Waiblingen/Schorndorf/Backnang. Dagmar Uhlig aus Stuttgart tritt in Waiblingen für die Linke zur Landtagswahl an. In Schorndorf kandidiert Stefanie Rausch für die Partei und in Backnang Jörg Drechsel. Die Linke hat die beiden Landtags-Kandidatinnen und den -Kandidaten für die drei Wahlkreise im Rems-Murr-Kreis am Samstag, 4. Juli, im Gasthaus „Schwanen“ in Waiblingen aufgestellt.
Es war ein heißer Nachmittag – so heiß, dass sich einige ältere Mitglieder der hohen Temperaturen wegen entschuldigen mussten. Politisch ging es hingegen gemäßigt zu. Es gab keine Kontroversen. Alle KandidatInnen und Ersatzleute wurden einstimmig gewählt – im Bewusstsein, anders als die starken Wahlkreise der Partei in Mannheim, Stuttgart, Tübingen oder Freiburg sehr wahrscheinlich keinen Abgeordneten aus dem kleinen Rems-Murr-Kreisverband ins Landesparlament entsenden zu können. Dennoch wolle man einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass die Linke am 13. März 2016 den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde schafft.
Den Vorschriften des Wahlgesetzes entsprechend wurden am Samstag unter einem Dach drei streng getrennte Versammlungen hintereinander abgehalten. Stimmberechtigt waren jeweils die Mitglieder, die im fraglichen Wahlkreis wohnen.
Dagmar Uhlig verweist auf Erfolge der Linken
Max Kemnitz vom Kreisvorstand Stuttgart wurde als Leiter der ersten Aufstellungsversammlung für den Landtagswahlbezirk 15 Waiblingen gewählt. Dagmar Uhlig war die einzige Kandidatin. Die 55-jährige kaufmännische Angestellte hat ihre Ausbildung bei VW-Hahn in Fellbach gemacht, wo sie auch herkommt. Schon damals engagierte sie sich als gewerkschaftliche Jugendvertreterin.
Zeitweilig, in ihren „zwanziger Jahren“, wohnte Uhlig in Waiblingen und pendelte zu Coca-Cola nach Fellbach. Heute arbeitet sie im Wahlkreisbüro des Bundestagsabgeordneten der Linken Michael Schlecht. Die Partei habe in jüngerer Zeit mehrere politische Erfolge errungen, zählte sie auf: die Wahl Bodo Ramelows zum Ministerpräsidenten in Thüringen, das Ergebnis bei der Bremer Senatswahl, die Verdopplung kommunaler Mandate bei der Wahl 2014 in Baden-Württemberg.
Versagen bei NSU-Aufklärung und Verfassungsschutz
Die grün-rote Regierung in Stuttgart habe viele Wahlversprechen nicht umgesetzt, kritisierte Uhlig. Sie erinnerte an die Direktwahl der Landräte. Die Koalition habe das Vorhaben fallengelassen. Auch die NSU-Aufklärung sei unzureichend. Der Landtag habe sich zu lang gegen einen Untersuchungsausschuss gesperrt. Und das Fehlverhalten des Verfassungsschutzes sei nicht transparent gemacht worden. Wenn sie höre, dass die CDU auf Innere Sicherheit als Wahlkampfthema setzt, komme ihr vor diesem Hintergrund „das kalte Grausen“.
Vor allem aber fehle im Landtag eine soziale Kraft. „Armut in einem reichen Land ist extrem beschämend“, sagte Uhlig. Die Benachteiligung etwa von Alleinerziehenden wolle die Linke „als starke und hörbare Opposition im Landtag“ ändern. „Die Linke muss in den Landtag – weil wir eine Aufwertung der Menschen und eine bessere, solidarische Gesellschaft brauchen“, sagte Uhlig.
Zum Ersatzkandidaten für Waiblingen wurde der 68-jährige Diplom-Verwaltungswirt Reinhard Neudorfer gewählt.
Stefanie Rauschs Schwerpunkt ist Sozialpolitik
Für den Wahlbezirk 16 Schorndorf schlug der Kreisvorstand die 35-jährige Industrieelektronikerin Stefanie Rausch vor, die aus Backnang kommt. Sie kandidiere weniger aus Eigeninteresse, sondern um die Partei zu unterstützen, sagte sie. „Ich habe ein bisschen das Talent, auch mit hitzigen Situationen sachlich umzugehen“, stellte sie sich vor. Überdies sammelte sie bereits kommunalpolitische Wahlkampferfahrung.
Ihr Schwerpunkt sei die Sozialpolitik. Sie beschäftige sich aber auch mit Fragen wie Netzneutralität, sagte Rausch. „Ich kenne das Sozialsystem von innen und von außen“, berichtete sie. Die Industrieelektronikerin will sich nach fünf Jahren auf Arbeitssuche mit einem Fernstudium beruflich neu orientieren und hofft, dass ihr das Job-Center keinen Strich durch die Rechnung macht: „Es müsste geregelt werden, dass es sinnvolle Fortbildungsangebote gibt.“
Dominik Rathgeb aus Schorndorf wurde als Zweitkandidat aufgestellt. Er gehörte früher dem Kreistag an, ist im antifaschistischen Bereich und in der Bewegung gegen Stuttgart 21 aktiv. Er konnte am Samstag aus „außerordentlich dringenden persönlichen Gründen“ nicht kommen und ließ sich entschuldigen.
Sozialer Wohnungsbau Wahlkampfthema in Backnang
Die dritte, wie die zweite von Dagmar Uhlig geleitete Aufstellungsversammlung galt dem Wahlbezirk 17 Backnang. Hier wird Jörg Drechsel für die Linke kandidieren. Der 59-Jährige arbeitet als Sicherheitsfachkraft. Er machte schon 2006 Wahlkampf für die WASG und nach deren Zusammenschluss mit der PDS 2011 für die Linke. Die damaligen Erfahrungen der Kandidaten schilderte er so: Sie machten einen guten Wahlkampf, erhielten viel Zuspruch und Schulterklopfen – doch dann wählten die Leute nach der Kirche eben doch etwas anderes.
Er sei wieder in Lohn und Brot, berichtete Drechsel. Doch er habe ein Einkommen wie schon 1978 als Hilfsarbeiter. Die Linke müsse den Leuten klarmachen, wohin sich die Gesellschaft entwickelt hat. „Wir erleben Manipulation“ – das zeige sich auch an der Berichterstattung über Griechenland.
Jörg Drechsel will im Wahlkampf bei zwei bis drei selbst organisierten Veranstaltungen den sozialen Wohnungsbau, den ÖPNV und ein allgemeines Thema aufgreifen. Als Zweitkandidat wird ihm der 47-jährige Roland Stümke zur Seite stehen. Er hat sich nach einer Banklehre als Immobilienmakler selbstständig gemacht. Da er gerade mit Frau und Kindern urlaubshalber im Ausland weilte, wurde er in Abwesenheit gewählt.
Pro Wahlkreis muss die Linke als noch nicht im Landtag vertretene Partei 150 Unterstützer-Unterschriften sammeln, um ihren Wahlvorschlag einreichen zu können.
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