Stuttgart. Religiöse Fundamentalisten, Rechtspopulisten und offene Faschisten wollen am Sonntag, 11. Oktober, bereits zum achten Mal in der Stuttgarter Innenstadt demonstrieren. Aufgerufen hat die AfD-Europaabgeordnete Beatrix von Storch. Als Aufhänger für die so genannte „Demo für Alle“ dient der neue baden-württembergische Bildungsplan. Nach ihm soll an den Schulen die Vielfalt menschlicher Lebensgemeinschaften abseits der klassischen Ehe thematisiert werden. Zwei breite Bündnisse stellen sich ihr entgegen: Ein eher antifaschistisch geprägtes beginnt seine Kundgebung um 12 Uhr auf dem Schloßplatz, das Bündnis „No Pegida Stuttgart“ unter dem Motto „Regenbogen für alle“ um 14 Uhr auf dem Stuttgarter Marktplatz.
Die „Demo für Alle“ will ein gesellschaftliches Rollback. Sie steht unter dem Motto: „Ehe bleibt Ehe! Stoppt die Gender-Agenda und Sexualisierung unserer Kinder“. Dabei wird die Ehe-Öffnung in einem Flugblatt abwertend als „Puff für alle“ bezeichnet. Die Demo wird auch von Teilen der Union unterstützt: Neben der „CSU-Basisbewegung für Werte und Freiheit“ und den baden-württembergischen „Christdemokraten für das Leben“ sind die Evangelischen Arbeitskreise der CDU-Kreisverbände Heilbronn, Karlsruhe-Land, Rems-Murr und Stuttgart – letzterer erstmals, obwohl der Stuttgarter CDU-Kreisverband vom dem schwulen Politiker Stefan Kaufmann geführt wird, der erst vor kurzem in einer altkatholischen Zeremonie seinen langjährigen Partner geheiratet hat.
Einfache Erklärungsmuster für tiefere gesellschaftliche Konflikte
Das baden-württembergische Kultusministerium hat die Einführung des neuen Bildungsplans nach einem Treffen von VetreterInnen evangelikaler Kreise mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) verschoben. Die rechten Demos gibt es trotzdem weiterhin. Die Allianz aus Rechten verschiedenster Spektren vereint offenbar mehr als der Wunsch, ein rückständiges Familienbild als gesellschaftliche Norm zu wahren.
„Mit rosa und blauen Luftballons als Zeichen propagieren die „Demo für Alle“-TeilnehmerInnen die traditionelle Ehe und Familie als Lösung gesellschaftlicher Probleme, die weit tiefer liegen“, heißt es im Aufruf des antifaschistischen Bündnisses: „Soziale Ungerechtigkeit und die immer größer werdenden gesellschaftlichen Konflikte in Krisenzeiten sind Themen, die mitnichten durch homophobe Phrasen und rechte Denkmuster gelöst werden.“
Dennoch hätten einfache Erklärungsmuster mit Hass auf Minderheiten vermischt Konjunktur: „Ist es im Osten der Republik die rassistische Hetze von Pegida und Co gegen Geflüchtete, so darf man im Ländle unter wohlwollender Zustimmung eines Bischofs und mehrerer CDU-Bundestagsabgeordneter Homosexualität wieder als Krankheit bezeichnen.“
Ziviler Ungehorsam und lautstarker Protest
Vereint durch „die Notwendigkeit des Protests und des Widerstands gegen die rechten Biedermänner und klerikalen Brandstifter“ will das Bündnis am Sonntag auf die Straße gehen. Ein Blick in andere Länder zeige, dass die parlamentarische Rechte an Auftrieb gewinne und Minderheiten diskriminiert würden, „wo geschwiegen wird, wenn Rechte und religiöse Fundamentalisten mit homophoben Parolen ohne nennenswerten Widerstand durch die Straßen ziehen“. Dagegen wolle man „kreativen Widerstand, zivilen Ungehorsam oder lautstarker Protest“ setzen und „gemeinsam den Rechten den Tag vermiesen“.
Die Unterstützerinnen des „Bündnis 11. Oktober“ (12 Uhr Schloßplatz):
Adelante!
Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart & Region (AABS)
Antifaschistische Aktion Esslingen
Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart
Antifaschistisches Bündnis Kreis Esslingen (ABKE)
Autonome Antifa [S]
CSD Freiburg
Die Humanisten Baden-Württemberg
Die Linke Kreisverband Stuttgart
Die PARTEI Stuttgart
DKP Baden-Württemberg
GAFFA (Band)
Giordano-Bruno-Stiftung Stuttgart/Mittlerer Neckar
Grüne Jugend Stuttgart
IGM Jugend Stuttgart
Initiative „Rems-Murr nazifrei!“
Jusos Stuttgart
Kulturschock Zelle
Offenes Antifaschistisches Bündnis (OAB) Kirchheim
Offenes Treffen gegen Faschismus & Rassismus Tübingen
Piratenpartei Stuttgart
Regenbogenreferat des AStA der Uni Freiburg
Revolutionäre Aktion Stuttgart
REVOLUTION Stuttgart
Rosa Oppossum
SJD – Die Falken Pforzheim
UNI von Unten (UvU)
Piratenpartei Stuttgart
Ver.di Bezirk Stuttgart
Ver.di Jugend Stuttgart
vielbunt e.V. – Queere Community Darmstadt
VVN-BdA Landesverband Baden-Württemberg
VVN-BdA Kreisverband Esslingen
VVN-BdA Kreisverband Stuttgart
Zusammen Kämpfen [Stuttgart]
Regenbogen für alle
Das Bündnis „Regenbogen für alle“ versteht seine Kundgebung auf dem Marktplatz als „überparteiliches, Initiativen-übergreifendes und offenes Forum für alle, die Gesicht zeigen wollen für ein weltoffenes Baden-Württemberg, für Akzeptanz und gleiche Rechte für lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle, transgender, intersexuelle und queere Menschen (LSBTTIQ)“.
