Von David Kaderit – Buchen. Tierschützer hatten schon lange vor so einem Szenario gewarnt: Ein Elefant hat am Samstag, 13. Juni, in Buchen im Neckar-Odenwald-Kreis einen 65-jährigen Spaziergänger tödlich verletzt. Das Tier war aus einem Zirkus ausgebrochen, der immer wieder Schlagzeilen macht. Die Elefantenkuh griff schon mehrmals Menschen an. Doch die Behörden blieben offenbar tatenlos.
Der Zirkus Luna ist nicht zum ersten Mal in den Schlagzeilen (siehe unseren Bericht „Neuer Name, doch die alten Probleme). Tierschützer werfen ihm vor, seine Tiere nicht artgerecht zu halten, was auch Verhaltensstörungen nach sich ziehen könne. Anfang Februar hatte die ZDF Sendung Frontal21 Missstände im Zirkus aufgedeckt. Seither wechselte das Unternehmen zweimal den Namen. Nach Angaben von Tierschützern änderte es auch den Namen der Elefantenkuh „Benjamin“ in „Baby“. Der Zirkus hingegen behauptete immer wieder, Peta führe eine ungerechtfertigte Kampagne gegen ihn. Nach Medienberichten sprach die Zirkusfamilie Frank sogar von „Rufmord“.
Der 34-jährige afrikanische Elefant brach nach Polizeiangaben am Samstagmorgen aus einem Zelt des Zirkus Luna aus. Gegen 5.30 Uhr war er am nahen Sportgelände von Buchen unterwegs. Hundert Meter vom Zirkus entfernt griff er den 65-Jährigen an, der wie jeden Morgen einen Spaziergang machte, um Dosen und Flaschen zu sammeln. Was genau „Benjamin“ in Rage versetzte, ist unbekannt.
Die Tierschutzorganisation Peta Deutschland hatte jahrelang vor einem solchen Vorfall gewarnt. Peter Höffken, Wildtierexperte von Peta: „Alle 50 Zirkuselefanten, die es noch in Deutschland gibt, sind tickende Zeitbomben“.
„Benjamin“ hat schon in der Vergangenheit dreimal gezeigt, dass sie als Wildtier zu so etwas in der Lage ist. Im Jahr 2000 verletzte sie eine Frau in Melsungen schwer. Im Jahr 2010 verlor ein Vater durch ihren Angriff eine Niere, und 2012 brach sie mit einem Rüsselschlag einem Zwölfjährigen in Burladingen den Kiefer.
Auf all das habe Peta hingewiesen, doch die Behörden hätten nicht gehandelt. Auch eine Petition mit rund 38 000 Unterschriftenzeichnern nach der Veröffentlichung von Frontal 21, „Benjamin“ frei zu geben, wurde nicht gehört. 2014 übergab Peta Deutschland der Bundesregierung 620 000 Unterschriften für ein Verbot der Haltung von Wildtieren in Zirkussen. Anlass war der 20. Todestag der Elefantenkuh Tyke, die während der Show ausbrach, ihren Trainer tötete und schließlich erschossen wurde. Dazu Peta: „Wenn wir Tiere in Zirkussen halten und sie zu unnatürlichen Dingen zwingen, werden sie zu tickenden Zeitbomben.“
Der Zirkus schafft es nicht aus den Schlagzeilen
Erst am Wochenende schläferte der Zirkus Luna die Bärin Bessy wegen eines
Bandscheibenvorfalls ein. Besonders bizarr: Ihr schlechter Zustand soll bekannt gewesen sein und eine Auffangstation bereitgestanden haben, sie aufzunehmen. Erst eine Woche zuvor veröffentlichte Peta erneut ein Video über den Zirkus Luna. Zu sehen war Bessy, die ihren Kopf mehrfach gegen die Wand ihres Transportwagens schlug und sich so selber Schmerz zufügte.
Die Organisation Vier Pfoten soll eine kostenfreie Aufnahme der beiden Bären Bessy und Shirley in ihren Bärenpark Müritz angeboten haben. Dem Zirkus sei es jedoch wichtiger gewesen, Bessy weiter zum Rollerfahren und zu Purzelbäumen zu zwingen, als ihr
einen friedlichen Lebensabend zu ermöglichen. Was nun mit Shirley passiert, ist unklar. Möglicherweise bleibt sie in Einzelhaltung.
Die Organisation Vier Pfoten ist in Tierschutzkreisen umstritten, da sie unter anderem auch Fleischsiegel vergibt. Sie hat schon Anfang des Jahren eine Unterschriftenkampagne für die Freilassung der nun noch vier in deutschen Zirkussen gehaltenen Bären gestartet. Sie hat über 55 000 Unterzeichner. Für alle vier Bären stünden Auffangplätze bereit.
Generelles Wildtierverbot gefordert
Schon 2003 und 2011 forderte der Bundesrat in einem Entschließungsantrag an die
Bundesregierung ein Verbot von Wildtieren in deutschen Zirkussen. Doch vor allem CDU und CSU verhinderten bis jetzt, dass es erlassen wird.
Für Samstag, 20. Juni, ist eine große Demonstration um 14 Uhr am Neptunbrunnen in Berlin geplant.
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