Von Tape Lago – Waghäusel-Wiesental. Rund 400 BürgerInnen und AntifaschistInnen stellten sich am Samstag, 10. Oktober, 25 Neonazis und Hooligans der nationalistischen und rassistischen Gruppierung „Steh auf für Deutschland“ entgegen. Bemerkenswert, dass der Oberbürgermeister der Stadt Waghäusel, der SPD-Landtagsabgeordnete Walter Heiler, dabei war. Die Polizei war mit einem großen Aufgebot vor Ort und ermöglichte somit den kleinen Spaziergang der Neonazis und Hooligans um Matthias Bückle.
Die „Demonstrationstage“ der nationalistischen und rassistischen Gruppierung „Steh auf für Deutschland“ begannen am 26. September in Bruchsal. Sie sollten am 10. Oktober in Waghäusel-Wiesental fortgesetzt werden. Oberbürgermeister Walter Heiler (SPD), DIF (Dialog Integration Freundschaft) und Waghäusel Hilft riefen zur Gegendemonstration auf.
Gewaltbereite Teilnehmer bei Neonazis und Hooligans
Die Polizei sperrte bereits am Vormittag alle Straßen um den Marktplatz in Wiesental. Dort sollte die rechte Demonstration stattfinden. Die Beamten führten Kontrollen in der Innenstadt durch, um angeblich gewaltbereite Menschen von den Demonstrationen fernhalten zu können. So entdeckte sie nach eigenen Angaben eine Dose mit Pfefferspray bei einem Anhänger von „Steh auf für Deutschland“. Er erhielt einen Platzverweis und durfte an der rechten Demonstration nicht teilnehmen. Außerdem wurde er auf der Stelle wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz angezeigt. Warum der Anhänger von „Steh auf für Deutschland“ eine Dose Pfefferspray bei sich trug, blieb unklar.
Matthias Bückle, bekannter Neonazi und Hooligan, flirtete mit HoGeSa, Pegida, Berserker, „Widerstand Ost West“, „Widerstand Karlsruhe“ und anderen Neonazis-Gruppen. Nun versucht der Mann eigenständig zu werden und gründete mit einigen Leuten der rechten Szene „Steh auf für Deutschland“. Kurz vor Beginn der Kundgebung der 25 Neonazis und Hooligans traf die Antifa in der Lußhardtstraße in einer spontanen Demo ein. Die AntifaschistInnen wurden von BürgerInnen mit Applaus und Jubel empfangen.
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Hetze gegen Flüchtlinge bei Kundgebung
Die Kundgebung der Neonazis und Hooligans um Matthias Bückle startete um 14 Uhr mit einer Welle von Hetze gegen Flüchtlinge. Die Behauptungen hatten mit der Realität nichts zu tun. Ein Beispiel: Bückle erklärte, Deutschland sei Verlierer der Globalisierung. Er forderte die Bundesregierung auf, die Aufnahme von Flüchtlingen zu stoppen. „Die Bundesregierung hat Geld für Flüchtlinge und kein Geld für eigene Bürger“ fuhr er fort. Er bezeichnete wie bei Pegida-Demonstrationenen die Presse als „Lügenpresse“ und warf ihr vor, Propaganda zugunsten der Flüchtlinge zu betreiben.
Bückle forderte Angela Merkel zum Rücktritt auf und bezeichnete die Asylbewerber in Deutschland als „Sozialschmarotzer“. Diese menschenverachtende Äußerung wird womöglich von der Polizei geprüft. Sie wurde von einer Welle der Empörung begleitet. Die GegendemonstrantInnen benutzten Trillerpfeifen, Vuvuzelas und riefen stets „Nazis raus!“ „Haut ab!“. Nach ihrer hetzerischen und Inhaltleeren Kundgebung zogen die Neonazis und Hooligans von „Steh auf für Deutschland“ – ohne Außenwirkung – durch die Straßen und kamen wieder zurück ins „Nazigehege“.
