Von Stefan Huber und Colin Derks –Freiburg. Seit Samstag, 5. September, kommen auf dem ehemaligen Sportplatz der Polizeiakademie in Freiburg Geflüchtete in einer sogenannten Bedarfsorientierten Erstaufnahmeeinrichtung (BEA) unter. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite hat das linke „NoLager“-Bündnis die Abrissbrache des „Götz+Moriz“-Geländes genutzt und dort zwei Willkommenszelte mit Infomaterial in verschiedenen Sprachen, Raum für Begegnung und Sachspenden eingerichtet. Am Dienstagmorgen gegen 8 Uhr räumte die Polizei das Gelände, auf dem sich zu diesem Zeitpunkt vier UnterstützerInnen befanden.
Zwei von ihnen wurden erkennungsdienstlich behandelt und fast acht Stunden in Polizeigewahrsam gehalten. Die Räumung erfolgte auf Strafantrag der Eigentümerin Frau Götz, Chefin der Baumarktkette „Götz+Moriz GmbH“, woraufhin ein Bagger das Gelände für die UnterstützerInnen unbrauchbar machte. Da der Polizei im Falle einer Anzeige wegen Hausfriedensbruch ein Ermessensspielraum eingeräumt wird, ist die Räumung ein klares Zeichen für die politische Ausrichtung der Freiburger Polizei. Höhepunkt der Repression und Geldverschwendung war das Überfliegen der Aktion mit einem Polizeihubschrauber, als eigentlich schon alles vorbei war.
Aktuell befinden sich die AktivistInnen mit dem „Willkommensplatz“ auf dem Gehsteig zwischen BEA und EDEKA. Dort kann man weiterhin mit den Geflüchteten in Kontakt treten und Sachspenden abgeben. Auch nach der Räumung der Willkommenszelte wurde diese Anlaufstelle rege von Geflüchteten, AktivistInnen und AnwohnerInnen genutzt, es fanden mehrere kleine Deutschkurse statt, Geflüchtete erzählten von ihrer Flucht und trotzdem wurde ab und zu gemeinsam gelacht.
Am frühen Nachmittag nach der Räumung fanden sich am Eingang der BEA etwa 250 Menschen ein, welche nach einer kurzen Kundgebung in einem Demonstrationszug in die Innenstadt zogen und in mehreren Redebeiträgen eine Abschaffung der Lager, offene EU-Grenzen und legale Fluchtwege forderten.
Wir dokumentieren an dieser Stelle die Pressemitteilung des „NoLager“-Bündnisses
Polizei räumt Refugees Welcome-Zelt!
Heute gegen 08.00 Uhr hat die Polizei die Willkommenszelte für Geflüchtete gegenüber der BEA geräumt, 2 Personen wurden festgenommen.
Während in den letzten Tagen die ‚Willkommenskultur‘ in München, Dortmund usw. in allen Medien gefeiert wurde, zeigt die heutige Räumung der Willkommenszelte in Freiburg, dass es in der ‚weltoffenen‘ Green City nicht erwünscht ist praktische Solidarität mit Geflüchteten zu zeigen. In einer Zeit, in denen Geflüchtete immer wieder mit offen ausgeübter rassistischer Gewalt konfrontiert sind, ist diese Räumung ein mehr als beschämendes Zeichen. „Noch gestern gab es hier Tee, Informationen zum Asylverfahren und Raum für Begegnung! Ich hatte viele Gespräche mit Geflüchteten, die von ihrer Flucht und den Unterbringungsbedingungen in der BEA erzählt haben. Wir sind kaum hinterhergekommen, weil sich so viele hilfsbereite Personen einbringen wollten! Wie sieht das für die Geflüchteten jetzt aus, dass wir jetzt von der Polizei geräumt werden und über uns sogar ein Helikopter kreist?“ fragt sich eine NoLager-Aktivistin kopfschüttelnd.
Die Polizei hätte durchaus Handlungsspielräume gehabt: Eingreifen müssen sie nur wenn die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet sind. Ein unterstellter Hausfriedensbruch ist lediglich ein geringer Verstoß gegen die öffentliche Ordnung. Die Räumung heute war somit eine Initiative der Polizei, die hierfür öffentlich die Verantwortung zu tragen hat.
Wir finden, dass das Eigentumsrecht auf eine leere Fläche nicht mehr wert sein darf als die Initiative Geflüchtete in Solidarität willkommen zu heißen.
Am Samstag hatten wir (das NoLager-Bündnis) auf einem Brachgelände gegenüber der BEA zwei Willkommenszelte errichtet.
