Von Anne Hilger – Stuttgart/München. Schloss Elmau wurde ausgebaut. An die 20 000 Polizisten werden im Einsatz sein. Schon jetzt lassen die Behörden auf den Zufahrtswegen zum Tagungsort der Regierungs-Chefs der sieben mächtigsten Staaten jeden Stein umdrehen und alle Gully-Deckel verschweißen. Politiker und Sicherheitskräfte schüren seit Monaten Hysterie und warnen vor angeblich drohenden Ausschreitungen. Die GegnerInnen des G 7-Gipfels am 7. und 8. Juni in Elmau halten dennoch an ihren Protest-Plänen fest. Auch Busse aus dem Stuttgarter Raum werden erwartet. Die Beobachter News wird vor Ort sein und berichten.
Schloss Elmau ist ein Fünf-Sterne-Hotel. Es liegt in der Nähe von Garmisch-Partenkirchen. Dort und in München sind die wichtigsten Gegenveranstaltungen geplant. Angeblich erhielt Hotelier Dietmar Müller-Elmau, in dessen Schloss mit luxuriösem Spa-Bereich 300 Menschen beschäftigt sein sollen, vom Freistaat Bayern bis zu 3 Millionen Euro für Umbaumaßnahmen.
Zum Gipfel werden neben den Staatsoberhäuptern aus den USA, Kanada, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien und Japan auch GegendemonstrantInnen aus dem Ausland erwartet. Deshalb sollen laut „Spiegel“ zwischen dem 26. Mai und dem 15. Juni sogar wieder Grenzkontrollen eingeführt werden. Ein Camp, in dem die G7-GegnerInnen übernachten können, versuchen die Behörden mit allen Mitteln zu vereiteln.
Angeblich droht Überschwemmungsgefahr
Dennoch fand das Bündnis Stop G7 einen Landwirt, der ihm eine 7000 Quadratmeter große Fläche verpachtet: Bernhard R. aus Garmisch, Wirt eines Berggasthofs in 1000 Metern Höhe namens Gamshütte. Seither wird der 42-Jährige im Ort geschnitten. Nach einem Bericht von „Deutschlandradio Kultur“ prüft die Gemeinde, ob sie das Camp auf seinem Grundstück aus Sicherheitsgründen wegen „Überschwemmungsgefahr“ verbieten kann, weil es an einem Bach liegt.
Die Polizei soll in Garmisch bereits eine Gefangenen-Sammelstelle für 200 Inhaftierte eingerichtet und der Freistaat Bayern für die Zeit des Gipfels 100 Richter nach Elmau entsandt haben. Sollte sein Camp tatsächlich untersagt werden, will das Bündnis Stop G7 die GipfelgegnerInnen bei Dauerkundgebungen übernachten lassen, die es angemeldet hat. Ein weiteres Bündnis plant einen Alternativgipfel in München. Dort soll es an Fronleichnam eine Großdemonstration geben und eine weitere dann am Samstag, 6. Juni, in Garmisch. Auch Sternmärsche zum Tagungsort sind geplant.
Bündnis ruft zu zivilem Ungehorsam auf
Das Bündnis Stop G7 ruft zu Aktionen des zivilen Ungehorsams und auch zu Blockaden auf, nicht aber zur Gewalt (siehe Aktionskonsens). Das Düsseldorfer Verwaltungsgericht hat vor kurzem entschieden, dass solche Aufrufe zulässig sind. Die zuständige Polizeibehörde nahm deshalb das Verbot eines Blockadetrainings nordrhein-westfälischer G7-GegnerInnen zurück.
Das Stuttgarter Bündnis „Stuttgart goes G7 – gegen Abschottung, Ausbeutung & Krieg“ „wird sich an den Protesten und Aktivitäten im Vorfeld, der Großdemonstration, dem Camp und an den Blockaden des Gipfels beteiligen“, kündigt es an (siehe den Aufruf unten). Hier die Termine im Einzelnen:
Busse aus Stuttgart am Mittwochabend und Samstagmorgen
Die Busse aus Stuttgart zum Camp, den Aktionstagen und der Demonstration am Samstag in Garmisch-Partenkirchen fahren am Mittwoch, 3. Juni, um 19 Uhr und am Samstag, 6. Juni, morgens voraussichtlich zwischen 7 oder 8 Uhr. Fahrkarten sind erhältlich im Linken Zentrum Lilo Herrmann in Stuttgart-Heslach, Böblinger Straße 105, und im Stadtteilzentrum Gasparitsch in Stuttgart-Ost, Rotenberger Straße 125.
Das Zentrum Gasparitsch plant auch für Donnerstag, 11. Juni, 19 Uhr einen Stadtteilabend mit einem Rückblick auf die G7-Proteste.