Kein Platz für Rassismus in Waghäusel
„Es gibt keinen Platz für Rassismus in Waghäusel“: Das war die Antwort des Oberbürgermeisters Walter Heiler (SPD) auf die Hetze der Neonazis und Hooligans. „Es ist einfach wichtig, überall Flagge zu zeigen für unseren Rechtsstaat und die Demokratie. Wir wollten Rechtsradikale nicht alleine durch Waghäusels Straßen laufen lassen. Denn wir sind hier gegen Rechtsextremismus und Gewalt.“ Flüchtlinge seien in Waghäusel willkommen, versicherte der OB der badischen Stadt und forderte die BürgerInnen auf, sich gegen rechts zu stellen und Solidarität gegenüber Menschen in Not zu zeigen.
Ebru Baz-Karasu, Rednerin des DIF (Dialog Integrationsverein), rief zur mehr Menschlichkeit und mehr Solidarität auf und plädierte für eine Integration der Flüchtlinge. Sie rief die TeilnehmerInnen auch auf, die populistische Hetze von rassistischen und nationalistischen Gruppierungen wie „Steh auf für Deutschland“ zu stoppen. Saskia Heiler, Vorsitzende von Waghäusel Hilft, freute sich über die grenzenlose Solidarität der TeilnehmerInnen und BürgerInnen mit Geflüchteten und MigrantInnen.
Neonazis dürfen keinen Keil in die Gesellschaft treiben
„Anstatt Brücken zu bauen, aufeinander zuzugehen, Ängste abzubauen und sich gegenseitig kennen zu lernen, treibt „Steh auf für Deutschland“ einen Keil in unserer Gesellschaft. In den sozialen Medien – insbesondere über Facebook – werden rechte Parolen verbreitet, Ängste geschürt und ein Auseinanderdriften der Gesellschaft in Deutschland bewusst provoziert. Diesem Vorgehen müssen wir als Bürger Waghäusels entschieden entgegentreten“, forderte Heiler. Sie betonte: „Der Aufstand der Anständigen“ ist unsere Aufgabe – unsere Pflicht als Bürger, unsere Pflicht als Menschen.“
Der Sprecher des Offenen Antifaschistischen Treffen Karlsruhe (OAT KA), Redner für die Antifa bei der Gegendemo in Waghäusel, merkte an, dass die rechte Bedrohung in Deutschland wieder ein Stück realer geworden sei. „Dem gilt es etwas entgegen zu setzen. Nicht zuletzt die Aufarbeitung der Mordserie des NSU, dessen Selbstenttarnung die Unmengen an Verstrickungen zwischen organisierter rechter Szene und staatlichen Geheimdiensten zu erkennen gab, führt zu der Erkenntnis, dass wir uns hierbei nicht auf den Staat verlassen können, sondern selbst aktiv werden müssen“, erklärte er.
Polizei prüft Verdacht der Volksverhetzung
Er rief die DemonstrantInnen und BürgerInnen in Waghäusel auf: „Informiert euch über die aktuelle politische Situation und diskutiert diese mit euren Freunden, in euren Wohngemeinschaften, an der Schule, an der Uni oder mit den KollegInnen im Betrieb. Organisiert euch mit Gleichgesinnten und werdet aktiv! Beteiligt euch an Protesten und anderen Aktionen gegen die rechten Aufmärsche sowie gegen den NPD-Bundesparteitag am 21. und 22. November in Weinheim.“
Am Ende seiner Rede plädierte er für eine tolerante Gesellschaft und mehr Solidarität mit den Geflüchteten. Beide Demonstrationen verliefen weitgehend friedlich. Kurz vor dem Ende der Veranstaltungen teilte uns der Pressesprecher der Polizei mit, dass die Redebeiträge der Neonazis und Hooligans auf mögliche Volksverhetzung geprüft werden. Während die Polizei mit Matthias Bückle und seinen Anhängern im Gespräch war, zogen einige AntifaschistInnen in einer spontanen Demonstration zum Bahnhof.
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