischen ist die Staatsanwaltschaft Hamburg zuständig. Die Anstifter warten ungeduldig auf die Anklageerhebung gegen den letzten Beschuldigten Gerhard Sommer.
Die Überlebenden Enrico Pieri und Enio Mancini erhielten 2013 den Stuttgarter Friedenspreis der AnStifter.
Fotos: Parco Nazionale della Pace Sant’Anna di Stazzema
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