Von Tape Lago – Heidenau. Rund 600 Flüchtlinge, UnterstützerInnen und PolitikerInnen nahmen am Freitag, 28. August, am Willkommensfest in Heidenau teil. Es war ein tolles und buntes Fest – mit Musik, leckerem Essen und einer Grill-Party in der kleinen sächsischen Stadt. Die VeranstalterInnen wollten ein starkes Zeichen gegen Rassismus, Rechtsextremismus, Ausgrenzung und Hass gegen Geflüchtete setzen. Das ist ihnen gelungen.
Das Fest führte Flüchtlinge, PolitikerInnen und UnterstützerInnen zusammen. Es gab den Flüchtlingen ein wenig Würde zurück und bereitete ihnen große Freude. Zunächst wurde es vom Landratsamt wegen eines „polizeilichen Notstands“ verboten. Dagegen wehrten sich Henning Obens und das Bündnis Dresden Nazifrei mit Erfolg.
Nach rassistischen Angriffen von Neonazis vor der Flüchtlingsunterkunft in Heidenau – begleitet von den alltäglichen Brandanschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte – wollten Dresden Nazifrei, viele antifaschistische und antirassistische Organisationen, Parteien und PolitikerInnen, ein klares Zeichen gegen Rassismus setzen. „Heute die Pogrome von morgen verhindern – Schutz für Geflüchtete statt Verständnis für RassistInnen – Kommt nach Dresden und Heidenau!“, hieß es in dem Aufruf.
Empörung über politische Fehlentscheidung
PolitikerInnen und AntifaschistInnen bezeichneten das Versammlungsverbot als Kapitulation des Rechtsstaates vor den Nazis. Grünen-Bundeschef Cem Özdemir kritisierte dieses Verbot aller öffentlichen Versammlungen in Heidenau als eine nicht hinnehmbare Kapitulation des Rechtsstaats und kündigte an, trotz des Verbots, an dem geplanten „Willkommensfest“ für Flüchtlinge teilzunehmen.
Statt gegen die Neonazis vorzugehen, um ihren rassistischen und menschenverachtenden Mob gegen die Geflüchtete zu stoppen, hielten die Sächsischen Regierung, Behörden und Polizei ein Verbot des Willkommensfests für die richtige Lösung. Mit dieser Entscheidung kapitulierten sie alle de facto vor den Nazis. Das „Willkommensfest“ für Flüchtlinge in Heidenau zu verbieten, war eine politische Fehlentscheidung sorgte für große Empörung bei PolitikerInnen, AntifaschistInnen, FlüchtlingsunterstützerInnen und Flüchtlingen. So gelang es den Veranstalterinnen trotz des Verbots, eine breite Mobilisierung zu schaffen.
Momente des Glücks und der Freude
Das Landratsamt Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, das für Heidenau zuständig ist, hatte zwischen Freitag, 28. August, 14 Uhr und Montag, 31. August, 6 Uhr alle öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel untersagt – im gesamten Gebiet der Stadt. Nachdem das Bündnis Dresden Nazifrei mit zuständigen Behörden und Polizei verhandeln konnte und das Versammlungsverbot vom Verwaltungsgericht Dresden gekippt wurde, konnte nun das „Willkommensfest“ am Freitagnachmittag stattfinden.
Irie Révoltés vertreten durch „Mal Élevé“ (Pablo Charlemoine) und die Sängerin „Liebesfräulein“ (Claudia Hoffmann) sorgten für Stimmung und gute Laune. „Es ist wichtig dass das Asylrecht beibehalten und nicht abgeschafft wird. Ich bin hier und mache Musik und singe für Flüchtlinge um ihnen zu zeigen, dass sie willkommen sind. Wir haben in Berlin Spenden gesammelt, um den Geflüchteten eine Freude bereiten zu können, und so sollte es sein“, sagte Pablo, Sänger von Irié Revoltés.
„Liebesfräulein“ setzt Zeichen
„Liebesfräulein“ wollte als deutsche Sängerin den Flüchtlingen durch ihre Lieder zeigen, dass sie hierzulande akzeptiert werden. Ein Zeichen der Solidarität. Frau Kaiser aus Dresden reiste nach Heidenau, um den Flüchtlingen ebenfalls zu zeigen, dass Deutschland nicht nur aus Menschen besteht, die sie ablehnen – sondern vielmehr aus solchen, die sie mit offenen Armen aufnehmen und helfen wollen.
