Mannheim. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg bleibt dabei: Demobeobachter haben bei unfriedlichen Versammlungen keinen Sonderstatus. Dessen 1. Senat wies die Klage eines Mitglieds des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit zurück, das beim Protest gegen eine Nazi-„Fackelmahnwache“ in Pforzheim als Demo-Beobachterin unterwegs war.
Die Frau hatte beantragt, die Berufung gegen ein entsprechendes Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 8. Mai 2014 zuzulassen – vergeblich. Demnach darf die Polizei die Personalien von Demo-Beobachtern aufnehmen, wenn eine aus Behördensicht unfriedliche Versammlung rechtmäßig beendet ist – und zwar auch dann, wenn sie sich mit einer Weste mit Aufschrift erkennbar machen.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs fiel schon am 10. März 2015, wurde aber erst am Donnerstag, 6. August, veröffentlicht.
In dem Karlsruher Urteil ging um eine „Fackelmahnwache“ am 23. Februar 2013 auf dem Pforzheimer Wartberg. Angemeldet hatte sie der von der Polizei als rechtsextremistisch eingestufte „Freundeskreis Ein Herz für Deutschland“ (FHD). Die „Mahnwache“ knüpfte an die alliierten Luftangriffe auf Pforzheim am 23. Februar 1945 an.
Zu der Veranstaltung waren verschiedene Gegendemonstrationen angemeldet. Das Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit hatte der Stadt Pforzheim vorab mitgeteilt, es werde an an diesem Tag mit „Demonstrations-Beobachtern“ präsent sein, die durch ihre besondere Kleidung erkennbar seien, so die Pressemitteilung des Verwaltungsgerichtshofs. Diese verstünden sich nicht als Versammlungsteilnehmer, sondern wollten das Demonstrationsrecht schützen und dazu das Verhalten aller Beteiligten beobachten und dokumentieren.
Am Tag der „Fackelmahnwache“ hätten sich aus einer angemeldeten Gegendemonstration der „Initiative gegen Rechts“ etwa 300 bis 400 Personen in Richtung Wartberg bewegt. Dieser Aufzug habe sich nach den Feststellungen der Polizei in teilweise vermummte kleine Gruppen aufgelöst, die einzelne Polizeisperren umgingen oder teils mit Brettern, Flaschen und Steinen attackierten. „Eine Gruppe bewegte sich zu einer Wiese, auf der die Polizei einen Bauzaun errichtet hatte, jenseits dessen eine Störung der Versammlung des FHD möglich gewesen wäre“, heißt es weiter in der Pressemitteilung.
Die Gruppe habe versucht, den Bauzaun zu durchbrechen. Dabei sei sie von der Polizei eingekreist worden. Die Polizei habe per Lautsprecher bekannt gegeben, die „innerhalb der Umkreisung gebildete spontane Versammlung“ habe durch Stein- und Flaschenwürfe sowie Einsatz von Pyrotechnik einen unfriedlichen Verlauf genommen und werde daher endgültig aufgelöst; es würden nun „von allen“ die Personalien festgestellt.
Ein Polizeibeamter habe die Klägerin, die eine hellblaue Weste mit der in Leuchtschrift gehaltenen Aufschrift „Demo-Beobachterin“ anhatte, am Rand der eingekreisten Gruppe angetroffen und und ihre Personalien aufgenommen. Sie wollte mit ihrer Klage vom Verwaltungsgericht feststellen lassen, dass der Polizist rechtswidrig handelte, scheiterte jedoch zunächst in Karlsruhe und jetzt auch vor dem Verwaltungsgerichtshof.
Das Verwaltungsgericht habe zutreffend angenommen, dass die Klägerin „wegen ihres Verhaltens Störerin im Sinne des Polizeigesetzes gewesen und daher zu Recht in Anspruch genommen worden sei“, so dessen Urteil. Die Polizei habe die Klägerin „aufgrund der Gesamtumstände und der Nähe der Klägerin zur umschlossenen unfriedlichen Versammlung als Gefahrverursacherin“ ansehen dürfen.
Ursprünglich sei die Frau im Polizeikessel gewesen. Als der Polizist sie ansprach, habe sie sich „nach wie vor in einem sehr engen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang zu unfriedlichen Aktionen aufgehalten“, die vorher aus der Gruppe verübt worden seien. „Allein aufgrund ihrer Kleidung und ihrer Bezeichnung als „Demonstrationsbeobachter“ habe sie sich nicht erkennbar von der Gefahrenquelle distanziert“, zitiert der Verwaltungsgerichtshof das Karlsruher Urteil.
Sein Beschluss ist unanfechtbar, das Urteil des VG damit rechtskräftig.
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