Wir sind ein unabhängiger Zusammenschluss flüchtlingssolidarischer Gruppen und Einzelpersonen und wollen den Menschen, die in der BEA untergebracht sind, unsere praktische Solidarität im Kampf für Selbstbestimmung und gegen Entrechtung anbieten. Mit unserem Engagement für die Rechte Geflüchteter verbinden wir eine klare Kritik bzw die Ablehnung solcher Sammellager. Die Alternative zu Sammellagern ist dezentrale Unterbringung.
In den Willkommenszelten wurden seit Samstag warme Getränke, Gebäck, Infomaterialien für Geflüchtete und Anwohner_innen sowie die Gelegenheit zum gegenseitigen Kennenlernen und zur Vernetzung angeboten. Zahlreiche Freiwillige brachten sich mit Wissen zum Asylrecht, Sprachkenntnissen, sonstigen Angeboten oder einfach einem freundlichen Gespräch ein. Dies wurde von Anwohner_innen, Passant_innen sowie Geflüchteten durchweg positiv aufgenommen, am Wochenende waren während des ganzen Tages stets über 100 Personen vor Ort anwesend. Bewohner_innen der BEA besuchten die Zelte, knüpften Kontakte und berichteten von den Bedingungen im Lager. Auch die Politik hat sich am Samstag durchweg positiv gegenüber dem Willkomenszelt gezeigt. „Ich finde es gut und wichtig, was ihr hier macht. Wenn ich das Sagen hätte dürftet ihr hier bleiben!“ kommentierte Herr Dorer vom Regierungspräsidium Baden-Württemberg. Immer wieder waren Mitglieder des Freiburger Gemeindrates vor Ort. Auch ein Mitarbeiter von European Homecare zeigte sich erfreut über das Zeichen.
Am Sonntag hatte die Polizei mitgeteilt, dass Frau Götz, die Eigentümerin des Geländes, direkt eine Anzeige wegen vermeintlichem Hausfriedensbruchs gestellt hat. Die Polizei nahm dann die Personalien einiger Menschen auf und forderte uns auf, das Gelände zu verlassen. Laut Polizei zeigt Frau Götz keinerlei Interesse mit uns in Kontakt zu treten. Nach längeren Verhandlungen willigte die Polizei ein, die Nummer des Pressehandys mit der Bitte um Kontaktaufnahme an sie weiterzugeben. Sie hat sich jedoch nie bei uns gemeldet. Unsere seit Samstag laufenden Bemühungen, von unserer Seite einen Kontakt zu Frau Götz herzustellen, liefen ins Leere oder wurden von der Götz & Moritz Geschäftsleitung abgewimmelt.
Die Brache auch weiter brachliegen zu lassen, scheint Frau Götz deutlich wichtiger zu sein, als sich tolerant gegenüber einem Zeichen der Solidarität mit Geflüchteten zu zeigen. Mit einem Bagger wurde das Gelände mit Unebenheiten (sog. „Maulwurfshügel“) versehen, um auch eine eventuelle zukünftige Nutzung unmöglich zu machen. Aktivist_innen, Geflüchtete und Anwohner_innen schauten vom gegenüberliegenden Gehweg aus fassungslos zu.
Wir fordern alle auf sich entschieden gegen die Kriminalisierung solidarischer Initiativen zu wehren.
Wir fordern explizit auch die Mitglieder des Gemeinderats auf, Stellung gegen die Kriminalisierung der Willkommensinitiative für Geflüchtet zu beziehen.
Wir fordern ein Bleiberecht für alle Menschen, die hier Zuflucht suchen, die selbstbestimmte Wahl des Wohnortes und einen Ausbau des sozialen Wohnungsbaus für alle Menschen, egal, welchen Pass sie in der Tasche haben!
Demo beginn 16 Uhr an der BEA!
Solidarität mit allen Geflüchteten – gegen die ausgrenzende Sonderbehandlung!An der Initiative sind unter anderen beteiligt:
Aktion Bleiberecht Freiburg
Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung
Initiative Schlüsselmensch
medinetz Freiburg
SAGA – Südbadisches Aktionsbündnis gegen Abschiebung
Anarchistische Gruppe Freiburg
Antifaschistische Initiative Freiburg
Autonome Demosanis Freiburg
Feministisches Zentrum Freiburg
FAU – Freie Arbeiter*innen Union Freiburg
Radio Bleiberecht
Recht auf Stadt-Netzwerk Freiburg
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Unbestimmter Zusammenhang
Diverse Einzelpersonen
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