Alternativgipfel in München
Ein buntes Bündnis von Organisationen wie Attac, Gewerkschaften und Parteien wie den Grünen oder der Linken plant einen Internationalen Alternativgipfel am 3. und 4. Juni in München mit Podien, Vorträgen, Workshop und Kultur. Mit dem Gipfel der Alternativen soll die Kritik an der Politik der G7 in die Öffentlichkeit getragen werden. Die vielfältigen globalen Krisen sind aus Sicht der Veranstalter unter anderem eine Folge der herrschenden Politik. Als Alternativen sollen ökonomische, ökologische, menschenrechtliche und friedenspolitische Ansätze vorgestellt und diskutiert werden.
Hier geht es zum Flyer des Alternativgipfels und zum Programm.
G 7-Demo an Fronleichnam in München
Um 14 Uhr beginnt am Donnerstag, 4. Juni (Fronleichnam), am Stachus auf dem Karlsplatz in München eine große Demonstration. Die Stadt erwartet 30 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Die Demonstration soll den Regierungschefs der führenden Industriestaaten auf Schloss Elmau deutlich machen, dass ihre Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TISA auf den breiten Widerstand der Menschen treffen. „Gemeinsam streiten wir dafür, dass endlich beim Klimaschutz ernst gemacht und Armut konsequent bekämpft wird“, heißt es in dem Aufruf.
Dauerkundgebungen rund um Elmau
Für die Tage von Fronleichnam, 4. Juni, bis einschließlich Montag, 8. Juni, plant das Bündnis Stop G7 Elmau Aktionen rund um den Ort. So sind vom 4. bis zum 7. Juni Dauerkundgebungen jeweils von 10 bis 20 Uhr mit Informationstischen, Pavillon und Pressezelt am Bahnhofsplatz von Garmisch-Partenkirchen, am Bahnhofsplatz Klais, am Bahnhofsplatz Mittenwald (nördlich vom Informationskiosk) und am Parkplatz Kranzberg geplant. Dort wird auch die Wanderausstellung “Auf der Flucht” gezeigt.
Großdemonstration in Garmisch
Für Samstag, 6. Juni, ist eine Großdemonstration in Garmisch geplant. Von 12 Uhr bis 20 Uhr ist eine Versammlung am Bahnhofsplatz auf der Straßenbiegung St.Martin/Ecke Bahnhofstraße angemeldet. Dort gibt es eine große Bühne, ein Info- und ein Pressezelt. Zwischen 12 und 14 Uhr gibt es bei der Auftakt-Kundgebung Informationen und ein Kultur-Programm. Um 14.30 Uhr beginnt die Demonstration mit vier bis fünf Lautsprecherwagen. Sie endet wieder am Kundgebungsplatz. Dort beginnt die Abschlussveranstaltung mit Konzert ungefähr um 17 Uhr.
Sternmarsch nach Elmau
Für Sonntag, 7. Juni, ist ein Sternmarsch nach Elmau auf insgesamt sechs Routen geplant – so etwa ein Fahrrad- und Autokorso vom Bahnhofsplatz Garmisch-Partenkirchen aus. Beginn ist jeweils um 8 Uhr.
Abschluss-Kundgebung in Garmisch-Partenkirchen
Um 10 Uhr beginnt am Montag, 8. Juni, die Abschluss-Kundgebung auf dem Bahnhofsplatz von Garmisch-Partenkirchen. Anschließend ist eine Demonstration über die St.-Martinstraße zum Marshall-Center und zurück geplant.
Siehe auch unsere früheren Berichte zum Thema:
Gülle soll Camp gegen G7 verhindern
Innenministerium kündigt Camp-Verbot beim G7-Gipfel an
Der Stuttgarter Stuttgarter Bündnisaufruf:
Es ist wieder soweit: Am 7. und 8. Juni 2015 trifft sich die „Gruppe der Sieben“ (G7) – dieses Mal in der idyllischen Kulisse der bayerischen Alpen auf Schloss Elmau, ungefähr 100 Kilometer von München entfernt. Dort wollen die Staats- und Regierungschefs der wirtschaftsstärksten und mächtigsten Staaten über die Geschicke der Welt entscheiden. Das Stuttgarter Bündnis gegen den G7 Gipfel wird sich an den Protesten und Aktivitäten im Vorfeld, der Großdemonstration, dem Camp und an den Blockaden des Gipfels beteiligen.
Die Proteste richten sich gegen die Politik der G7-Staaten, die für eine neoliberale Wirtschaftspolitik, Krieg und Militarisierung, Ausbeutung, Armut und Hunger, Umweltzerstörung und Abschottung gegenüber Flüchtenden stehen.
