Hamburg/Bremen. Tausende Nazi-GegnerInnen protestierten am Samstag, 12. September, in Hamburg und Bremen gegen geplante Aufmärsche rechter Organisationen. Am frühen Abend gab es nach einer antifaschistischen Spontandemonstration im Schanzenviertel heftige Auseinandersetzungen bei der Roten Flora. Bis in die Nacht brannten immer wieder Barrikaden. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein, es gab Verletzte. Ein älterer Passant ging zu Boden und schlug mit dem Kopf auf den Asphalt. Er musste in die Klinik. Nach unserer Beobachtung hatte ihn eine BFE-Einheit umgerannt.
Die Polizei zählte 14 000 GegendemonstrantInnen allein in Hamburg. Die „Hamburger Morgenpost“ berichtet von 20 000. Der Großteil versammelte sich auf dem Rathausmarkt, wo unter anderem „Imagine“ von John Lennon angestimmt wurde.
Hooligangruppen und rechte Parteien hatten zu einem bundesweiten „Tag der Patrioten“ aufgerufen. 3000 TeilnehmerInnen waren angekündigt, es kamen nicht einmal 100. Die rechte Mobilisierung floppte wie so oft in jüngerer Zeit – etwa in Hannover, Ludwigshafen oder Frankfurt. Dazu trug bei, dass die Polizei und zuletzt das Bundesverfassungsgericht die geplante Neonazi-Demonstration verboten hatten.
Das Verbot wurde mit befürchteten Ausschreitungen und einem Polizeinotstand begründet. Die Anmelder versuchten, in einem Rechtsstreit durch alle Instanzen ihren „Tag der Patrioten“ doch noch durchsetzen. Sie unterlagen jedoch. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte am späten Freitagabend das Verbot. Es begründete seine Entscheidung aber nicht mit der Gewaltbereitschaft rechter Hooligans und Neonazis, sondern damit, dass eine Konfrontation mit linken GegendemonstrantInnen zu befürchtenn sei und nicht genügend Einsatzkräfte zur Verfügung stünden, sie unter Kontrolle zu behalten.
Trotz des Verbots mobilisierten die Rechten weiter nach Norddeutschland und kündigten eine Spontanversammlung an. Zuletzt versuchten sie, nach Bremen auszuweichen. Mehr als 630 Organisationen, Vereine und linke Gruppen unterstützten die antifaschistische Mobilisierung. Sie riefen zu einer Vorabenddemo (siehe“ Mehr als 2000 NazigegnerInnen auf der Warm-up-Demo“) und teilweise zu direkten Aktionen und Blockaden auf.
Auseinandersetzungen auf dem Hamburger Bahnhof
Am frühen Samstagmorgen versammelten sich an mehreren Treffpunkten im Hamburger Stadtgebiet hunderte AntifaschistInnen, um gemeinsam zum Hauptbahnhof zu fahren. Dort machte die Meldung die Runde, dass der „Tag der Patrioten“ wohl in Bremen stattfinden werde. Der Großteil der anwesenden AntifaschistInnen stieg daraufhin in die Züge nach Bremen, wurde dabei aber teilweise von der Polizei behindert. Auch befanden sich rechte Kundgebungsteilnehmer in Zügen.
So kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen AntifaschistInnen, Polizei und Neonazis im Hamburger Hauptbahnhof. Bei ihr gingen mehrere Zugfenster kaputt und 34 Nazis wurden in Gewahrsam genommen. Ein Zug, in dem Hooligans und andere Rechtsextreme saßen, wurde nach Polizeiangaben mit Schottersteinen beworfen. Der Zugverkehr im Hamburger Hauptbahnhof wurde daraufhin für etwa zwei Stunden komplett eingestellt.
Polizeikessel nach Betretungsverbot der Innenstadt
Zwischen Hamburg und Bremen wurden mindestens zwei Regionalzüge von der Polizei gestoppt und teilweise wieder nach Hamburg zurück geleitet. Zwischenzeitlich wurde auch die rechte Kundgebung von der Polizei Bremen verboten. Alle anreisenden Kundgebungsteilnehmer erhielten ein Betretungsverbot für das Bremer Stadtgebiet. Das führte zu mehreren kleinen Polizeikesseln mit DemonstrantInnen.
Insgesamt waren etwa 40 Rechte nach Bremen gekommen. Sie wurden von der Polizei jedoch alle aus der Stadt geleitet. Am Ende demonstrierten etwa 70 Nazis kurze Zeit in Kirchweyhe. Im Anschluss wurden 40 von ihnen von der Polizei eingekesselt, kontrolliert und durchsucht.
Spontandemo von NazigegnerInnen durch Bremer Innenstadt
Gleichzeitig begannen die AntifaschistInnen, die es nach Bremen geschafft hatten, eine spontane Demonstration durch die Bremer Innenstadt. An ihr beteiligten sich über 1000 Menschen. Bei der Demonstration kam es immer wieder kleineren Rangeleien und Stopps – unter anderem, weil die Polizei DemonstrantInnen Vermummung vorwarf und weil ein Böller gezündet wurde.
Nach Angaben der Bremer Polizei gab es weder Verletzte noch Sachschäden, aber sieben Strafanzeigen wegen Verstößen gegen das Versammlungsverbot und Zündens von Pyrotechnik. Einsatzkräfte seien mit Knallkörpern beworfen worden. Die Bremer Polizei erhielt Unterstützung aus Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Brandenburg. Insgesamt seien am Wochenende auf norddeutschen Bahnhöfen allein 1000 Bundespolizisten eingesetzt gewesen.
Scharmützel und Ausschreitungen vor der Roten Flora
Am frühen Abend fand ihm Schanzenviertel eine antifaschistische Spontandemonstration statt. Nach ihrem Ende kam es zu teils heftigen Auseinandersetzungen rund um die Rote Flora. Die Polizei setzte massiv Wasserwerfer ein. Es folgten Stein- und Flaschenwürfe auf Polizisten. Es gab mehrere Verletzte.
Ein älterer Passant wurde nach unserer Beobachtung durch eine heranstürmende BFE-Einheit schwer verletzt, als er überrannt wurde und mit dem Kopf auf den Asphalt aufschlug. Er wurde vor Ort von DemosanitäterInnen und einem Notarzt versorgt und mit dem Rettungswagen in ein Krankenhaus gebracht. Polizei und Feuerwehr berichteten später von einem „Zuckerschock“.
Im weiteren Verlauf des Abends spielte sich vor der Roten Flora eine absurde Szenerie ab: Vermummte AktivistInnen bauten kleinere Barrikaden aus Mülleimern und Baumaterial und entzündeten sie, was zum Einsatz von Polizeieinheiten und Wasserwerfern führte. Nachdem diese wieder abzogen, begann das gleiche Spiel wieder von vorne.
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