Von Brita Bamberg und Yannis Grammatikopoulos –Konstanz. „Fluchtursachen bekämpfen, Waffenexporte stoppen!“ war das Motto von Aktionstagen vom 20. bis zum 22. August in Konstanz und Überlingen. AktivistInnen der Organisation ‚Flüchtlinge für Flüchtlinge‘ aus Baden-Württemberg hatten die Veranstaltung initiiert. Sie wurden von vielen Organisationen und Vereinen unterstützt.
Dabei waren etwa The Voice Refugee Forum, the Caravan, das Bündnis Abschiebestopp Konstanz, Keine Waffen vom Bodensee, die Friedensinitiative Konstanz, die VVN-BDA ( Bund der AntifaschistInnen), die Friedensinitiative Überlingen, Die Linke, Rote Hilfe, Input, die Falken, linksjugend-solid/SDS, Forum civique – Europäisches BürgerInnen Forum und viele andere mehr.
Krieg ist der häufigste Grund für Menschen, aus ihren Ländern zu fliehen. Viele Menschen aus der ganzen Welt, aber auch deutsche BundesbürgerInnen verbringen ihren Urlaub am Bodensee und sind sich nicht bewusst, dass hier auch der Tod in den Herkunftsländern der Flüchtlinge produziert wird. Rund um den schönen Bodensee haben Rüstungsfirmen ihren Standort (größte Anhäufung in Deutschland). Sie sind fest in dieser Region verankert. Denn sie bieten eine große Zahl hochqualifizierter Arbeitsplätze – ob direkt in ihren Firmen, bei Zulieferer-Kleinbetrieben oder im örtlichen Handel, der von den Gehältern profitiert.
Betroffene schilderten Fluchtursachen
Den Auftakt der Aktionstage machte eine Kundgebung vor den Toren des Geländes der Firma ATM Computersysteme in Konstanz, die zur Krauss-Maffei-Wegmann Gruppe gehört. Sie entwickelt IT-Führungsinformations- und Waffeneinsatzsysteme für Panzerfahrzeuge.
Im Anschluss führte der Demonstrationszug zur Marktstätte, dem zentralen Platz in Konstanz, an dem eine Kundgebung mit mehreren Redebeiträgen gehalten wurde. Unter anderem sprach Hamnad, ein Flüchtling aus Syrien, der seit neun Monaten mit seinen beiden Kindern in Deutschland Asyl sucht. Seine Frau sitzt immer noch mit einem weiteren Kind in Damaskus fest. Zwei Flüchtlingsaktivisten – Leke A. aus Schwäbisch Gmünd und Happy aus Karlsruhe (beide stammen aus Nigeria), forderten die Gesellschaft auf, darüber nachzudenken das die ehrenamtliche Arbeit nicht bei Sachspenden und Ämtergängen aufhört. Die ehrenamtlichen Helfer und die Gesellschaft seien gefragt, gemeinsam mit den Flüchtlingen die Fluchtursachen zu verdeutlichen.
Kundgebung auf der Schweizer Seeseite
Danach setzte sich der Zug über die Grenze nach Kreuzlingen in die Schweiz in Bewegung, um eine weitere Kundgebung mit Schweizer Initiativen abzuhalten. Unter anderem beteiligten sich die Jungen Grünen St. Gallen. Julian Fitze von der SP Thurgau und Thomas Leibundgut von der GSoA (Gruppe Schweiz ohne Armee) sprachen vor den Toren der Firma MOWAG. Sie gehört zum Unternehmen General Dynamics/USA und stellt Radpanzer und gepanzerte Spezialfahrzeuge her, die von den örtlichen Machthabern etwa zur Aufstandsbekämpfung in Saudi-Arabien und in anderen Diktaturen eingesetzt werden.
Der erste Aktionstag wurde am Lagerfeuer in einer ehemaligen Wehrmachtskaserne mit Bier und Wein abgeschlossen. Am Freitag ging es zuerst zur Firma Diehl BGT Defence nach Überlingen, die Boden/Luft/See Artillerie-Lenkwaffen und Raketen, Infrarot-Zielsuchtechnik, Mikrowellenwaffen und Teile für Drohnen (auch für den legendären Euro-Hawk) herstellt. Es sprach unter anderem Prof. Peter Grottian von der TU Berlin.
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Scheinidylle für Flüchtlinge am Waldrand
Im Anschluss führte der Demonstrationszug durch Überlingen zum Landungsplatz am See, einer touristischen Flaniermeile und einem Brunnen, der vom umstrittenen Künstler Peter Lenk gestaltet wurde. Nach einigen weiteren kurzen Redebeträgen marschierten die TeilnehmerInnen zu einem Flüchtlingslager, das aus Holzbaracken besteht. Scheinbar idyllisch am Waldrand liegt es völlig isoliert über der Stadt. Rund einhundert Menschen vom Balkan, aus Syrien, Afghanistan und verschiedenen afrikanischen Ländern sind hier untergebracht.
Gewaltsame Polizeiaktion im Camp
Im Aktionscamp kam es zu einer gewaltsamen Polizeiaktion, die unter den Flüchtlingen zu einer starken Verunsicherung führte. Angeblich sollen sich zuvor zwei Aktivisten ohne Genehmigung auf dem Gelände einer Rüstungsfirma befunden haben. Diese polizeiliche Maßnahme soll der Personalienfeststellung gedient haben. Warum die Polizei die Personalien nicht sofort am „Tatort“ feststellte, wird wohl ihr Geheimnis bleiben. Die Vermutung liegt nahe, dass die Situation bewusst als Einschüchterung der Flüchtlinge genutzt wurde.
Am Samstagnachmittag endeten die Aktionstage mit eine Abschlusskundgebung auf der Marktstätte in Konstanz. Der Tenor aller teilnehmenden Initiativen und Menschen war, weiterhin zusammen mit den FlüchtlingsaktivistInnen gegen die Rüstungskonzerne zu demonstrieren, für Aufklärung in der Gesellschaft zu stehen und im nächsten Jahr diese Tage zu wiederholen und zu erweitern.
Weitere Bilder von den Aktionstagen
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