Kurz nach Beginn des Willkommensfests wurden Sachspenden von einem Lastwagen aus Berlin abgeladen und auf der Wiese des Baumarktes gegenüber der Flüchtlingsunterkunft verteilt, damit alle Geflüchtete sich bedienen konnten. So suchten sich die Flüchtlinge die Sachen, die sie benötigten. Während Eltern nach Anziehsachen schauten, suchten fast alle Flüchtlingskinder nach Spielzeugen, Kinder- und Malbüchern. Für die Grillparty sorgten freiwillige HelferInnen.
Es bleibt dabei: Refugees Welcome
„Refugees Welcome“ (Flüchtlinge willkommen) – Das war immer die Botschaft von Dirk Stegemann, Aktivist, Antifaschist, Antirassist, Flüchtlingsunterstützer, Sprecher des Bündnisses „Rechtspopulismus stoppen Berlin“, der sich seit Jahren für die Belange der Geflüchtete einsetzt. Stegemann wurde 2014 von Klaus Wowereit mit dem Band für Mut und Verständigung ausgezeichnet. Er sammelte gemeinsam mit Dresden Nazifrei, Blockupy Berlin und Flüchtlingsorganisationen die Sachspenden für die Geflüchteten in Heidenau.
Als Teil der Organisation, suchte Stegemann in Begleitung von Napuli Paul Langa von „Refugees Voice“ stets den Kontakt zu den Flüchtlingen, um ihnen Mut zusprechen und sie ermutigen zu können. Beim „Willkommensfest“ trafen wir einige von ihnen aus Syrien, Afghanistan, Pakistan, Ghana, Gambia, und Venezuela. Die Ursachen ihrer Flucht waren überall die selben: Krieg und politischen Unruhen. Sie hoffen auf eine friedliche und bessere Zukunft in Deutschland.
Die Amadeu Antonio Stiftung und PolitikerInnen zeigten Solidarität mit Geflüchteten
Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, nutze das Willkommensfest als Gelegenheit, sich mit Flüchtlingen und FlüchtlingsunterstützerInnen zu unterhalten. Die Partei Die Linke war mit der Bundestagsabgeordneten Carin Lay, Stellvertretende Parteivorsitzende, und Rico Gebhardt, dem Vorsitzenden des sächsischen Landesverbands, vertreten. Gebhardt wollte seine Solidarität mit den Geflüchteten zeigen und deutlich machen, dass Heidenau anders ist, als es die rechte Gewalt der vorausgegangenen Krawallnächte nahelegte.
Gebhardt wertete das Verbot des Willkommensfests durch die sächsischen Behörden als Niederlage für die Demokratie. Der Bundestagsabgeordnete und Bundesvorsitzende der Grünen Cem Özdemir kam in Begleitung des Landesverbands seiner Partei, um den Flüchtlingen ebenfalls zu zeigen, dass sie in Deutschland willkommen sind. Er nutze die Gelegenheit, um Gespräche mit Kollegen und Besucherinnen zu führen.
Politische Niederlage für Markus Ulbig (CDU)
Kurz nach Beginn des Willkommensfests tauschte der Sächsische Staatsminister des Innern Markus Ulbig offenbar unangekündigt auf. Weder Flüchtlinge noch UnterstützerInnen rechneten damit, dass der Innenminister sich nach dem Verbot hätte blicken lassen können. Seinen Auftritt löste eine große Welle der Empörung auf. So wurde er durch lauten Protest gebeten, den Platz zu verlassen. Ulbig war definitiv nicht willkommen. Nach seinem Abgang ging das „Willkommensfest“ mit Musik und guter Laune weiter. Flüchtlinge und Unterstützerin waren froh, dass er es nicht als politische Bühne hatte nutzen können.
Zeichen gegen das Verbot und Rassismus
Um ein Zeichen gegen das Versammlungsverbot und Rassismus zu setzen, starten mehrere FlüchtlingsunterstützerInnen, AntifaschistInnen und die antikapitalistische „Gruppe POLAR“ eine Demonstration von der Wiese des Willkommensfests bis zum Heidenauer Bahnhof. Sie wollten geschlossen und gemeinsam zur großen Demonstration am 29. August in Dresden fahren. Die Polizei war an diesem Freitag seltsamerweise sehr kooperativ und zurückhaltend. Sie hinderte am Abend Neonazis daran, die Flüchtlingsunterkunft zu stören und anzugreifen.
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