Von Matthias Jakoby – Berlin. Der Berliner Ableger der Pegida-Bewegung zieht noch immer jede Woche gut hundert Menschen an. Dem Ruf der Rechtspopulisten folgen damit allerdings weniger Anhänger als zu Beginn der Demonstrationen kurz vor Weihnachten letzten Jahres. Am Montag, 28. September, versammelte sich „Bärgida“ am Berliner Hauptbahnhof zum 39. Mal zu einem „Abendspaziergang“. Die Antifa hatte ebenfalls eine Demo angemeldet. Zu ihr kamen – wie meistens – doppelt bis dreimal so viele Menschen. Sie startete in Moabit und zog am LAGeSo (Landesamt für Gesundheit und Soziales) vorbei zum Hauptbahnhof.
Die Antifa-Kundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz war in Seh- und Hörweite von „Bärgida“. Die Anhänger der Rechtspopulisten trafen sich vor dem Meininger-Hotel am westlichen Rand des Washingtonplatzes. Es waren grimmig drein blickende Biedermänner und -frauen ab 45 – unter ihnen auch Anhänger der AFD, der Parteien „Die Freiheit“ oder „pro Deutschland“ wie Heribert Eisenhardt, Karl Schmitt und Manfred Rouhs. Auch junge Menschen aus der rechten Hooligan- und Neonazi-Szene wie Sebastian Schmidtke von der NPD oder Robert S. sind regelmäßig mit von der Partie. Letzterer soll in der S-Bahn eine geflüchtete Frau und ihre Kinder belästigt und dabei angespuckt haben.
Redner verbreiten Untergangsphantasien
Die Teilnehmerinnen des „Bärgida-Spatiergangs“ präsentierten eine wirre Mischung von Fahnen. So wehte das schon von den Nazis verwendete Banner des Deutschen Reiches neben der Fahne des Staates Israel und der „Wirmer“-Flagge, die als Symbol für den Widerstand gegen den Nationalsozialismus steht.
Die Kundgebungsredner gaben die üblichen, auf einem rechtsextremen Weltbild aufbauenden Untergangsphantasien von Volk, Nation und Zersetzung der Gesellschaft zum besten. Sie fühlten sich offenbar von „Homosexualisierung“ bedroht und waren wegen der Rufe der GegendemonstrantInnen kaum zu verstehen.
„Bärgida“ wählt jedes Mal ein neues Ziel
Gelegentlich erklingt bei den „Bärgida“-Aufmärschen auch Musik. Neueste Top-Hits, im vielleicht wahrsten Sinne des Wortes, sind gecoverte linke Lieder und Hymnen. So wurden zum Beispiel die „Internationale“ oder auch der „Schundersong“ von den Ärzten mit für Rechte passenden Texten versehen und vorgetragen.
Im Anschluss an die Kundgebung folgt jede Woche eine Demonstration. Entweder ist das Brandenburger Tor das Ziel, oder es sind verschiedene Orte in der Stadt. Oft stehen sie in Verbindung mit tagespolitisch relevanten Ereignissen. Dazu werden die Demonstrationsteilnehmer auch von der Polizei in die S-Bahn geleitet, um von einer anderen Station aus den Startpunkt ihrer Route zu erreichen. So wurden in den vergangenen Woche die Zentralen von SPD, CDU und am Montag der Grünen als Zielort ausgewählt.
Mehrere Hundertschaften Polizei im Einsatz
Begleitet werden die Aufzüge immer von engagierten linken GegendemonstrantInnen, die häufig ganz nah an die „Bärgida“-Anhänger heran kommen und ihnen das Verbreiten ihrer Botschaften schwer machen. Ausschreitungen gab es bisher nicht, nur kleinere Scharmützel mit der Polizei. Sie ist jedes Mal mit mehreren Hundertschaften vertreten und scheut keine Mühen und Kosten, um den Aufmarsch der Rechten sicher durchzubringen. Meist gibt es auch einige wenige Festnahmen.
Ein Ende der regelmäßigen „Spaziergänge“ ist noch nicht abzusehen. Die Gegenkundgebung am Hauptbahnhof beginnt jeweils um 18 Uhr auf dem Washingtonplatz. Die Gegendemo startet um 18.30 Uhr in Moabit an der Turmstraße, Ecke Wilsnacker Straße.
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