Es lädt alle ein, „die ein Zeichen gegen Menschenfeindlichkeit setzen wollen, sich mit Bannern, Schildern und Regenbogen-Accessoires an der Kundgebung zu beteiligen“. Klares Ziel sei, „gemeinsam Flagge gegen rechte Hetze“ zu zeigen.
Bei der Kundgebung ab 14 Uhr auf dem Marktplatz hält die Stadträtin der Linken Laura Halding-Hoppenheit (Kings Club Stuttgart) ein Grußwort. Die weiteren RednerInnen: Holger Edmaier (Projekt 100% Mensch), Rosa Opossum, Alfonso Pantisano (ENOUGH is ENOUGH – OPEN YOUR MOUTH), Pfarrerin Monika Renninger (Leiterin des Evang. Bildungszentrums Hospitalhof Stuttgart) und Kim Schicklang (ktion Transsexualität und Menschenrecht). „100% Mensch“ und „Rosa Note – der schwule Chor“ machen Musik.
Die Unterstützerinnen von „No Pegida Stuttgart“ (14 Uhr Marktplatz):
NO PEGIDA Stuttgart
Linksjugend [’solid] Stuttgart
LAG queer DIE LINKE. Baden-Württemberg
Laura Halding-Hoppenheit
Brigitte Lösch, Landtagsvizepräsidentin
CSD Freiburg
IG CSD Stuttgart e.V.
Rosa Opossum
Vielbunt.
Hannes Rockenbauch
100% Mensch
ENOUGH is ENOUGH – OPEN YOUR MOUTH
Stuttgart Ökologisch Sozial
LSVD Baden-Württemberg e.V.
Initiative „Rems-Murr nazifrei!“
Christoph Ozasek
Reiner Hofmann
Kings Club
Allianz für Menschenrechte, Tier- und Naturschutz
Bewegung30.09.
Stuttgart bleibt BUNT
Cannabis Social Club Stuttgart
Jusos Stuttgart
Aktion Transsexualität und Menschenrecht e.V.
REVO Stuttgart
Grüne Jugend Stuttgart
Jürgen Klotz, Vorsitzender der SPD Korb und Fraktionssprecher der SPD im Gemeinderat
Sozialdemokraten – Korb im Remstal
Linksjugend [’solid] Baden-Württemberg Baden-Württemberg
ColognePride
Die Stadtisten
Merlin Kulturzentrum
Joachim Stein, Vorstand Weissenburg
Weissenburg e.V.
Sibel Yüksel, Stadträtin FDP
BAF e.V. – Bildungszentrum und Archiv zur Frauengeschichte Baden-Württembergs
Linksjugend ’solid Ostalb
Joe Bauer, Kolumnist
Grüne Stuttgart
Fetz – Frauenberatungs- und Therapiezentrum Stuttgart e.V.
Heike Hänsel, MdB DIE LINKE
LAG QueerGrün BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN Baden-Württemberg
Grüne Jugend Reutlingen
OFFIZIELLER FANCLUB des FC ST PAULI von 1910 e. V. – Kommando NECKARPIRATEN seit 2010
Tübingen, Reutlingen und drum rum
CSD Ulm.Neu-Ulm e.V.
Regenbogen-Referat des AStA der Uni Freiburg
JuLis Stuttgart
CSD Rhein-Neckar e.V.
Schwulst – Magazin für Schwule und Lesben in Stuttgart und Baden-Württemberg
Lovepop Stuttgart
Rosa Note e.V.
StuBi-Gruppe – Stuttgarter bisexuelle Frauen
DIE LINKE. Stuttgart
Hochschulgruppe „quer!“ Uni Stuttgart
ABSEITZ Stuttgart e.V.
SPD Stuttgart
Lederclub Stuttgart e.V.
Bei der letzten „Demo für alle“ im Juni konnte die „Initiative Familienschutz“ mit nach Polizeiangaben rund 4000 Teilnehmern ihre bislang mit Abstand größte Kundgebung organisieren (wir berichteten).
Siehe auch unsere früheren Beiträge:
Neuer Protest gegen Demo für alle
Blockade-Verfahren eingestellt
Grüne und SPD müssen der rechten Allianz entgegentreten
Folge uns!