Von unserer Redaktion – Fotos: Jens Volle – Stuttgart. Gut 150 Streikende aus Behinderteneinrichtungen und UnterstützerInnen aus Diakonie- und Caritaseinrichtungen beteiligten sich am Mittwoch, 27. Mai, an einer Verdi-Aktion vor dem Hauptsitz der Evangelischen Gesellschaft in Stuttgart. Sie hatten wie viele andere Beschäftigte im ganzen Land die Arbeit niedergelegt, um im Tarifkonflikt im Sozial- und Erziehungsdienst den Druck auf die Arbeitgeber zu erhöhen.
Teilweise waren am Mittwoch Werkstätten wegen des Streiks geschlossen, teilte Verdi mit. In Werkstätten für behinderte Menschen arbeiteten Beschäftigte im Spannungsfeld zwischen Betreuung und Rehabilitation auf der einen Seite und den wirtschaftlichen Ansprüchen funktionierender Produktionsabläufe im Interesse ihrer Arbeitgeber auf der anderen. Außerhalb der Werkstätten sei eine intensive persönliche und heilpädagogische Unterstützung von Menschen mit unterschiedlichsten Beeinträchtigungen erforderlich, so Verdi. Ziel sei es immer, diesen Menschen eine aktive und regelmäßige Teilhabe am alltäglichen gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.
Irene Gölz, Leiterin des Landesfachbereichs Gesundheit, soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen bei Verdi Baden-Württemberg, gehörte zu den Hauptrednern der Kundgebung: „Das ist richtig wichtige Arbeit für unsere Gesellschaft“, sagte sie. „Und auch diese Arbeit muss gut bezahlt werden und das heißt, eindeutig besser als derzeit.“ Es sprachen außerdem Ivo Garbe von Verdi und Mark Haiber vom Behindertenheim Markgröningen.
Am Donnerstag,28. Mai, wird in Stuttgart und den Landkreisen Böblingen, Ludwigsburg und Rems-Murr sowie in Ulm auch wieder im Bereich der Kindertagesstätten und sozialen Dienste gestreikt. Bestreikt werden Einrichtungen, die nicht ohnehin der Pfingstferien wegen geschlossen sind. Damit beteiligen sich nach Angaben von Verdi auch in Baden-Württemberg über 2000 Streikende an bundesweit organisierten Protesten.
Vor dem Rathaus in Backnang, dessen Oberbürgermeister Frank Nopper Vorsitzender des zuständigen Gruppenausschusses Städte und Gemeinden im Kommunalen Arbeitgeberverband Baden-Württemberg ist, gab es am Mittag eine „Denkzettelaktion“ und eine Kundgebung mit Streikenden auch aus anderen Landesteilen. Dagmar Schorsch-Brandt, stellvertretende Verdi-Landesleiterin, sprach bei der Kundgebung auf dem Marktplatz nach einer Demonstration durch den Ort. Auch in Ulm wird am Donnerstag gestreikt.
Verdi will Arbeitskampf nach Pfingstferien ausweiten
Sollte mit dem Verband Kommunaler Arbeitgeber bis zum Ende der Ferien noch kein Ergebnis erzielt worden sein, will Verdi Baden-Württemberg die Streiks flächendeckend und unbefristet in allen Bereichen ab dem 8. Juni fortsetzen, so die Gewerkschaft.
Von der Tarifrunde sind in Baden-Württemberg neben über 30 000 ErzieherInnen (zu 98 Prozent Frauen, zu über 60 Prozent in Teilzeit) weitere gut 10 000 Beschäftigte in Jugendhäusern, Beratungsstellen, Krankenhäusern, Wohnheimen und Werkstätten für behinderte Menschen, Jugendheimen und Ämtern betroffen.
Der stellvertretende Verdi-Vorsitzende Frank Werneke hat sich vor kurzem mit der Bitte, den Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst den Rücken zu stärken, an alle Mitglieder der Gewerkschaft gewandt – gerade, wenn sie etwa als Eltern vom Kita-Streik betroffen sind.
Weitere Warnstreiks auch bei der Post
Auch bei der Post wurde am Donnerstag, 28. Mai, weiter gestreikt. Kernpunkt der Auseinandersetzung ist die Arbeitszeit für die bundesweit 140 000 Tarifkräfte. In Baden-Württemberg hat die Gewerkschaft zusätzlich die Beschäftigten in den Regionen Oberschwaben und Ulm zum Streik aufgerufen. Die Warnstreiks in der Brief- und Paketzustellung werden bis Samstag andauern, teilt Verdi mit. Der Tarifkonflikt hat sich in jüngster Zeit zugespitzt, weil die Post AG nicht nur Beamte als Streikbrecher einsetzt, was nach einem Gerichtsurteil auf freiwilliger Basis zulässig ist, sondern auch Paketzusteller aus Polen.
Weitere Fotos von der Aktion der Beschäftigten in der Behindertenhilfe:
Siehe auch unsere früheren Berichte
Postbeschäftigte anhaltend sauer
Verschnaufpause bei Kita-Streiks
Verdi will Arbeitskampf ausweiten
Streiks in Kitas und Werkstätten
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