Die üblichen Verdächtigen
An der Konferenz werden Repräsentanten aus Deutschland, USA, Japan, Großbritannien, Frankreich, Italien und Kanada am Tisch sitzen. Russland wird an dem Treffen nicht teilnehmen. Das Land wurde von dem Treffen ausgeschlossen – unter anderem wegen den Entscheidungen und Positionen, die der unliebsame ehemalige Partner, bei der Ukraine-/ Krimkrise eingenommen hat.Viele kleine G7-Gipfel – das ganze Jahr über
Das Gastgeberland, in diesem Fall Deutschland, gibt in der Regel die Agenda und Tagesordnung der jährlich stattfindenden Gipfeltreffen vor. In diesem Jahr stehen vermutlich TTIP, der Nahe Osten und die Ukraine im Fokus. Hinter den Kulissen der G7 gibt es allerdings, über das gesamte Jahr verteilt, noch zahlreiche Nebenschauplätze und weitere Treffen der G7-Staaten zu verschiedenen Belangen: Dort werden im Grunde schon im Vorfeld wirtschaftlich relevante und politisch entscheidende Angelegenheiten beschlossen und sich auf Strategien und Vorgehen geeinigt. An solchen Meetings nehmen, abhängig vom Thema, Finanzminister und Vertreter der Weltbank, aus Handel und Wirtschaft, aber auch Kriegs- und Rüstungslobbyisten teil – je nach Aktualität und Brisanz mehrmalig im Jahr.Ihre Politik – unser Verderben
Die Gruppe der Sieben steht jedoch nicht nur für die aggressive und militärische Aufrechterhaltung einer imperialistischen Weltordnung, sondern kommandiert und bestimmt aus ihrem exklusiven Kreis heraus auch stimmführend die Strukturen und Entscheidungen weiterer (und größerer) imperialistischer Zusammenschlüssen wie der NATO, G 20, Weltbank, IWF und Troika. An dieser Stelle zeigt sich die intensive Verknüpfung und Verflechtung der Herrschenden aus Politik und Wirtschaft.
Ungeachtet der Bündnisse und sich zeitweilig überschneidenden Interessenlagen, darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass sich die Staaten in einem Konkurrenzverhältnis zu einander befinden und es primär um die Durchsetzung eigener Interessen geht.Während Armut und Hunger grassierende Ausmaße annehmen und die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander geht, scheint es den Herrschaften an nötigem Kleingeld nicht zu fehlen: Sozialausgaben werden gekürzt und Geld in Aufrüstung und Kriege gepumpt. Auch das Gipfeltreffen 2015 im Freistaat Bayern kostet – momentane Schätzungen gehen von einer Summe von 130 Millionen Euro für Sicherheitsstruktur und dem Auf- und Ausbau der Infrastruktur und zusätzlichen 10 Millionen Euro für Bauvorhaben im nahe liegenden Dorf aus.
Um die Kriegstreiber vor Protesten zu schützen, sollen außerdem elementare Grundrechte außer Kraft gesetzt werden. So wird wieder einmal der Einsatz der Bundeswehr im Inneren ermöglicht und Versammlungsrechte eingeschränkt.Auf die Straße gegen den G7!
Egal wie viel Euros die Mächtigen und Reichen in den Bau von Zäunen, neuen Straßen oder in ihre Sicherheitsarchitektur investieren und egal, was sie sich in diesem Jahr für repressive Maßnahmen, Verbote und Einschränkungen im Vorfeld ausdenken, das wird uns trotzdem nicht daran hindern im kommenden Sommer Proteste und Blockaden zu organisieren und es den Herrschenden so ungemütlich wie möglich auf ihrem Schloss Elmau zu machen.
Die Unterstützerinnen:
Arbeitskreis Internationalismus Stuttgart
DFG-VK Stuttgart
DKP Stuttgart
Gruppe Arbeitermacht
Junge NGG
Jugendgruppe Revolution
Krisenbündnis Stuttgart
Linke KV Stuttgart
Neue antikapitalistische Organisation Stuttgart
Offenes Treffen gegen Krieg und Militarisierung Stuttgart
Revolutionäre Aktion Stuttgart
Rhythms of Resistence
Verdi Bezirk Stuttgart
Verdi Jugend Stuttgart
Zukunftsforum Stuttgarter Gewerkschaften
Zusammen Kämpfen Stuttgart
Hier findet sich der Aktionskonsens des Bündnisses Stop G 7 Elmau für die gemeinsamen Aktionen gegen den Gipfel
Hier geht es zum Aufruf des Bündnisses Stop G 7 Elmau
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